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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und  Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Mai 2022 in Berlin

© dpa/Michael Kappeler

„Isoliert“ am Pranger Europas: Deutschland muss die Belange der EU-Partner mitdenken

Die Bundesregierung verprellt mit mangelnden Absprachen die Partner in der EU. Das muss sich ändern, sonst ist der außenpolitische Schaden unverantwortlich groß.

Eine Kolumne von Christoph von Marschall

Autsch! Was enge Verbündete über uns Deutsche sagen, tut richtig weh. Es sei „nicht gut für Europa“, wenn Deutschland „sich isoliert“, kritisiert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Kurs der Ampel.

Auf die Frage, ob die östlichen Aliierten der deutschen Zusage trauen, sie im Kriegsfall zu verteidigen, weichen Minister aus Estland und Lettland beim Koerber-Forum, einer Konferenz zur Außenpolitik in Berlin, aus.

Bei einem Sicherheitsforum in Warschau hatte Polens Europaminister Konrad Szymanski ähnlich reagiert und ungewöhnlich hart über die deutsche Waffenhilfe an die Ukraine geurteilt: „Das Zögern mancher Staaten ist ein Sicherheitsrisiko.“

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Italiens Ex-Premier Mario Draghi nannte Berlins Vorgehen bei der Gaspreisbremse unsolidarisch. Er warnte vor einem nationalen „Alleingang“, der zu „gefährlichen Verzerrungen des Binnenmarkts“ führt.

Ist Berlins Europa-Rhetorik Heuchelei?

Deutschland sieht sich selbst als proeuropäische Macht. Ist das in den Augen der Partner Heuchelei?

Das Problem liegt weniger in den inhaltlichen Entscheidungen der Bundesregierung als in ihrem machtbewussten Vorgehen und der mangelnden Abstimmung in der EU.

Macron ist verärgert darüber, dass Berlin die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nicht in gemeinsame europäische Projekte investiert, sondern kauft, was auf dem Markt ist. Also Kampfjets sowie andere Güter aus den USA. Und eine europäische Luftabwehr ohne Frankreich plant. So wird nichts aus Europas „Strategischer Autonomie“, die für Paris weniger Abhängigkeit von Amerika bedeutet.

Mit Blick auf die deutschen Interessen handelt die Ampel richtig. Es herrscht Krieg, der Bundeswehr fehlt es an vielem. Da ist es vernünftig, die Lücken rasch zu füllen und nicht auf europäische Zukunftsprojekte für Flugzeuge und Fahrzeuge zu warten, die nach aller Erfahrung noch viel später liefern als geplant. Doch Absagen an französische Wünsche müssen so kommuniziert werden, dass Macron sie nicht als Affront empfindet.

Auch die deutsche Ukrainehilfe ist nicht so schlecht, wie viele suggerieren. Die Ampel tut ungleich mehr als Frankreich oder Italien, wenn auch – gemessen an deutschen Möglichkeiten – weniger als die USA, Großbritannien, Polen oder die Balten. Warum steht nur Berlin am Pranger?

Es stimmt natürlich, dass die Weigerung, die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern zu erlauben, die Verbündeten irritiert. Leos sind aus vielen Gründen die bessere Lösung als amerikanische Abrams oder französische Leclerc. Eine Koalition aus europäischen Staaten könnte sie liefern, dann würde Deutschland sich nicht alleine exponieren.

Scholz verschärft mit Gaseinkäufen die Probleme

Draghis Vorwurf trifft zu: Für das Ziel, die Gasspeicher vor Wintereinbruch zu füllen, zahlt Deutschland Preise, die andere sich nicht leisten können. Es verschärft damit die Probleme für seine Partner.

Auch hier wäre eine bessere Abstimmung in Europa nötig. Und ein gemeinsamer Gaseinkauf ein Weg, damit Deutschland nicht so viel Unmut auf sich zieht.

Da liegt der Kern des Problems: Deutsche betonen gerne, dass nationale Lösungen in einer vernetzten Welt nicht mehr funktionieren, sondern nur europäische. Doch im Handeln beherzt weder die Ampel die Maxime, noch tat es die Merkel-Regierung.

Deutschland muss besser darin werden, die Belange seiner Partner mitzudenken, wenn es nationale Entscheidungen trifft. Sonst wird der außenpolitische Schaden unverantwortlich groß.

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