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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine erneut eine deutliche Absage erteilt. 

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Update

„Meine Klarheit ist da“: Scholz erteilt auch Taurus-Ringtausch eine deutliche Absage

Der Bundeskanzler will die Marschflugkörper nicht liefern, „weder direkt noch indirekt“. Außenministerin Baerbock hatte einen Ringtausch über Großbritannien zuvor „eine Option“ genannt.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine erneut eine deutliche Absage erteilt.

„Meine Klarheit ist da. Das ist meine Aufgabe als Kanzler, als Regierungschef hier mich präzise zu äußern und keine missverständlichen Erwartungen zu wecken. Entsprechend klar sind auch meine Antworten“, sagte Scholz am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin auf die Frage, ob er wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen Ringtausch mit Großbritannien statt einer direkten Lieferung als Option sehe. Er halte den Einsatz des Taurus nicht für vertretbar, deswegen gehe es in dieser Frage „weder um direkt noch um indirekt“, betonte Scholz.

Die Ukraine hat die Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereits im vergangenen Mai von Deutschland erbeten. Scholz hatte der Anfrage zuerst im Oktober und dann erneut vor zwei Wochen eine klare Absage erteilt.

Er bekräftigte am Montag, dass er den Ukrainern das Waffensystem nicht ohne deutsche Kontrolle der Zielsteuerung überlassen wolle. Da dies aus seiner Sicht nicht ohne deutsche Soldaten möglich sei, lehne er den Einsatz ab. Scholz befürchtet, dass Deutschland sonst in den Krieg hineingezogen werden könnte.

Meinungsverschiedenheiten in der Ampel-Koalition

In der Debatte um eine Lieferung von Marschflugkörpern in die Ukraine werden die Meinungsverschiedenheiten in der Ampel-Koalition deutlicher.

Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock einen sogenannten Ringtausch, bei dem Deutschland Taurus-Marschflugkörper an Großbritannien abgeben könnte und London dafür weitere Flugkörper vom Typ Storm Shadow an die Ukraine abgibt, als „Option“ bezeichnet hat, lehnte SPD-Chef Lars Klingbeil dies am Montag ab. Er verteidigte im ARD-„Morgenmagazin“ auch das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz zu Taurus-Lieferungen an die Ukraine und forderte, die europäischen Partner sollten sich darauf konzentrieren, endlich mehr Munition zu produzieren und zu liefern. Klingbeil sagte: „Das ist das, worauf sich alle konzentrieren sollten und keine anderen Debatten.“

Großbritannien signalisiert Bereitschaft zum Ringtausch

Der britische Außenminister David Cameron hatte in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ einen Ringtausch angeregt, der die Bedenken von Scholz (SPD) zerstreuen könnte. „Das wäre eine Option“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“.

Sie habe schon im Sommer sehr deutlich gesagt, dass die Ukraine mit Blick auf den Minengürtel im Osten des Landes weitreichende Waffensysteme brauche, betonte Baerbock - und ergänzte auf Nachfrage: „in Klammern: auch Taurus“. Dazu zählten aber zum Beispiel auch Raketenwerfer und Panzerhaubitzen, die Deutschland bereits geliefert habe.

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Bei einem Ringtausch könnte Deutschland Taurus-Marschflugkörper an Großbritannien abgeben - und London seinerseits weitere Flugkörper vom Typ Storm Shadow an die Ukraine liefern.

Union sieht Idee skeptisch

CDU-Chef Friedrich Merz steht der Option eines Taurus-Ringtauschs für die Ukraine skeptisch, aber grundsätzlich offen gegenüber. „Das mag die zweitbeste Lösung sein, um das Ziel zu erreichen - besonders ehrenhaft ist das nicht“, sagte Merz nach einer Sitzung der Präsidien von CDU und CSU in Berlin aber. Auf ihn wirke die Option eines Ringtausches „ein bisschen“ wie die Aussage, „Wasch' mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.

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Ringtausch könnte für die Grünen eine Option sein

Die Grünen erwarten die rasche Prüfung der Möglichkeit eines Taurus-Ringtauschs mit Großbritannien. „Dieser Vorschlag ist natürlich dringend zu prüfen“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour am Montag in Berlin. Dies könne eine Option sein, „den Knoten zu durchschlagen“ und der Ukraine mit Marschflugkörpern zu helfen. Zuvor hatte bereits Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen Ringtausch zwischen Großbritannien und Deutschland als „Option“ bezeichnet.

Nouripour sagte, wenn ein Partnerstaat wie Großbritannien ein solch „großzügiges und kluges Angebot macht, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man es sich auch vertieft anschaut und schnell zu einer Entscheidung kommt“. Die Möglichkeit eines Ringtauschs war von dem britischen Außenminister David Cameron am Wochenende nicht ausgeschlossen worden. Deutschland könnte Taurus-Marschflugkörper dabei an Großbritannien abgeben und London seinerseits weitere Flugkörper vom Typ Storm Shadow an die Ukraine liefern.

Der Verteidigungsausschuss des Bundestags berät unterdessen am frühen Montagabend in einer Sondersitzung über die russische Abhöraktion gegen Offiziere der Luftwaffe. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird erwartet, Kanzler Scholz hingegen nicht.

Der britische Außenminister David Cameron und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Anfang März bei einer Pressekonferenz im Auswärtigen Amt.
Der britische Außenminister David Cameron und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Anfang März bei einer Pressekonferenz im Auswärtigen Amt.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Hintergrund ist ein von Russland veröffentlichter Mitschnitt eines Gesprächs hoher deutscher Luftwaffen-Offiziere, in dem diese Einsatzszenarien für den Fall erörtern, dass Taurus-Marschflugkörper doch noch an die Ukraine geliefert würden. Die Union will auch den Widerstand des Kanzlers gegen eine Taurus-Lieferung an die Ukraine ansprechen.

Erneute Taurus-Abstimmung im Bundestag

Die Reihen der Ampel-Koalition sind in der Taurus-Debatte nicht geschlossen. Das dürfte sich auch am Donnerstag zeigen, wenn die Union im Bundestag erneut einen Antrag stellen will, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, das weitreichende Waffensystem „unverzüglich“ an die Ukraine abzugeben. Es gibt Anzeichen, dass dieser Antrag auch aus den Reihen von FDP und Grünen unterstützt werden könnte.

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter schloss am Sonntag nicht aus, dass auch er diesmal für den Antrag stimmen werde. „Ich bin noch nicht entschieden“, sagte er dem Nachrichtenportal „The Pioneer“.

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Agnes Strack-Zimmermann kündigte bereits ihre Zustimmung an - ähnlich wie bei einem ähnlichen Unionsantrag vor zwei Wochen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki will sein Votum laut „Rheinischer Post“ von der Formulierung des Antrags abhängig machen.

Hofreiter und Röttgen kritisieren Scholz-Nein zu Taurus

In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montag) übte Hofreiter zusammen mit dem CDU-Außenexperten Norbert Röttgen scharfe Kritik an Scholz. Beide warfen dem Kanzler „katastrophalen Defätismus“ sowie „dramatisch schlechte Kommunikation“ vor.

Mit Blick auf Scholz' Argumente gegen eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine kritisierten sie, der Kanzler verbreite in der Bevölkerung Angst und Schrecken. Wenn Scholz behaupte, Taurus-Lieferungen machten Deutschland zur Kriegspartei, sei dies „faktisch und rechtlich falsch“.

„Die Sondersitzung muss Aufklärung bringen zum Widerspruch der Aussagen des Bundeskanzlers und des Inspekteurs der Luftwaffe zu den Voraussetzungen von Taurus-Lieferungen an die Ukraine“, sagte Henning Otte (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, dem „Spiegel“.

Florian Hahn (CSU), verteidigungspolitischer Sprecher der Union, betonte: „Ich erwarte Aufklärung über die Informationsflüsse und den Entscheidungsfindungsprozess zwischen der Luftwaffe, Pistorius und dem Kanzler.“

Die Union sieht sich durch den Mitschnitt in ihrer Auffassung bestätigt, dass Taurus-Marschflugkörper ohne Zutun der Bundeswehr in der Ukraine eingesetzt werden könnten. (dpa, AFP)

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