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Szenen der Zerstörung in Teheran.

© IMAGO/Anadolu Agency/IMAGO/Fatemeh Bahrami

Update

Teheran spricht von „Kriegserklärung“: Israel fliegt erneut Angriffe – gesamte Führung der iranischen Luftwaffe getötet

Militärführer getötet, Atomanlagen beschädigt: Die israelischen Angriffe in der Nacht zu Freitag haben den Iran schwer getroffen. Auf den iranischen Gegenangriff folgt nun eine weitere israelische Welle.

Stand:

Israel hat Medienberichten zufolge am Freitagmittag eine neue Welle von Angriffen auf den Iran ausgeführt. Explosionen ereigneten sich unter anderem in den Millionenstädten Tabris, Schiras und bei der Atomanlage Natans, wie iranische Medien berichteten.

Dabei sei unter anderem die komplette Führungsebene der iranischen Luftstreitkräfte getötet worden, gab Israel bekannt. Darunter auch der Brigadegeneral Amir Ali Hadschisadeh. Er galt als Architekt des iranischen Raketenprogramms in den vergangenen Jahren und überwachte auch die jüngsten Angriffe auf Israel.

Die wichtigsten Ereignisse bisher:

  • In der Nacht hatte Israels Militär mit gezielten Angriffen die iranischen Atomanlagen schwer beschädigt und führende Militärvertreter getötet. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einem „sehr erfolgreichen Eröffnungsschlag“.
  • Bei den Angriffen seien ranghohe Repräsentanten des iranischen Kommandos sowie Wissenschaftler getroffen worden, die an der Entwicklung von Nuklearwaffen arbeiteten, sagte Netanjahu in einem Video. Zudem seien Atomanlagen getroffen worden. Die Führung in Teheran wertete den Angriff Israels als „Kriegserklärung“.
  • Allein in der Provinz Teheran sind nach Medienberichten mindestens 78 Menschen getötet worden. 329 Menschen seien verletzt worden, berichteten iranische Medien übereinstimmend.
  • Der Iran habe mit seinem Nuklearprogramm vor einem entscheidenden Schritt gestanden, erklärte das israelische Militär. Neue Geheimdienstinformationen hätten gezeigt, dass das Land bei der Entwicklung einer Atombombe kurz vor einem „point of no return“ gestanden habe. Belege lieferte das Militär nicht. 
  • Der Iran startete wenige Stunden nach den israelischen Angriffen einen Gegenangriff. Nach Angaben der israelischen Armee wurden mehr als 100 Drohnen auf israelisches Staatsgebiet abgefeuert. Israels Militär fing die Drohnen nach eigenen Angaben außerhalb des israelischen Territoriums ab, einem Bericht des israelischen Senders KAN zufolge über Syrien.
Die israelischen Luftangriffe trafen auch die iranische Hauptstadt Teheran.

© dpa/Vahid Salemi

Hier die Entwicklungen im Detail:

Iranische Atomanlagen getroffen

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte, dass eine der wichtigsten iranischen Atomanlagen zum Ziel des israelischen Angriffs geworden ist. Die Uran-Anreicherungsanlage in Natans sei „unter den Zielen“, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi auf der Plattform X mit. Die Situation sei „äußerst besorgniserregend“, schrieb Grossi.

Grossi informierte den israelischen Präsidenten Izchak Herzog über „schwere Schäden“ an der Atomanlage Natans, die teils unterirdisch ist. Seine Behörde stehe im Kontakt mit iranischen Behörden, um die aktuellen Strahlungswerte abzuklären. Bislang wurden allerdings keine erhöhten Werte gemessen.

Es seien essenziell wichtige Anlagen im unterirdischen Teil der Anlage zerstört worden, „die für den fortlaufenden Betrieb und das weitere Vorantreiben des Nuklearprojekts des iranischen Regimes unerlässlich sind“, hieß es in der Mitteilung der israelischen Armee. Eine enge Zusammenarbeit des israelischen Militärgeheimdienstes und der Luftwaffe hätten zu „erheblichen Schäden“ an der Anlage geführt. 

Grundlage für die Angriffe der israelischen Kampfjets auf Natans seien „präzise Geheimdienstinformationen“ gewesen. „Es handelt sich um die größte Urananreicherungsanlage Irans, die seit Jahren auf die Herstellung von Atomwaffen hinarbeitet und über die notwendige Infrastruktur zur militärischen Anreicherung verfügt.“

Nach iranischen Angaben wurde auch der Standort des Schwerwasserreaktors Arak angegriffen sowie der Nuklearkomplex Partschin. Informationen zu konkreten Schäden dort gab es zunächst nicht.


Israel tötet hochrangige Militärs und Wissenschaftler

Bei dem Großangriff tötete Israel unter anderem den Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami, und den iranischen Armeechef Mohammed Bagheri. Insgesamt sollen bisher 20 hochrangige Militärs ausgeschaltet worden sein, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Generalmajor Salami sei bei einer Attacke auf das Hauptquartier des Oberkommandos der Revolutionsgarden getötet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim, die als Sprachrohr der iranischen Elitestreitmacht gilt. Salami galt bis zuletzt als einer der mächtigsten Männer in der Islamischen Republik. Generalmajor Bagheri sei am Freitag „als Märtyrer gestorben“, berichtete das iranische Staatsfernsehen.

Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht und weitaus mächtiger als die regulären Streitkräfte. In den vergangenen Jahrzehnten wurden sie nicht nur militärisch hochgerüstet, sie haben auch ihren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einfluss ausgebaut und halten unter anderem Beteiligungen an Hotelketten und Fluggesellschaften.

Allein in der Provinz Teheran sind bei dem Angriff mindestens 78 Menschen getötet und 329 Menschen verletzt worden, berichteten iranische Medien. Hochrangige Offiziere wurden auch in dicht besiedelten Vierteln der Millionenmetropole bei nächtlichen Attacken getroffen.


Wussten die USA über Israels Angriffe Bescheid?

Die USA sind Regierungsangaben zufolge nicht an dem Angriff beteiligt. Die oberste Priorität der USA sei der Schutz der eigenen Truppen und Einrichtungen in der Region, erklärte Außenminister Marco Rubio in einer vom Weißen Haus verbreiteten Pressemitteilung. An Teheran gerichtet betonte er: „Lassen Sie mich deutlich sein: Der Iran sollte US-Einrichtungen oder US-Personal nicht angreifen.“

US-Präsident Donald Trump erklärte, er sei vorab über den israelischen Angriff informiert worden. Er hofft laut einem Bericht des Senders Fox News trotz des israelischen Angriffs auf den Iran auf eine Rückkehr zu Verhandlungen. „Der Iran darf keine Atombombe haben, und wir hoffen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir werden sehen“, sagte Trump demnach in einem Telefoninterview. Im Falle iranischer Vergeltungsschläge seien die USA jedoch bereit, sich und Israel zu verteidigen.

Trump hatte nach eigenen Angaben dem Iran vor zwei Monaten ein 60-Tage-Ultimatum für einen Atomdeal gesetzt. „Sie hätten es tun sollen! Heute ist Tag 61“, schrieb er am Freitag auf seiner Online-Plattform Truth Social. „Ich habe ihnen gesagt, was zu tun ist, aber sie konnten es einfach nicht umsetzen.“ Er nannte die israelischen Angriffe „exzellent“. Es werde hier noch „mehr kommen, sehr viel mehr“, sagt er im Interview mit dem US-Sender ABC.


Wie reagiert der Iran auf die Angriffe Israels?

Der Iran schloss nach den Angriffen den Luftraum und kündigte Vergeltung an. Die Landesbewohner seien angewiesen, nicht zu den Flughäfen zu fahren und sich selbstständig in den Medien über weitere Entwicklungen zu informieren. Bereits zuvor war der Betrieb am Hauptstadtflughafen in Teheran eingestellt worden.

Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei drohte Israel als Reaktion auf den nächtlichen Großangriff mit Vergeltung. Israel müsse mit „einer harten Bestrafung“ rechnen, wurde der Religionsführer in einer Mitteilung seines Büros zitiert. Chamenei bestätigte auch den Tod mehrerer Kommandeure und Wissenschaftler, die zu „Märtyrern“ geworden seien. Chamenei ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat in allen strategischen Belangen das letzte Wort.

Auch die iranischen Revolutionsgarden drohten Israel nach der Tötung ihres Oberbefehlshabers mit Konsequenzen. Israel werde einen hohen Preis dafür zahlen, heißt es in einer Erklärung der Garden. Der israelische Angriff sei mit vollem Wissen und Unterstützung der „niederträchtigen Herrscher im Weißen Haus und des terroristischen US-Regimes“ erfolgt. Die erklärten Feinde Irans sollten mit einer entschlossenen Vergeltung rechnen.


Erwartet Israel jetzt Gegenangriffe des Irans?

Israels Ministerpräsident Netanjahu rief die israelische Bevölkerung zu Disziplin auf. Es sei möglich, dass die Israelis bei möglichen iranischen Gegenangriffen sehr lange in Schutzräumen ausharren müssten, „viel länger als wir es bisher gewohnt waren“. Er riet den Menschen, sich mit Proviant zu versorgen und Geduld zu zeigen. 

Israels Armeechef stellte seine Bevölkerung ebenfalls auf mögliche iranische Vergeltungsangriffe ein. Er könne „keinen absoluten Erfolg versprechen“, sagte Samir im israelischen Fernsehen. „Das iranische Regime wird versuchen, uns anzugreifen, und der zu erwartende Tribut wird sich von dem unterscheiden, was wir gewohnt sind.“ Die Angriffe auf den Iran nannte der Armeechef eine „historische Kampagne, wie es sie noch nie gab“. 

Auch Israel schloss nach den Angriffen den eigenen Luftraum. „Der Luftraum ist bis auf Weiteres für Starts und Landungen gesperrt“, erklärte das israelische Verkehrsministerium am Freitagmorgen. Die Flughafenbehörden riefen Reisende auf, den internationalen Flughafen Ben Gurion nahe Tel Aviv zu meiden. Die israelische Fluggesellschaft El Al stornierte aus Sorge vor iranischen Gegenangriffen ihre für heute und morgen aus und nach Israel geplanten Flüge komplett.


Wie ist die Stimmung in der israelischen Bevölkerung?

Das öffentliche Leben in Israel kam weitgehend zum Stillstand. Schulen, Geschäfte und Büros müssen auf Anordnung des israelischen Heimatschutzes vorerst geschlossen bleiben, wie die Zeitung „Haaretz“ berichtete. Nur Supermärkte dürfen demnach öffnen, um Lebensnotwendiges zu verkaufen. Da mit einem Gegenschlag des Irans gerechnet wird, rief der israelische Rettungsdienst die Bevölkerung zu Blutspenden auf.

Einkaufszentren bleiben ebenso geschlossen wie Veranstaltungszentren, Kultureinrichtungen und religiöse Stätten. Auch die für dieses Wochenende geplante Christopher-Street-Day-Parade der LGBTQ-Community in Tel Aviv – die größte im gesamten Nahen Osten – wurde abgesagt.

Die Bevölkerung in Israel wurde laut „Haaretz“ vom Heimatschutz zwischenzeitlich aufgerufen, in der Nähe von Bunkern zu bleiben oder in öffentlichen Gebäuden wie Schulen Schutz zu suchen. Wo kein Schutzraum vorhanden sei, werde empfohlen, sich in Treppenhäusern oder Räumen ohne Außenwände aufzuhalten. Am späten Freitagmorgen hob Israel die Anweisung für seine Bürger auf.

Die Angriffe im Iran sollen nach Äußerungen eines ranghohen israelischen Militärvertreters auch in den kommenden Tagen weitergehen. „Wir verfügen über einen langfristigen, breit angelegten Angriffsplan für die kommenden Tage – vor uns liegen schwierige Zeiten“, sagte der Militär nach Angaben des regierungsnahen israelischen TV-Senders C14. 

„Die Iraner werden reagieren. Wenn die Bevölkerung (in Israel) diszipliniert bleibt, wird es nur wenige Verletzte geben“, sagte er demnach weiter. Anderenfalls seien viele Opfer zu befürchten. „Wir befinden uns im Krieg.“


Wie begründet Israel die jüngsten Angriffe?

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog begründete den Großangriff im Iran mit einer existenziellen Bedrohung des jüdischen Volkes. Israel habe in der Nacht „eine gezielte Operation gestartet, um eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung für unser Volk zu neutralisieren“, sagte Herzog nach Angaben seines Büros. 

„Die internationale Gemeinschaft hat in den letzten Jahrzehnten gesehen, wie das iranische Regime – an der Spitze eines globalen Terrorimperiums – die Region zunehmend radikalisiert und destabilisiert hat“, sagte Herzog weiter. Gleichzeitig arbeite Teheran „unermüdlich daran, seine militärischen Nuklearfähigkeiten auszubauen und sein Arsenal an ballistischen Raketen zu erweitern“. 

„Die iranischen Anführer haben ihre Absicht, den Staat Israel zu vernichten, offen und wiederholt zum Ausdruck gebracht“, sagte Herzog. „Seit Jahren bereitet sich das Regime darauf vor, diese Vision in die Realität umzusetzen.“ Israel habe daher „das grundlegende Recht und die feierliche Pflicht, sich selbst zu verteidigen“. Man werde dies mit Entschlossenheit tun. Herzog drückte gleichzeitig die Hoffnung aus, dass dies die Region in eine friedlichere Richtung lenken werde.

Verteidigungsminister Israel Katz sagte, Israel befinde sich im Konflikt mit seinem Erzfeind Iran an einem „kritischen Punkt“. „Dies ist ein entscheidender Moment in der Geschichte des Staates Israel und in der Geschichte des jüdischen Volkes“, erklärte Katz in einer Stellungnahme. Der Iran sei „mehr denn je entschlossen, seine Vision der Zerstörung Israels zu verwirklichen“. Wenn Israel den „kritischen Punkt“ verpasse, „werden wir keine Möglichkeit haben, den Iran daran zu hindern, sich Atomwaffen zu beschaffen, die unsere eigene Existenz gefährden würden“, sagte er.

Wir befinden uns an einem Punkt ohne Wiederkehr.

Ejal Zamir, israelischer Militärchef

Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir erklärte. „Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist – wir befinden uns an einem Punkt ohne Wiederkehr. Wir können es uns nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten, wir haben keine andere Wahl.“ Zamir sagte weiter: „Wir müssen für unser Existenzrecht kämpfen – Freiheit wird denen zuteil, die bereit sind, für sie zu kämpfen.“ Der Iran hatte Israel immer wieder mit Vernichtung gedroht, der jüdische Staat sieht sich durch das iranische Atomprogramm in seiner Existenz bedroht. 

Der israelische Militärchef sprach gleichzeitig eine Warnung aus: „Jeder, der versucht, uns herauszufordern, wird einen hohen Preis zahlen.“ Man gehe gemeinsam mit einem Ziel in diese Operation, nämlich „eine sichere Zukunft für den Staat Israel und seine Bürger zu gewährleisten“. Zamir äußerte sich zuversichtlich: „In geeinter Anstrengung und mit festem Glauben werden wir siegen.“


USA hatten am Sonntag mit Iran verhandeln wollen

Am Mittwoch war bekanntgeworden, dass die USA aufgrund der angespannten Lage im Nahen Osten ihr Botschaftspersonal im Irak reduzieren. Zudem sollen Medienberichten zufolge teils auch Familienangehörige von in der Region stationierten Soldaten evakuiert worden sein.

Die Stützpunkte des US-Militärs am Persischen Golf, etwa in Bahrain und Katar, sind Luftlinie nicht sehr weit vom Iran entfernt und könnten im Falle einer Eskalation zu Zielen werden. In seinem Nachbarland Irak wiederum übt der Iran großen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen.

Trump hatte im Streit um Irans umstrittenes Atomprogramm zuletzt auf Verhandlungen mit Teheran gesetzt. Am Sonntag sollte es Berichten zufolge erneut Gespräche geben – doch das war der Stand vor dem israelischen Angriff.

Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche hatte Trump dem Iran auch wiederholt mit Militärschlägen gedroht. Experten waren davon ausgegangen, dass das israelische Militär die Verhandlungen der Amerikaner am Wochenende noch abwarten würde – dazu ist es nun nicht gekommen. (Tsp, AFP, dpa, Reuters)

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