zum Hauptinhalt
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem Flug nach Kanada: Die Bilder sorgten für Empörung.

© dpa / Kay Nietfeld

Maskenpflicht in Flugzeugen soll fallen: Ein Punktsieg für die FDP dank Habeck und Scholz

Die Ampel-Parteien einigen sich bei der Maskenpflicht auf einen Kompromiss. Grund dafür ist auch der Flug von Bundeskanzler und Wirtschaftsminister nach Kanada.

Stand:

Es ist ein Punktsieg für die FDP, den sie wohl vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, und Wirtschaftsminister Robert Habeck, Grüne, zu verdanken hat: Die Corona-Maskenpflicht in Flugzeugen von und nach Deutschland soll zum Herbst vorerst entfallen, anders als bisher im Kompromiss von Justizminister Marco Buschmann, FDP, und Gesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD, vorgesehen.

Der neue Kompromiss ist nämlich auch eine Folge des maskenfreien Flugs des Kanzlers und Vizekanzlers Ende August nach Kanada. Die Bilder aus dem Regierungsflieger sorgten für Kritik, vor allem aus der FDP. „Elitäre Doppelmoral“, urteilte damals Vize-Bundestagschef und liberaler Haudegen Wolfgang Kubicki. Auch Alexander Graf Lambsdorff, sonst weniger für provokante Äußerungen bekannt, schrieb auf Twitter, als „Demokrat und Staatsbürger“ wisse er, dass es nach diesen Bildern nicht bei einer Maskenpflicht in anderen Flugzeugen bleiben könne.

FDP und Lufthansa freuen sich über Neuregelung

Nun also soll sie aufgehoben werden, die Regierung aber behält sich vor, sie im Zweifelsfall schnell wieder einzuführen. Eine Maskenpflicht für Passagiere und Bordpersonal soll durch eine Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrats durch die Bundesregierung verhängt werden können.

Die FDP-Fraktion begrüßt die neue Regelung. „Das Maskentragen muss außerhalb der vulnerablen Gruppen über kurz oder lang wieder eine individuelle Entscheidung werden“, sagt die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus dem Tagesspiegel. Das Wegfallen der Maskenpflicht im Flieger sei ein weiterer Schritt in diese Richtung. „Zu eigenverantwortlichem Handeln gehört, dass jeder selbst entscheiden kann, ob er eine Maske trägt, oder nicht.“

In anderen Ländern gilt die Maskenpflicht in Flugzeugen schon länger nicht mehr, auch deswegen plädierte die FDP-Fraktion für eine Aufweichung der Maskenpflicht. „Wir wollen europäisch einheitliche Regeln. Alles andere stößt bei den Menschen zurecht auf Unverständnis“, sagt Aschenberg-Dugnus.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bleibt vehementer Verfechter der Maske

© IMAGO/Christian Spicker

Auch die Lufthansa freut sich über die Neuregelung. „Wie froh sind unsere Mitarbeiter, die nicht mehr Maskenpolizei spielen müssen“, sagte Konzernchef Carsten Spohr. „Und wie froh sind täglich knapp 300.000 Fluggäste, die nirgendwo sonst mehr eine Maske tragen mussten, weil es jede andere Airline ignoriert hat.

Anders sehen das die Sozialdemokraten, die eine Maskenpflicht auch in Flugzeugen eigentlich nach wie vor für sinnvoll halten. Immerhin soll es als Ausgleich künftig eine FFP2-Maskenpflicht in Arztpraxen geben. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese sagte der „Rheinischen Post“ es sei ein „guter und vernünftiger Kompromiss“, der Maskenverzicht sei „fachlich begründbar und nachvollziehbar“ sei. Begeisterung klingt anders, einen Streit über die Maskenpflicht in der Koalition will aber auch die SPD-Fraktion vermeiden.

CSU und Linke kritisieren Ampel-Regierung

Streit in der Ampel-Koalition zu vermeiden ist nun gerade nicht das Ziel der CSU. Sie übte deutliche Kritik an der geplanten Lockerung. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagte, die Ampel mache sich mit ihrem „konfusen Corona-Kurs“ lächerlich. „Wer soll den Bundesgesundheitsminister noch ernst nehmen, wenn er jetzt schon wieder vor der FDP einknickt?“ Niemand bestreite ernsthaft, dass Masken in Flugzeugen ein wirksamer Schutz vor Infektionen sein könnten. „Dies gilt vor allem dann, wenn alle Anwesenden eine Maske tragen. Hinzu kommt: Es ist für Flugreisende durchaus zumutbar, auf diese Weise sich und vor allem andere zu schützen.“

Ähnlich äußerte sich in seltener Einigkeit mit der CSU die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kathrin Vogler: „Wer soll verstehen, dass es in Bussen und Bahnen weiterhin eine Maskenpflicht gibt, in Flugzeugen aber nicht? So wird das Vertrauen der Bevölkerung in den Sinn der Schutzmaßnahmen weiter ruiniert“, sagt sie dem Tagesspiegel. Gesundheitsminister Lauterbach sei vom Herbst überrascht worden, das sei ein „Armutszeugnis“ für den ehemaligen Mahner. „Richtig wäre gewesen, das Maßnahmenpaket bereits im Frühjahr vorzubereiten und unter Beteiligung von Fachleuten und Öffentlichkeit breit zu diskutieren, anstatt durch Schnellschüsse in letzter Minute wieder Inkonsistenzen und Fehler zu organisieren.“

Anders als die Schwesterpartei CSU wollte sich die CDU-Bundestagsfraktion auf Anfrage des Tagesspiegels nicht zu den neuen Regeln äußern – die Meinungsbildung dazu sei noch nicht abgeschlossen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })