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Handschlag mit Ägyptens Staatschef - in seinem Gespräch mit Abdel Fattah al-Sisi ging es Kanzler Olaf Scholz vor allem darum, einen „Flächenbrand“ in der Region zu verhindern.

© dpa/Michael Kappeler

Als Krisendiplomat in Nahost: Der Kanzler sieht trotz allem kleine Fortschritte

Der Angriff auf ein Krankenhaus im Gazastreifen macht das Bemühen um eine Deeskalation schwieriger. Der Bundeskanzler gab sich am Mittwoch in Ägypten dennoch optimistisch.

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Als die Kanzlermaschine um 20 Minuten nach Mitternacht in Kairo gelandet ist, war sein erklärtes Ziel, „einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern“, noch schwieriger geworden. Schon kurz vor dem Start in Tel Aviv hatte Olaf Scholz (SPD) in einen Schutzraum gebracht werden müssen, weil Luftalarm ausgelöst wurde.

Die ohnehin brenzlige Lage hatte sich während seines Fluges aber noch weiter aufgeheizt, weil weltweit Palästinenser teils gewaltsam gegen einen vermeintlichen israelischen Raketenangriff auf ein Krankenhaus in Gaza zu demonstrieren begannen.

„Wir trauern um diejenigen, die aus dem Leben gerissen wurden“, sagte der Bundeskanzler nach seinem Gespräch mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al Sisi. Scholz hat bisher keinen Grund, die Version der israelischen Armee anzuzweifeln, die als Ursache der Explosion eine aus dem Gazastreifen abgeschossene Rakete sieht. Gleichwohl forderte der Kanzler eine Untersuchung: „Es ist wichtig, dass dieser Vorfall sehr genau aufgeklärt wird.“

„Es empört mich persönlich“

Er hofft, dass sie zur Deeskalation beitragen kann – in der Region, aber auch daheim in Berlin, wo in der Nacht in Neukölln Barrikaden brannten, die Polizei das Holocaust-Mahnmal schützen musste und jüdische Einrichtungen angegriffen wurden.

Hier will Scholz jene Härte zeigen, die er vergangene Woche schon im Bundestag ankündigte „Es empört mich persönlich, was einige da rufen und tun“, so Scholz in Kairo: „Da müssen die Versammlungsbehörden und die Polizei das Ihre zum Schutz der jüdischen Einrichtungen tun – das werden wir auch machen und alles verstärken.“

Es hat sich etwas bewegt in den letzten Tagen.

Bundeskanzler Olaf Scholz geht davon aus, dass die Bevölkerung von Gaza bald humanitär versorgt wird.

Trotz aller beunruhigenden Entwicklungen sieht der deutsche Regierungschef nach seinen Gesprächen im Nahen Osten auch ermutigende Signale. „Es hat sich etwas bewegt in den letzten Tagen“, sagt er etwa mit Blick auf Ägyptens Bereitschaft, rund 150 Lastwagen mit Hilfsgütern für die palästinensische Zivilbevölkerung über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen zu lassen: „Es könnte jetzt vorangehen.“

Grünes Licht aus Israel für Hilfslieferungen

Seine Bemühungen, abgestimmt auch mit den Amerikanern, speziell US-Präsident Joe Biden, der am Mittwoch in Israel eintraf, hätten „sicherlich dazu beigetragen, dass das jetzt hoffentlich bald bevorsteht“. Die Vereinten Nationen hätten ihm versichert, sie könnten „diese Hilfe gewährleisten, ohne dass die Hilfe in falsche Hände gerät“. Am späten Nachmittag gab Israel seinerseits grünes Licht für Hilfslieferungen.

Keine Grenzöffnung für Flüchtlinge

Vor der Hamas und Israels Krieg gegen die Terrororganisation ins Nachbarland zu fliehen – diese Option sieht der Kanzler nicht. Er machte sich nach dem Gespräch mit al Sisi keine Illusionen darüber, dass Ägypten seine Grenze für palästinensische Flüchtlinge öffnen könnte. Man werde ihnen „in Gaza“ helfen müssen.

Jenseits der rund 200 von der Hamas aus Israel verschleppten Geiseln, für deren Freilassung Scholz auch den Vermittler al Sisi ins Boot holen wollte, wird nach Angaben des Kanzlers nur für zwei weitere Gruppen hinter den Kulissen daran gearbeitet, dass sie Gaza verlassen können: Doppelstaatler und ausreisewillige Mitarbeiter von Hilfsorganisationen.

Von Entwarnung in Nahost kann auch nach der Scholz-Reise keine Rede sein – im Gegenteil. Ein wenig Hoffnung macht dem Kanzler, „dass der ägyptische Präsident, der jordanische König, aber auch viele andere in der Region es für sich wichtig finden, zu helfen, dass es zu keiner Eskalation kommt“ und seine Warnung an den Iran und die mit ihm verbundene Terrororganisation Hisbollah im Libanon „von vielen geteilt wird“.

Es sei wichtig, im Gespräch zu bleiben, so Scholz weiter, „dass nicht alle aufhören, sich darum zu bemühen, weil sie denken, es könnte vielleicht sowieso nicht helfen“.

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