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Thank God its Friday – Newsletter - LinkedinMontage: Tagesspiegel / Fotos: AFP/Tiziana Fabi, freepik

© Montage: Tagesspiegel/Fotos: AFP/Tiziana Fabi, freepik

Thank God It’s International Friday 32: Der Anti-Trump aus Rom?

Die Themen der Woche: Papst Leo XIV. gewählt | Merz macht Europa zur Priorität | Eskalation zwischen Indien und Pakistan | Abschied von Margot Friedländer

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

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Auc h ein verstolperter Anfang lässt sich retten. Das will der am Dienstag mit Qualen ins Amt gewählte Friedrich Merz momentan den wichtigsten europäischen Partnern Deutschlands zeigen.

Als erster Bundeskanzler ist er unmittelbar nach Amtsantritt nicht nur nach Paris, sondern auch nach Warschau gereist. Europa hat für Merz Priorität. Diese Botschaft ist in ihrer aktuellen Bedeutung kaum überzubewerten. Das gilt gerade auch in dieser Woche wichtiger Jahrestage: vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, vor 75 Jahren legte der damalige französische Außenminister Robert Schuman mit seiner visionären Rede den Grundstein für das Friedensprojekt Europäische Union.

Am heutigen Samstag ist Merz gemeinsam mit seinen französischen, polnischen und britischen Amtskollegen in Kiew, um dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die anhaltende Unterstützung zuzusichern. Ein wichtiges Signal an Putin. Und an Trump. Denn in ihrer Erklärung betonen die vier Staats- und Regierungschefs, dass Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland – wie von Trump mehrfach suggeriert – für sie nicht infrage kommen.

Merz, Macron, Starmer und Tusk in Kiew

© dpa/Kay Nietfeld

Europäische Führung statt Alleingänge

Merz will eine Führungsrolle in Europa übernehmen. Das wird von den europäischen Partnern mit Wohlwollen gesehen, selbst außerhalb des konservativen Lagers. Mit Symbolpolitik allein wird das nicht zu erreichen sein, der Bundeskanzler muss nun schnell Taten folgen lassen.

Ein starkes Zeichen würde er mit der Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine setzen, die er im Wahlkampf in Aussicht gestellt hatte. Doch der Koalitionspartner könnte ihm hier einen Strich durch die Rechnung machen. Noch Mitte April hat der inzwischen zum SPD-Fraktionsvorsitzenden avancierte Matthias Miersch betont, dass sich an der ablehnenden Haltung seiner Partei in der Taurus-Frage voraussichtlich nichts ändern werde.

Eines steht jedoch fest: Deutsche Alleingänge sind mit einer europäischen Führungsrolle unvereinbar. Das gilt auch für die Migrationspolitik. Dass Innenminister Alexander Dobrindt als eine seiner ersten Amtshandlungen verschärfte Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Asylsuchenden an allen deutschen Grenzen ausgerufen hat, hat bei den Nachbarn Deutschlands zurecht für Irritation gesorgt.

Daraus macht auch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk keinen Hehl. „Die AfD, das ist Ihr Problem, Herr Bundeskanzler“, musste sich Merz bei seinem Warschau-Besuch sagen lassen. Ziel müsse sein, gemeinsam die EU-Außengrenzen zu stärken, statt an den deutschen Grenzen Kontrollen einzuführen, forderte Tusk.

Der neue Papst als Anti-Trump?

Deutlich schneller als erwartet ist diese Woche weißer Rauch in Rom aufgestiegen. Mit Robert Francis Prevost, der sich fortan Leo XIV. nennt, haben die Kardinäle erstmals einen US-Amerikaner zum Papst gewählt. Wollte das Konklave damit einen Akzent gegen US-Präsident Donald Trump setzen? Wohl kaum, darin waren sich die Experten des „High Noon“-Talks des Tagesspiegel am Freitag einig.

„Leo XIV. auf die Rolle eines Anti-Trumps zu reduzieren, vermindert dessen weltweite Bedeutung“, schreibt auch mein Kollege Malte Lehming. Er warnt davor, den neuen Papst aus tagespolitischem Kalkül zu vereinnahmen.

Papst Leo XIV. könne jedoch eine wichtige Rolle als Brückenbauer spielen, wenn es ihm gelänge, mit Trump und anderen schwierigen Entscheidungsträgern eine Gesprächsebene zu etablieren, betonte die Theologin Elisabeth Jünemann in unserem Expertentalk. Sie haben die spannende Diskussion verpasst? Sie können sie sich hier ansehen. 👇

Es war eine Botschaft des Friedens, mit der Papst Leo XIV. seine erste Rede am Donnerstagabend auf dem Petersplatz begann. Und eine solche hat die Welt bitter nötig. Die Zahl der bewaffneten Auseinandersetzungen steigt weiter. Schwelende Konflikte flammen wieder auf.

Eskalation zwischen den Atommächten Indien und Pakistan

Einer davon ist die Konfrontation zwischen Indien und Pakistan um die Region Kaschmir. Beide Länder erheben Anspruch auf das Grenzgebiet. Drei Kriege haben Indien und Pakistan seit ihrer Unabhängigkeit bereits gegeneinander geführt, bei zweien davon ging es um Kaschmir.

Auslöser für die derzeitige Eskalation ist der Terroranschlag vom 22. April, bei dem 26 Menschen getötet wurden, darunter zahlreiche indische Touristen. Die indische Regierung wirft der pakistanischen vor, an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein, was diese zurückweist. Die laufenden Kampfhandlungen zwischen den beiden Staaten sind die schwersten seit rund 30 Jahren.
Unser Kolumnist Peter Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King’s College in London, erklärt, warum der Konflikt so gefährlich ist. 👇

Abschied von der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer

„Am Ende ihres Lebens ist aus Margot Friedländer ein Megastar geworden“, schreibt meine Kollegin Elisabeth Binder in ihrem Nachruf. Mit der 103-jährigen Holocaust-Überlebenden ist am Freitag eine eindrucksvolle Botschafterin des Friedens und der Menschlichkeit von uns gegangen.

1946 war Friedländer in die USA emigriert. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, der nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden setzen wollte. Erst 2010, nach seinem Tod, zog sie zurück nach Berlin und widmete ihr Leben fortan ganz dem Kampf gegen das Vergessen in Deutschland. Auf ihre eigene bezaubernde Weise.

Ihr zu gedenken, heißt, diesen Kampf fortzusetzen. #NieWieder

Nächste Woche schreibe ich Ihnen aus Tallinn, wo ich an der Lennart Meri Conference des International Centre for Defence and Security (ICDS) teilnehmen werde. Die internationale Sicherheitskonferenz steht dieses Jahr unter dem passenden Motto „We Shall Go Forward Together“ – den Worten, mit denen der britische Premierminister Winston Churchill 1942 die Alliierten beschwor.

Das war’s von mir für heute. Alles Gute und ein schönes Wochenende.

Herzlich

Ihre Anja Wehler-Schöck

P.S.: Vielen Dank an Johannes Altmeyer fürs Feedback und an Katrin Schuber für die Graphik!

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