
© dpa/Jörg Carstensen
„Aus gesundheitlichen und organisatorischen Gründen“: Dyke*March für lesbische Sichtbarkeit in Berlin abgesagt
Das Orga-Team des Berliner Dyke*March will die Demo für lesbische Sichtbarkeit in diesem Jahr nicht durchführen. Hintergrund dürften massive Zerwürfnisse rund um den Gazakrieg sein.
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Der Dyke*March für lesbische Sichtbarkeit findet seit mehr als zehn Jahren traditionell am Tag vor dem großen Christopher Street Day in Berlin statt. In diesem Jahr scheint er jedoch auszufallen. Das bisherige Orga-Team teilte am Mittwoch via Instagram mit, dass es die Demonstration aus „gesundheitlichen und organisatorischen Gründen“ nicht durchführen werde.
Eine Begründung wird nicht genannt. Auch auf telefonische Nachfrage will sich das Team nicht weiter zu der Absage äußern. Der nur wenige Zeilen umfassende Instagram-Post in deutscher und englischer Sprache endet mit dem Satz „See you next year!“ Aufgelöst hat sich das zuletzt vierköpfige Orga-Kollektiv also offenbar nicht.
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Die Absage dürfte auch in Zusammenhang mit den massiven Zerwürfnissen stehen, die es im vergangenen Jahr rund um den Nahostkonflikt gegeben hatte. Auslöser dafür war ein pro-palästinensischer Post auf dem Dyke*March-Instagram-Account. Anschließend war es auf der Soliparty in der Möbel Olfe zu Anfeindungen einer Gruppe gekommen, die dort einen Tisch zum Safe Space für jüdische und israelische Menschen erklärt hatte. Der Barabend war schließlich abgebrochen worden.
Der Dyke*March selbst startete dann in Neukölln mit erhöhter Polizeipräsenz und einem lautstarken Pro-Palästina-Block. Auch eine Gruppe, in der Regenbogenfahnen mit dem Davidstern getragen wurden, beteiligte sich an der Demo unter dem Motto „Love Dykes* – Fight Fascism“. In deren Mittelteil spielte der Krieg in Gaza keine Rolle, dort ging es etwa um die Rechte queerer Familien oder die Sichtbarkeit von trans Frauen.
Zeitgleich hatte in Schöneberg eine Gegendemonstration unter dem Slogan „Solidarität mit jüdischen Lesben“ stattgefunden, die von der Gruppe „Lesben gegen Rechts“ ins Leben gerufen worden war.
Diese Gruppe hat vergangene Woche eine Petition mit dem Titel „1000 Unterschriften für einen Dyke*March, bei dem es um Lesben geht“, gestartet. In ihrem Statement fordert die Gruppe das Team des Dyke*March unter anderem dazu auf, einen Rahmen zu schaffen, in dem, „kein Platz für antisemitische, frauenfeindliche, rassistische Propaganda ist“ und man „ohne Angst verschieden sein“ könne.
Der Post erhielt mehr als 150 Likes, unterschrieben wurde die Petition bis Mittwochnachmittag von 337 Personen. Da diese jetzt ihre Adressatin verloren hat, stellt sich die Frage, ob die „Lesben gegen Rechts“ nun gleich selber einen Dyke*March organisieren – die Bezeichnung ist nicht geschützt – oder einfach wieder ihre eigene Demo organisieren. Für Nachfragen dazu war die Gruppe zunächst nicht erreichbar.
Gespaltene Szene
Der Dyke*March in Berlin geht zurück auf eine Idee von Journalistin und Verlegerin Manuela Kay, die ihn 2013 zum zehnjährigen Jubiläum des Magazins „L-mag“ als jährliche Demo ins Leben rief. Bei der ersten Ausgabe im Juni 2013 kamen auf Anhieb mehr als 1500 Teilnehmende, die von Friedrichshain nach Kreuzberg liefen. Die Zahlen wuchsen kontinuierlich an, im vergangenen Jahr waren etwa 9000 Menschen dabei. Unterwegs kam es zu einigen Festnahmen, auch die Abschlusskundgebung auf dem Oranienplatz war von einer aufgeheizten Stimmung geprägt gewesen.
Da der Krieg im mittlerweile fast völlig verwüsteten Gazastreifen andauert und sich weiterhin Geiseln in der Gewalt der Hamas befinden, wäre ein erneuter Konflikt rund um dieses Thema beim Dyke*March sehr wahrscheinlich gewesen. Dass sich das Orga-Team damit überfordert sieht, ebenfalls.
Wie gespalten die queere Szene in der Sache ist, zeigt sich auch an zwei angekündigten Demonstrationen: Am kommenden Samstag zieht der pro-israelische East Pride mit dem Motto „Homos, Juden, Frauen“ von Friedrichshain nach Treptow. Der pro-palästinensische und BDS-nahe Internationalist Queer Pride Berlin will am 26. Juli, dem Tag der großen CSD-Parade, wieder durch Kreuzberg laufen.
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