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AfD-Bundesvorsitzender Tino Chrupalla (l.) und Fraktionsmitglied Maximilian Krah unterhalten sich vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags.

© dpa/Kay Nietfeld

Exklusiv

AfD unter Druck: Mehrheit der Deutschen für Verbotsverfahren

Ein Verfassungsschutz-Gutachten erkennt in der AfD eine rechtsextremistische Partei. Die Rufe nach einem Verbot werden lauter. Der Hardliner Krah gerät auch juristisch unter Druck.

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Eine deutliche Mehrheit der Deutschen ist für ein AfD-Verbotsverfahren. In einer repräsentativen Befragung des Umfrageinstituts Insa, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, sind 53 Prozent der Teilnehmer dafür, dass ein Verbot der Partei beim Bundesverfassungsgericht beantragt wird. Nur 38 Prozent der 1000 befragten Personen sprechen sich in der Umfrage im Auftrag der Nichtregierungsorganisation Avaaz dagegen aus.

Selbst 14 Prozent der AfD-Wähler sind dafür, dass die Karlsruher Richter über ein Verbot der Partei entscheiden. Fast drei Viertel der Anhänger aller übrigen im Bundestag vertretenen Parteien votieren für ein Verbotsverfahren. Besonders groß ist die Zustimmung unter Wählern der Grünen und der SPD mit 85 und 79 Prozent. Aber auch 65 Prozent der CDU-Wähler und 71 Prozent der Linke-Wähler sind dafür.

Länder prüfen Verfassungsschutz-Gutachten

Beantragen könnten ein Verbot der AfD, die der Verfassungsschutz in einem Gutachten als rechtsextremistisch eingestuft hat, Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Angesichts des Umfrageergebnisses forderte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Antragsberechtigten auf, nach einer sorgfältigen Abwägung über die Einleitung eines Verbotsverfahrens zu entscheiden.

„Die Länder, der Bundestag und die Bundesregierung müssen jetzt das 1100-seitige Gutachten des Verfassungsschutzes auf Herz und Nieren prüfen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Nur wenn ein Verbotsverfahren eine gute Aussicht auf Erfolg hat, sollte man es anstrengen.“

Nach Tagesspiegel-Informationen liegt das Gutachten inzwischen den Landesämtern für Verfassungsschutz zur Prüfung vor. Veröffentlicht wurde das Gutachten bisher nicht, Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erwägt, dies nun zu ändern.

Der „Spiegel“ und die „Bild“-Zeitung konnten das Gutachten bereits einsehen. Demnach werfen die Verfassungsschützer der AfD ein „völkisch-abstammungsmäßiges Gesellschafts- und Volksverständnis“ vor, wofür zahlreiche Belege angeführt werden.

Weil sieht Verbotsverfahren nicht als alleinige Lösung

Stephan Weil betonte dennoch die Risiken eines Verbotsverfahrens. „Natürlich wünschen sich viele ein Verbot der AfD, das Problem rechtsextremistischer und ausländerfeindlicher Haltungen ist damit allerdings nicht erledigt“, sagte er. Langfristig helfen nur gute Politik der anderen Parteien und eine höhere gesellschaftliche Sensibilität gegen Ausländerfeindlichkeit und alle anderen Formen von Ausgrenzung.

Natürlich wünschen sich viele ein Verbot der AfD, das Problem rechtsextremistischer und ausländerfeindlicher Haltungen ist damit allerdings nicht erledigt.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah, dessen Äußerungen der Verfassungsschutzbericht unter anderem für die Einstufung der AfD heranzieht, gerät unterdessen auch juristisch unter Druck. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden eröffnete am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen ihn. 

Es steht im Zusammenhang mit möglichen chinesischen Zahlungen, wie die Behörde auf Anfrage mitteilte. Die Immunität des Bundestagsabgeordneten soll deshalb aufgehoben werden. Krah weist die Vorwürfe zurück. 

Spionage für China?

Die Tatvorwürfe beziehen sich laut Generalstaatsanwaltschaft auf seine Zeit als Abgeordneter im EU-Parlament. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Die Behörde will ermitteln, ob „genügender Anlass zur Erhebung einer Anklage besteht oder das Verfahren einzustellen ist.“ Es gelte die Unschuldsvermutung. Krah schrieb auf X, die Vorwürfe seien absurd und politisch motiviert.

Schon Monate vorher hatten Medien wie die „Süddeutsche Zeitung“ und „t-online“ auch über Verbindungen und Reisen Krahs nach China berichtet und in dem Zusammenhang auch über einen seiner Mitarbeiter im Europaparlament – Jian G., der möglicherweise im Auftrag Chinas handele.

G. wurde vor gut einem Jahr festgenommen. Die Bundesanwaltschaft hat ihn mittlerweile auch angeklagt, ihm droht der Prozess. Er soll seit 2002 für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet, Informationen über Verhandlungen im Europäischen Parlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. (mit dpa)

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