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Künftiges US-Kabinett: „Trump wird dieses Mal Loyalität viel mehr schätzen“
Nach seinem Wahlsieg will Donald Trump schnell loslegen. Für Europa und Deutschland wird besonders spannend, wie der Republikaner die wichtigsten außenpolitischen Schlüsselpositionen besetzt.
Stand:
Es gilt als eines der größten politischen Comebacks. Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück, als erster früherer US-Präsident seit 132 Jahren – 1888 hatte Grover Cleveland das Weiße Haus an den Republikaner Benjamin Harrison verloren, gewann dann aber 1892 wieder und wurde der 24. Präsident.
Trump kann sich im kommenden Jahr mindestens auf den Senat stützen, und vieles spricht dafür, dass er auch das Repräsentantenhaus auf seiner Seite haben wird. Hier wird noch ausgezählt.
Nach dem überraschend klaren Sieg in dieser Woche macht der Republikaner nun Tempo. Schnell sollen sein Kabinett gefüllt und andere wichtige Positionen besetzt werden. Dazu soll die „lame duck“-Phase genutzt werden, wenn offiziell noch Joe Biden regiert. Trumps Übergangsteam für diese 75 Tage bis zur Amtseinführung am 20. Januar 2025 wird von Linda McMahon und Howard Lutnick geleitet.
Die wichtigste Personalie für die Besetzung der Top-Jobs ist die des Stabschefs im Weißen Haus. 2016 brauchte Trump nach seinem Wahlsieg nur eine Woche, um den damaligen Vorsitzenden der Parteiorganisation RNC (Republican National Committee), Reince Priebus, zu benennen.

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Noch schneller ging es dieses Mal. Am Donnerstag verkündete Trump, dass er sich für Susie Wiles als „chief of staff“ entschieden habe – Wiles wird damit die erste Frau auf dieser Schlüsselposition. Die 67-Jährige hat entscheidend dabei geholfen, Trumps Wiederwahl-Kampagne zu einem Erfolg zu machen.
Für Deutschland und Europa spannend wird vor allem Trumps außenpolitisches Team sein sowie die Frage, wie dieses die internationale Politik beeinflussen wird, insbesondere in Bezug auf die Ukraine, die Nato und den Nahen Osten.
Außenpolitik
Eine zentrale Rolle kommt hier dem Außenminister zu. Als einer der Favoriten wird Bill Hagerty gehandelt, der seit 2021 Tennessee im US-Senat vertritt. „Ich halte den früheren US-Botschafter in Japan für eine plausible Wahl“, sagt der Politikberater Ian Bremmer.

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Hagerty ist Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Beziehungen des Senats und gilt als „China hawk“, als hart gegenüber China. Anfang des Jahres stimmte er gegen ein Gesetzespaket, das mehr Mittel für die Ukraine vorsah.
Seine Begründung damals war, dass darin keine zusätzlichen Mittel für die Sicherung der Grenze zwischen den USA und Mexiko enthalten seien – ganz im Sinne von Trump, der dieses Thema groß im Wahlkampf spielen wollte. Was für Hagerty spricht: Er unterhält gute Beziehungen zu eigentlich allen Flügeln der Republikanischen Partei, seine Bestätigung im Senat wäre wohl kein Problem.
Auch Richard („Ric“) Grenell, Trumps umstrittener ehemaliger Botschafter in Berlin und danach kurzzeitig amtierender Leiter des Nationalen Sicherheitsrats, sei sehr an dem Posten des Chefdiplomaten interessiert, sagt Bremmer. Grenell hat sich als einer der wichtigsten außenpolitischen Berater Trumps etabliert.
So nahm er beispielsweise im September an dessen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Trump Tower in New York teil. Offiziell arbeitet er derzeit als Berater der Protecting America Initiative, einer gemeinnützigen Organisation, die sich gegen den Einfluss der chinesischen Regierung engagiert.
Allerdings gibt es auch Zweifel daran, dass Trump Grenell auf diesen Posten setzen könnte. Ein Insider, der über gute Kontakte zum Kongress verfügt, glaubt, für den Ex-Botschafter sei eher die Rolle des stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaters vorgesehen. Von anderer Seite war zu hören, er könnte eventuell den Auslandsgeheimdienst NSA leiten.
Ian Bremmer sagt: „Grenell hat eine Chance“ auf das Außenamt. Trump habe noch keine Entscheidungen getroffen und sei in dieser Frage unberechenbar.
So habe ihm sein Team in der ersten Amtszeit davon abgeraten, Rex Tillerson zum Außenminister zu machen, da dieser nicht zu seiner Politik passe. Doch dann habe Trump, der den CEO von ExxonMobil davor noch nie getroffen hatte, gesagt: „Schaut ihn euch doch an: Er sieht aus wie ein Außenminister.“
Es werde ganz sicher überraschende Ernennungen von Leuten geben, die bisher nicht zum Trump-Team gehörten, so Bremmer. Wichtig sei vor allem: „Trump wird dieses Mal Loyalität viel mehr schätzen.“
Sein vierter und damals letzter Nationaler Sicherheitsberater Robert O’Brien wird ebenso als potenzieller nächster Secretary of State gehandelt. Es heißt, Trump tausche sich regelmäßig mit ihm über Themen der nationalen Sicherheit aus.

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Der ehemalige Chef des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) pflegt seine Kontakte zu diversen Staatschefs. So traf er im Mai den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Israel. Und er hat sich für weitere Ukraine-Hilfen ausgesprochen, was ihm in Brüssel und Kiew helfen würde.
„O’Brien ist sicherlich fähig und wird von Trump und seinem Umfeld gemocht“, sagt Ian Bremmer. „Aber er hat ein Unternehmen, das er gerne verkaufen würde, bevor er diese Position übernimmt, und das könnte einige Zeit dauern, vielleicht zu lange.“ O’Brien ist derzeit Vorsitzender der von ihm gegründeten Washingtoner Beratungsfirma American Global Strategies.

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Ein weiterer Aspirant: Floridas Senator Marco Rubio, der sich vom Trump-Kritiker zu dessen Unterstützer entwickelt hat. Der kubanischstämmige Präsidentschaftsbewerber von 2016 wurde wie Hagerty bereits als möglicher „running mate“ von Trump gehandelt, bevor der sich für Senator J.D. Vance entschied.
Rubio gilt als Hardliner mit Blick auf den Iran und Kuba. Er ist außenpolitisch erfahren und gut vernetzt. So ist er etwa ein regelmäßiger Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz. Zusammen mit den Demokraten arbeitete er an einer Gesetzgebung, die es Trump erschweren würde, aus der Nato auszutreten. Ob das seine Aussichten schmälert, ist eine offene Frage.
Verteidigung
Einer der Namen, die hier häufig fallen, ist der von Tom Cotton, Senator des Bundesstaats Arkansas. Cotton ist Absolvent der Harvard Law School, ehemaliger Army-Offizier und Veteran der Kriege in Irak und Afghanistan. Ian Bremmer bezeichnet ihn als „Erwachsenen“, der im Allgemeinen als ziemlich fähig angesehen werde.
Schon in der ersten Trump-Administration wurde er für das Spitzenamt im Pentagon gehandelt, bevor sich der Präsident dann für den pensionierten Vier-Sterne-General James Mattis entschied. Und auch Cotton wurde im Frühsommer als Trumps Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt. Für die Europäer wäre die Ernennung des verlässlichen Ukraine-Unterstützers eine eher beruhigende Nachricht.

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Das wäre auch eine Berufung von Mike Pompeo, in Trumps erster Amtszeit CIA-Direktor und Außenminister. Auch er gilt als Anwärter für das Pentagon. Kurzzeitig hatte er sich um die republikanische Präsidentschaftskandidatur beworben, vermied aber größere Verwerfungen mit Trump und trat zum Ende des Wahlkampfs auch für diesen auf – am Tag vor der Wahl waren die beiden zusammen im wichtigen Swing State Pennsylvania.
Pompeo ist Absolvent der renommierten Militärakademie West Point und war drei Legislaturperioden lang Abgeordneter für Kansas im Repräsentantenhaus, hat also gute Kontakte in den Kongress. Derzeit ist er Fellow am Hudson Institute, einem konservativen außenpolitischen Thinktank in Washington.

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Schon als Außenminister trat er als vehementer Verteidiger Israels und scharfer Kritiker des Irans auf. Aber: Im Trump-Orbit zählt er auch zu den lautesten Ukraine-Unterstützern – das könnte ihn etwa auf Konfliktkurs mit dem designierten Vizepräsidenten J.D. Vance bringen, der die Ukraine-Hilfen einstellen will.
Ein weiteres potenzielles Problem: Japans größter Stahlhersteller, Nippon Steel, hat den ehemaligen Außenminister angeheuert, um das 14,9 Milliarden Dollar schwere Übernahmeangebot des Unternehmens für U.S. Steel zu unterstützen. Nippon Steel hofft, so hieß es am Donnerstag, die Übernahme bis zum Jahresende abschließen zu können, bevor Trump im Januar wieder ins Weiße Haus einzieht.
Denn der lehnt den Deal ab und hat wie Präsident Joe Biden im Wahlkampf angekündigt, eine Übernahme zu blockieren. Ob Pompeo Trump von den Vorteilen überzeugen kann oder sich damit unbeliebt macht, ist offen.
Vereinte Nationen
Den Job der UN-Botschafterin der USA hatte unter Trump einmal Nikki Haley inne, die eine Zeit lang als Alternative zu ihrem Ex-Chef für die Präsidentschaftskandidatur gesehen wurde, sich dann aber wieder hinter ihn stellte.

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In letzter Zeit habe es eine Menge Gerüchte innerhalb des Trump-Lagers gegeben, so Bremmer, dass Trumps Tochter Ivanka Trump diesen Posten übernehmen könnte. Ihr Ehemann Jared Kushner wolle kein Mitglied der Regierung werden und beide würden es vorziehen, in New York zu leben.
„Es ist also nicht unvorstellbar“, sagt Bremmer und verweist auch darauf, dass Ivanka Trump eine „wirklich gute Beziehung zu Christine Lagarde aufgebaut“ habe, als die heutige Präsidentin der Europäischen Zentralbank den Internationalen Währungsfonds (IWF) leitete. Das könnte hilfreich sein, so Bremmer, denn bei den UN gehe es stark um politische Vernetzung und Zugang.
Und was wird aus Nikki Haley? Auch sie hat zwischenzeitlich beim Hudson Institute angeheuert und scheint darauf zu warten, dass Trump ihr einen neuen Job anbietet.
Doch letztlich setzte er sie im Wahlkampf nicht ein, obwohl sie sich dazu bereit erklärt hatte. „Er ist mit ihr durch“, sagte ein Kenner der Republikanischen Partei.
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