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Thema

Krieg in Nahost

Ein halbes Jahr nach Beginn der "Al Aqsa-Intifada" gibt sich niemand mehr in Israel der Illusion hin, dass Frieden in absehbarer Zeit möglich sein wird. Laut der jüngsten Meinungsumfrage ist gerade noch ein gutes Drittel der Bevölkerung der Meinung, man könne irgendwann doch noch zu einem Abkommen gelangen, fast zwei Drittel mögen auch das nicht mehr glauben.

Als die arabischen Staatschefs, Präsidenten und Könige zur feierlichen Eröffnungssitzung ihres ersten ordentlichen Gipfels seit 1990 im Königlichen Kulturzentrum in Amman zusammenkamen, war der Hauptstreitpunkt noch immer ungeklärt: Das Verhältnis zwischen Irak und Kuwait. Dieses Thema wollten die Staatschefs öffentlich am Liebsten auch gar nicht mehr berühren.

Von Andrea Nüsse

Bei zwei Bombenanschlägen palästinensischer Extremisten innerhalb weniger Stunden sind am Dienstag in Jerusalem ein palästinensischer Selbstmord-Attentäter getötet und zahlreiche Israelis zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Die Explosionen ereigneten sich, während im jordanischen Amman die Staats- und Regierungschefs der arabischen Welt über Maßnahmen gegen Israel berieten und nur Stunden, nachdem ein Heckenschütze in Hebron das zehn Monate alte Kind eines jüdischen Siedlers durch einen Kopfschuss getötet hatte.

Zehn Monate war Schalhevet Pass alt, als sie von einem palästinensischen Heckenschützen in Hebron getötet wurde. Ein Mord, der sich mit den Jerusalemer Bombenanschlägen einfügt in eine Regie der Eskalation: Rechtzeitig zum Gipfel der Arabischen Liga in Amman wollen die Palästinenser Scharon zu unüberlegten Reaktionen provozieren, um den Schulterschluss gegen Israel zu erreichen.

Der palästinensische Präsident Jassir Arafat hat der neuen israelischen Regierung seinen Friedenswillen versichert. In der ersten Plenarsitzung des palästinensischen Parlaments seit Beginn der Unruhen vor fünf Monaten sagte er am Samstag in Gaza: "Unsere Herzen sind offen und unsere Hände für den Frieden der Tapferen ausgestreckt.

Erneut wandern die Blicke mit ungläubigem Entsetzen in den Nahen Osten: Auf die Ermordung eines Arafat-Leibwächters durch Israels Armee folgt das Attentat eines Palästinensers, der seinen Bus in eine Menschentraube steuert. Es war offenbar die Tat eines normalen Familienvaters, keines Angehörigen einer Terrororganisation - eine eindringliche Mahnung, wie sehr Enttäuschung und Gewaltbereitschaft die einfachen Bürger ergriffen haben.

Ein palästinensischer Terroranschlag bei Tel Aviv hat acht Tote und 20 Verletzte gefordert. Es stand außer Zweifel, dass der palästinensische Busfahrer am Mittwochmorgen mit voller Absicht in einem Tel Aviver Vorort in eine an einer Autostopp-Haltestelle wartende Gruppe von Soldaten und Soldatinnen gerast war.

Von Charles A. Landsmann

Der Likud-Führer Ariel Scharon hatte die gegenwärtige Gewaltwelle mit seinem demonstrativen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem am 28. September ausgelöst; dort steht auch die als moslemisches Heiligtum geltende Al-Aksa-Moschee.

Die israelischen Streitkräfte haben im Gaza-Streifen einen palästinensischen Sicherheitsbeamten aus Hubschraubern beschossen und getötet. Der Angriff habe sich gegen einen "führenden Terroristen" gerichtet, erklärte ein Sprecher der israelischen Armee.

Die Friedensverhandlungen zwischen Israeli und Palästinensern im ägyptischen Badeort Taba sollen am Donnerstag wieder aufgenommen werden. Der palästinensische Unterhändler Jassir Abed Rabbo kündigte am Mittwochabend am Verhandlungsort an, die Gespräche sollten nach zweitägiger Unterbrechung am Donnerstagmorgen fortgesetzt werden.

Schon der Ort weckt Hoffnungen: 1995 führten die Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern in Taba, dem Badeort am Roten Meer, zum Zweiten Interimsabkommen. Diesmal geht es ums Ganze, das ist viel schwerer.

Der rechts gerichtete Vorsitzende der oppositionellen Likud-Partei in Israel, Ariel Scharon (72), hat die Friedensabkommen mit den Palästinensern für tot erklärt und gesagt, er wolle den Palästinensern nur 42 Prozent des Westjordanlandes zugestehen. Nach israelischen Medienberichten sagte Scharon in einem Interview mit einer ultraorthodoxen Zeitung, das am Freitag veröffentlicht werden soll, die Friedensabkommen von Oslo seien "nicht mehr existent".

Die palästinensische Führung hat "Versuche" abgelehnt, ihr eine Lösung des Konflikts mit Israel auf der Basis der Vermittlungsvorschläge von US-Präsident Bill Clinton "aufzuzwingen". Wenige Stunden nach einer programmatischen Rede von US-Präsident Bill Clinton zur Lösung des Nahostkonflikts sagte der Parlamentspräsident Achmed Kureih am Montag, solche Versuche könnten innerhalb weniger Monate zu einer "Explosion des Jerusalem-Problems" führen.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak hat nach den Worten von Oppositionsführer Ariel Scharon angeboten, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über die Frage der Oberhoheit in Ostjerusalem entscheiden zu lassen. Scharon sagte am Sonntag, Baraks Unterhändler Gilead Scher habe Clinton gebeten, dafür zu sorgen, dass der Sicherheitsrat entscheiden könne, ob Israel oder die Palästinenser die Souveränität über den Tempelberg erhalten sollten.

Die Hoffnungen auf ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern noch vor dem Ausscheiden von US-Präsident Bill Clinton in zwei Wochen schwinden immer mehr. Palästinenserpräsident Jassir Arafat erklärte sich am Samstag zum Abschluss eines Besuchs im Sultanat Oman bereit, die Gespräche mit Israel unter der neuen US-Regierung von George W.

Der vorerst letzte Vermittlungsversuch von US-Präsident Clinton im Nahost-Konflikt hat keinen Durchbruch gebracht. In Washington hieß es nach den nächtlichen Gesprächen zwischen Clinton und Palästinenserpräsident Arafat am Mittwoch allerdings, Arafat habe den Plan unter Vorbehalt als Basis für weitere Verhandlungen angenommen.

Nach monatelangen blutigen Unruhen sollen die Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern in der kommenden Woche offenbar in den USA wieder aufgenommen werden. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, sagte in Washington, Unterhändler beider Seiten könnten zunächst die Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche erörtern.

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