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Boykotte wegen Israels Teilnahme: Der ESC wird auch das überstehen
Israel darf weiterhin am ESC teilnehmen, Spanien, Irland, Slowenien und die Niederlande wollen 2026 deshalb fernbleiben. Damit ist der Wettbewerb endgültig zu einem politischen Kampfplatz geworden.

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Der Machtkampf in Genf hat nur Verlierer hervorgebracht: Dass die Frage nach Israels Teilnahme bei der Generalversammlung der Europäischen Rundfunkunion (EBU) nicht zur Abstimmung kam und damit möglich ist, hat die seit zwei Jahren tobenden Konflikte um dieses Thema nun zu einem traurigen Schlusspunkt gebracht, der niemanden freuen kann: Die Sender aus Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden machen ihre Boykottdrohungen wahr. Sie wollen keine Teilnehmenden zum nächsten Wettbewerb in Wien entsenden und ihn auch nicht übertragen.
Stimmen aus Israel, Österreich und Deutschland begrüßen das Vorgehen der EBU zwar, doch lässt sich nicht leugnen, dass der Eurovision Song Contest in den letzten Wochen und Monaten Schaden genommen hat. Er ist zu einem Kampfplatz geworden, der nur noch wenig mit Musik, aber viel mit Politik zu tun hat.
Was nachvollziehbar ist, denn das Wettsingen findet ja nicht in einem Raum und Zeit enthobenen Lala-Land statt. In den Vorgängen spiegelt sich letztlich die überall in Europa reflexhaft ablaufende Kontroverse rund um Israels verheerenden Krieg in Gaza, der auf die Hamas-Gräueltaten des 7. Oktober 2023 folgte.
Der Boykott kommt allerdings seltsam zeitverzögert: Bei der letzten ESC-Ausgabe im Mai in Basel war der Gaza-Krieg noch voll im Gange, jetzt herrscht eine – wenn auch brüchige – Waffenruhe. Es wirkt, als wollten sich Spanien und Co. noch einmal besonders spektakulär auf der ESC-Debattenbühne in Pose werfen. Eine Regeländerung der EBU, die unter anderem regierungsnahe Werbekampagnen für ESC-Songs und das Publikumsvoting beschränkt, war ihnen nicht genug.
Dass mit Spanien ein Mitglied der „Big Five“ bei der kommenden Ausgabe in Österreich fehlen wird, ist besonders schmerzlich. Es gehört zu den Ländern, die am meisten für die Ausrichtung zahlen, automatisch fürs Finale qualifiziert sind und ausgesprochen leidenschaftliche Fans haben. Die schauen nun in die Röhre.
Den Wettbewerb zu Fall bringen wird das Fehlen von vier oder auch weiteren Ländern nicht. 2025 nahmen 37 Nationen teil, und selbst wenn, wie in den Anfangsjahren, nicht mal ein Dutzend dabei sind, wird die Show fortgesetzt. Gut möglich, dass das laute Türenknallen von Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden im Mai längst vergessen ist. Was ihnen recht geschähe, denn Kulturboykotte sind generell ein unseliges Mittel. Zumal, wenn dabei „Singt nicht mit Juden“ mittönt.
Die Olympischen Spiele haben im Kalten Krieg sogar mehrere Ausgaben mit Boykotten ganzer Länderblöcke überstanden. Beim ESC wird das genauso sein. Das ganze ist traurig, es wird allseits einiges auszuhalten sein, aber es wird weitergehen. Und in einer Hoffnung dürften sich alle einig sein: Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas möge halten.
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