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Auch Impfgegner wie dieser Mann im Kostüm nahmen an der Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen teil.

© Christoph Soeder/dpa

"Gemeingefährlich", "ignorantes Verhalten": Bundesweite Kritik an Berliner Großdemo gegen die Corona-Regeln

Politiker stellen Polizeikonzept des Senats infrage. Konstantin von Notz (Grüne) nennt das Verhalten der Demonstranten "gemeingefährlich".

Viele Politiker haben sich am Tag nach der Berliner Großdemonstration gegen die Corona-Regeln der Bundesregierung entsetzt über die Unvernunft der Teilnehmer gezeigt und schärfere Maßnahmen gegen Verstöße gefordert. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) pochte auf die Einhaltung der Auflagen zum Corona-Schutz: „Mir fehlt jedes Verständnis für Demonstranten, die sich hierüber selbstherrlich hinwegsetzen“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. Zugleich hob sie hervor, es sei für die Demokratie wichtig, dass Demonstrationen wieder stattfinden könnten. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, forderte, die Ordnungsbehörden sollten stärker auf detaillierte Hygienekonzepte bei Demonstrationsgenehmigungen drängen. „Die exakte Umsetzung muss mit empfindlichen Geldbußen für die Organisatoren verbunden werden.“

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Trotz steigender Infektionszahlen hatten am Samstag Tausende Menschen in Berlin gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie protestiert. Da bereits während der Demonstration die Hygieneregeln nicht eingehalten wurden, stellte die Polizei Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung. Weil auch auf der anschließenden Kundgebung viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versammlung aufzulösen – das dauerte bis in die Nacht hinein.

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Bei dieser Demonstration und weiteren Protestaktionen in Berlin sind nach Polizeiangaben insgesamt 45 Einsatzkräfte verletzt worden. Auch Journalisten wurden teils aggressiv angegangen. Neben der Corona-Kundgebung fand im Bezirk Neukölln eine Demonstration gegen Räumungen und Abschiebungen statt, außerdem eine nicht angemeldete Versammlung im Stadtteil Prenzlauer Berg.

Auch aus der Opposition gab es scharfe Kritik. Das „ignorante Verhalten“ der Teilnehmer sei durch nichts zu rechtfertigen, sagte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae dem Tagesspiegel. Dass bei Einsätzen Polizeibeamte verletzt wurden, sei zutiefst erschütternd. „Es ist wichtig, dass die Täter ausfindig gemacht und mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden.“ Ein solches Verhalten könne nicht geduldet werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Müller zeigt sich "maßlos verärgert"

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte dem Tagesspiegel, hier gehe es längst nicht nur um eine Selbstgefährdung. „In einer Pandemie ist so ein Verhalten im wahrsten Sinne gemeingefährlich“, sagte er. Es sei aber „keine Option“, das verfassungsrechtlich garantierte Demonstrations- und Versammlungsrecht kurzfristig zu ändern. „Aber natürlich können und müssen die Genehmigungsbehörden die aktuelle Lage im Blick haben und Verbote und Auflagen entsprechend anpassen“, sagte er. Wenn es zu Verstößen gegen Auflagen komme, müsse entschlossen vorgegangen werden. Linken-Chefin Katja Kipping bezeichnete die Proteste gegen die Corona-Auflagen als „Aufruf zur Rücksichtslosigkeit“. Es sei bekannt, dass insbesondere kränkere, ältere und einkommensschwächere Menschen stärker unter dem Virus litten, sagte sie im ZDF.

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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sich „maßlos verärgert“ darüber gezeigt, dass Menschen aus anderen Teilen Deutschlands nach Berlin kämen, um ein Demonstrationsrecht auf Grundlage von Hygieneregeln wahrzunehmen, die sie dann missachteten. Kritik an Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) kam von den Grünen. Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann deutete auf Twitter an, die Verstöße gegen die Hygienevorschriften seien absehbar gewesen. „Was soll die Empörung?“, schrieb sie in Richtung des Regierenden Bürgermeisters. „Sein Innensenator hatte es in der Hand und entschied sich für den falschen Weg.“

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Insgesamt waren am Samstag 1100 Polizisten im Einsatz. Unterstützungseinheiten von der Bundespolizei oder aus anderen Ländern waren trotz der Großanlage nicht angefordert worden. „Für uns gibt es nach der jetzigen Kenntnislage keinen Grund an der Angemessenheit des Handelns der Polizei zu zweifeln“, sagte der Sprecher des Innensenators am Sonntag. „Die Polizei hat sich angemessen und rechtsstaatlich verhalten.“

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