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Ein Kampfflugzeug vom Typ Lockheed Martin F-16 Fighting Falcon der belgischen Luftwaffe bei einer Flugvorführung im Glarnerland (Archivbild).

© Imago/Björn Trotzki

Sind die F-16 ein Flop?: Das große Problem der Ukraine mit den US-Kampfflugzeugen – und warum sie trotzdem helfen

Seit mehreren Monaten verteidigt sich die Ukraine mit fortschrittlichen Kampfflugzeugen gegen Russland, ohne dass die Öffentlichkeit viel mitbekommt. Ein Experte zieht eine erste Zwischenbilanz.

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Der Ukrainekrieg ist eine Geduldsprobe. Immer wieder muss Kiew auf Waffen und Munition warten. So war es auch bei den F-16, mit denen sich die Ukraine gegen russische Drohnen und Marschflugkörper verteidigen will, die unter Oberbefehl von Wladimir Putin regelmäßig auch die Zivilbevölkerung terrorisieren.

Lange hatte die Ukraine um die vielseitig einsetzbaren Kampfjets gebeten, doch als endlich die Zusage durch US-Präsident Joe Biden kam, verging bis zum Einsatz noch mehr als ein Jahr. 

Das hing auch mit der Ausbildung der ukrainischen Piloten im Ausland zusammen. Für sie galt es, viel Neues in möglichst kurzer Zeit zu lernen, wozu ein Sprachkurs gehörte – die Systeme der F-16 sind auf Englisch und Sprachkenntnisse waren offenbar ein Problem.

Anfang August präsentierte Staatschef Wolodymyr Selenskyj die ersten F-16 in seinem Land: „Jetzt ist es Realität an unserem Himmel, die F-16 sind in der Ukraine“, verkündete er damals stolz.

© REUTERS/Valentyn Ogirenko

Erst im August 2024 präsentierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die F-16 dann der Öffentlichkeit. Inzwischen werden sie seit rund zweieinhalb Monaten im Verteidigungskampf gegen Russland eingesetzt – doch im Westen bekommen wir davon kaum etwas mit. Größere Aufmerksamkeit erregte nur ein rätselhafter Absturz wenige Wochen nachdem die Ukraine die Ankunft der Kampfjets offiziell verkündet hatte. So viel Medienrummel vor der Lieferung, so wenig danach – wie kommt das?

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Die Geheimhaltung der F-16-Flüge liegt im Interesse der Ukraine, sagt Militärexperte Nico Lange gegenüber dem Tagesspiegel. Der Politikberater gilt als Kenner des Ukrainekriegs. „Wenn man so wenige davon hat, dann muss man die beschützen und sich nicht zum Ziel für russische Angriffe machen“, erklärt Lange die Geheimhaltung in Sachen F-16. Russland versuche, die Jets an ihren Standorten abzuschießen, bevor sie überhaupt in der Luft sind.

Es sind nur wenige F-16 im Einsatz

Womit wir bei zwei Problemen mit den F-16 sind. Das erste ist hinlänglich bekannt, es betrifft den Ressourcenmangel, unter dem die ukrainische Armee trotz aller Lieferungen und Zusagen leidet. Nach Einschätzung von Experte Lange ist derzeit „bestenfalls nur eine niedrige zweistellige Zahl“ an F-16 überhaupt im Einsatz, da die Einführung schrittweise erfolge. „Das zieht sich leider“. Selenskyj hatte den Bedarf gegenüber der Nachrichtenagentur AFP auf 130 Kampfjets beziffert.

Ein Pilot pro F-16 reicht nicht

Weniger bekannt ist ein Problem logistischer Natur in Zusammenhang mit den F-16, ein Detail, für das in offiziellen Verlautbarungen über westliche Hilfe oder die Pilotenausbildung kein Platz ist: Es braucht laut Lange relativ viele Soldaten, die unterstützend am Boden arbeiten und dafür sorgen, dass die einsitzige F-16 in der Luft bleibt. Doch an dieser Stelle gibt es aus dem Westen keine Hilfe, so Lange. 

So zeigt sich bei den F-16 das gleiche widersprüchliche Bild wie bei der gesamten westlichen Hilfe für die überfallende Ukraine. Einerseits sind da die Zusagen und die real fließenden Hilfsgelder, die vielen gelieferten Waffen, ohne die das Land wahrscheinlich längst komplett von Russland besetzt wäre. Andererseits ist all das zu wenig und zu inkonsequent, um die russische Invasionsarmee zu vertreiben. Sie rückt langsam, aber stetig im Osten der Ukraine vor und es sieht danach aus, dass sie inzwischen auch von der Ukraine besetztes russisches Territorium zurückerobert.

Dabei stehe die militärische Leistung der F-16 außer Frage, meint Lange. Zwar dämpften Experten bereits die – auch medial befeuerte – Erwartung, dass die F-16 eine kriegsentscheidende Wunderwaffe ist. Doch der Nutzen habe sich für Lange dennoch schon jetzt gezeigt.

Trotzdem wertvoll gegen russische Angriffe

Bei der Luftverteidigung gegen russische Drohnen- und Raketenschwärme „machen die F-16 den Unterschied“. Außerdem seien die Kampfflugzeuge erwiesenermaßen in der Lage, russische Maschinen zu bedrohen, die die gefürchteten Gleitbomben auf die Ukraine abwerfen. Der Experte Lange verweist auf den – unbestätigten – Abschuss eines russischen Su-34-Bombers durch eine F-16 vor wenigen Tagen.

Ein weiterer Vorteil der F-16 sei ihre Vielseitigkeit. Es komme einfach auf die gelieferte Munition an, sagt Lange. So könnten zur Unterstützung der ukrainischen Soldaten auch Ziele am Boden angegriffen werden, zum Beispiel mit einer US-amerikanischen Gleitbombe namens Joint Standoff.

Nur, dass die Ukraine bisher nicht über diese Bomben verfügt. Gerüchteweise wollen die Amerikaner sie demnächst zur Verfügung stellen. Bis dahin heißt es warten – so wie auch auf die nächste Lieferung der F-16.

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