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Thema

Berliner Philharmoniker

Berlins Spitzenorchester bangen: Nachdem in der heutigen Plenarsitzung entgegen den politischen Zusagen nicht über die Umwandlung der Berliner Philharmoniker in eine Stiftung beraten wird, bemühten sich gestern der künftige Philharmoniker-Intendant Franz Xaver Ohnesorg und Orchestervorstand Peter Riegelbauer vergeblich darum, wenigstens im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses eine Entscheidung herbeizuführen. Kommt die Rechtsformänderung nicht zustande, will der designierte Chefdirigent Simon Rattle sein Amt im Herbst 2002 nicht antreten.

Überschwänglichkeit und Kontrolle: dieses atmosphärische Mittel ist es, was an Claudio Abbados Interpretation der siebenten Symphonie von Gustav Mahler fasziniert. Drei ausverkaufte Konzerte, und die Hoffnung auf Eroberung einer Karte für das erste bleibt für viele in der Warteschlange hängen, die sich im Foyer der Philharmonie staut.

Von Sybill Mahlke

So viel Harmonie war nie bei Berlins geliebten Philharmonikern: Zwar tritt Franz Xaver Ohnesorg erst Anfang September sein neues Amt als Philharmoniker-Intendant an, doch schon jetzt wird klar, dass die Zeiten Weingartenscher Ministerialrats-Nüchternheit endgültig vorbei sind: Statt eines scheidenden Chefdirigenten, eines kommenden Kulturmanagers und zweier Orchestermusiker saßen bei der Präsentation des neuen Philharmoniker-Programms vier Freunde im Duz-Rausch im Philharmonie-Foyer und demonstrierten Einigkeit. Neben dem Xaver noch der Claudio (Abbado), der Pit (Peter Riegelbauer) und der Andreas (Wittmann), die davon erzählten, wie großartig man sich verstehe und was für tolle Sachen man im letzten Jahr miteinander erlebt habe.

Wäre der Platz zwischen den Sitzreihen der Berliner Philharmonie nicht allzu knapp bemessen, hätten 2700 Menschen an diesem Abend kniefällig danken und beten müssen. Danken für eines der grandiosesten, mitreißendsten Philharmoniker-Konzerte seit langem.

Man kann sich die Schlagzeile vorstellen: "Landowsky verhindert Simon Rattles Enagement in Berlin." Mit Genuss wird der einstige Kulturstaatsminister und jetzige "Zeit"-Herausgeber Michael Naumann die Geschichte aus dem Sommer 2000 erzählen.

Von Frederik Hanssen

Es gibt Tage, da lässt man sich nicht gerne Wasser in den Sekt schütten. Franz Xaver Ohnesorg, der künftige Intendant der Berliner Philharmoniker, und Kultursenator Christoph Stölzl wollten gestern bei der Unterzeichnung von Ohnesorgs Fünf-Jahres-Vertrag einfach keine Kassandrarufe hören.

Von Frederik Hanssen

Die Berliner Philharmoniker werden künftig als Stiftung des öffentlichen Rechts geführt. Der Berliner Senat beschloss am Dienstag, die staatliche Institution "Berliner Philharmonisches Orchester" und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Berliner Philharmoniker" in einer Stiftung aufgehen zu lassen, wie es auch der künftige Chefdirigent Simon Rattle gefordert hatte.

Die Sensation liegt schon im Biografischen: Ein 26-Jähriger als Dirigent der Berliner Philharmoniker, das ist ungefähr so, als ob ein Juso-Kreisvorsitzender plötzlich Bundeskanzler würde und sich Begabung und Engagement mit einem Mal gegen Profi-Routine und mächtige Partikularinteressen durchsetzen müssten. Daniel Harding, Rattle-Entdeckung und Hoffnungsträger der Klassik-Szene, tut unter diesem Gesichtspunkt das einzig Richtige: Er verkleinert den Apparat, den er beherrschen will, und beginnt sein Programm in Kammerorchester-Besetzung.

Im Publikum, das Claudio Abbado und die Berliner Philharmoniker bei ihrem Beethoven-Zyklus in Rom feierten, saß auch der Bestseller-Autor Alessandro Baricco ("Seide", "Die Legende vom Ozeanpianisten"). Für die römische Tageszeitung "La Repubblica" hat er einen Essay geschrieben, den wir auszugsweise zitieren.

Kaum ein Dirigent, der sich nicht auf ihn beruft, kaum ein Stück des romantisch-klassischen Repertoires, das er nicht zu neuer Lebendigkeit geführt hätte: Wilhelm Furtwängler, der musikalische Leitstern zwischen Wien, Bayreuth und Berlin. Doch was dem 1954 verstorbenen Kapellmeister Weltruhm bescherte, nannte er selber nur "das Unglück mit dem Dirigieren".

Von Ulrich Amling

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich das einfach so trauen würde", sagt Hans Eckhardt aufgekratzt. Soeben hat der Zwei-Meter-Mann die Berliner Philharmoniker dirigiert, zumindest ihre virtuellen Doppelgänger: Auf einem Pult vor einer Leinwand stehend hat er ihnen Lautstärke und Einsätze vorgegeben.

Von Jan-Martin Wiarda

Vor einer ausverkauften Philharmonie hebt das ungewöhnliche Ensemble zu einem auditiven "South American Getaway" ab. Dass die neue Produktion, mit der die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker eine kleine Deutschlandtournee angehen, auch mit ihren frühen Erfolgen wuchert, ist legitim.

Von Sybill Mahlke

Ein Gespenst geht um in der deutschen Kulturlandschaft: Die öffentlichen Kassen sind leer, der Staat zieht sich immer mehr aus der Kulturförderung zurück. Werden zukünftig also nur noch kommerziell erfolgreiche Mainstream-Produktionen und gefällige Programme konkurrenzfähig sein?

Mit Zugaben hatten sie offenbar nicht gerechnet. Wer aber so zündende Könnerschaft verbreitet wie das Schlagzeug-Ensemble der Berliner Philharmoniker, dem verlangt das Publikum mehr ab als das offizielle Programm.

Von Sybill Mahlke

Seit ungefähr zehn Jahren gleichen die Berliner Festwochen dem Römischen Reich in der Endphase seines Bestehens. Ohne inneren Zusammenhalt definiert sich das Konvolut ihrer Einzelgebiete fast nur noch durch Äußerlichkeiten und Symbole: durch dicke Programmbücher, die das kulturelle Gewicht ihrer Veranstaltungsreihen versinnbildlichen sollen, und durch ein kleines stilisiertes Fenster auf den Eintrittskarten, das für das einstige kulturpolitische Anliegen eines weltoffenen Festivals steht.

Es gibt musikalische Großereignisse, die so sehr von ihrer historischen Einmaligkeit leben, dass das konkrete Resultat beinahe unerheblich ist. Jedenfalls käme man sich ziemlich kleinlich vor, wollte man den musikalischen Gewinn bemessen, den das gemeinsame Konzert der Scorpions mit dem Berliner Philharmonischen Orchester auf der Expo in Hannover abgeworfen hat.

Von Kai Müller

Nach gut vier Jahren Bauzeit wird am kommenden Mittwoch das Sony-Center am Potsdamer Platz mit einer großen Feier eröffnet. Zu den Festrednern des "Grand Opening" gehören Bundeskanzler Gerhard Schröder, Sony-Chef Norio Ohga und Stararchitekt Helmut Jahn.

Diesmal war das Europakonzert für die Philharmoniker ein Heimspiel. Es wurde also nicht, wie in den Jahren zuvor, fürs Fernsehpublikum aus Versailles, Stockholm oder Krakau übertragen, sondern kam beim zehnten Male aus den eigenen heiligen Scharoun-Hallen.

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