
© dpa/Julia Demaree Nikhinson
Wie man Trump rumkriegen könnte: Wird ausgerechnet sein Ego der Ukraine Frieden bringen?
Gebietsverluste im Osten und Trumps Wahlsieg – noch nie sah die Lage für die Ukraine düsterer aus. Doch ausgerechnet das Ego des künftigen US-Präsidenten könnte der Schlüssel zum Frieden sein, meint ein Ex-Nato-Chef.
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Donald Trump, der 45. und bald auch 47. Präsident der USA gilt als unberechenbarer Partner auf internationaler Bühne. Verlässlich scheint immerhin das große Ego des strafrechtlich verurteilten Lügners zu sein. Trump will gewinnen und stets als starker Mann dastehen, das ist die Maxime seiner Politik. Genau hier sieht Anders Fogh Rasmussen, der von 2009 bis 2014 Generalsekretär der Nato war, eine Chance.
„Wir könnten eine Kombination aus Trumps Unberechenbarkeit und seinem Wunsch, ein Gewinner zu sein, nutzen“, sagte Rasmussen gegenüber „Politico“. So solle „eine starke Formel“ für den Friedensprozess in der Ukraine entstehen.
Zur Erklärung: Im Wahlkampf hat Trump damit geprahlt, den Ukrainekrieg „in 24 Stunden“ beenden zu können. Er gilt nicht als jemand, der am Schicksal der Ukraine interessiert ist. Viele Beobachter erwarten deswegen, dass Trump nach seinem Amtsantritt im Januar 2025 die US-amerikanischen Ukrainehilfen stoppen könnte. Die USA sind innerhalb der Nato die tonangebende Stimme und als Land der größte Unterstützer der Ukraine, zumindest bisher.
Trumps Unberechenbarkeit
Es ist derzeit unrealistisch, dass andere Länder die entstehende Lücke füllen würden. Daher würde die Ukraine den Verteidigungskrieg gegen Russland bei Ausfall der USA verlieren. Doch wenn Trump „unberechenbar“ ist, könnte es eben sein, dass er doch zu einer anderen Lösung bereit ist. Hier kommt sein Ego ins Spiel.
Trumps Ego
Rasmussen räumte zwar das Risiko ein, dass Trump die Militärhilfen für die Ukraine tatsächlich einstellen könnte. Der Ex-Nato-Chef bezweifelt aber, dass Trump die Ukraine zwingen würde, ein unfaires Friedensabkommen zu akzeptieren. „Ich glaube nicht, dass er als Verlierer dastehen möchte“. Gemeint ist hier wahrscheinlich: Als Verlierer gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dastehen, einem anderen Mann mit großer Macht und großem Ego.
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Es ist davon auszugehen, dass Trump einen – wie er sagen würde – „Deal“ für die Ukraine aushandeln will, um sich als Sieger darstellen zu können. Trump solle „Putin sagen, den Krieg zu beenden“, meint Rasmussen. Dafür müsse die Ukraine in einer starken Ausgangsposition für Verhandlungen sein, in der sie bei einer Einstellung der US-Hilfen nicht wäre.
Selenskyj lobt Gespräch mit Trump
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steht unterdessen so stark unter Druck wie nie seit dem russischen Einmarsch Anfang 2022. Im Osten seines Landes rücken die feindlichen Soldaten langsam, aber stetig vor, die Hilfe aus dem Ausland reicht nicht und der ukrainischen Verteidigungsarmee fehlt auch der personelle Nachschub. In dieser Situation hat Selenskyj dem Republikaner Trump nach eigenen Angaben bei einem „ausgezeichneten“ Telefonat zu seinem „historischen Erdrutschsieg gratuliert“. Das erklärte Selenskyj am Mittwoch im Onlinedienst X.
Und weiter: „Wir haben vereinbart, einen engen Dialog beizubehalten und unsere Zusammenarbeit voranzutreiben.“
„Eine starke und unerschütterliche Führungsrolle der USA ist für die Welt und für einen gerechten Frieden unerlässlich“, schrieb Selenskyj außerdem. Bereits im September, also kurz vor der US-Wahl, besuchte er Trump in New York und sprach anschließend von einem „sehr produktiven“ Gespräch. Es sind die Worte eines Mannes, der offenkundig weiß, wie sehr das Schicksal seines Landes nun von den Entscheidungen des künftigen US-Präsidenten abhängt – und womöglich von dessen Ego. (mit AFP/dpa)
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