zum Hauptinhalt
SPD-Chefin Bärbel Bas wird aus der Union scharf kritisiert.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

„Eine Fehlbesetzung im Amt“: Union und Handwerk kritisieren Arbeitsministerin Bas

Der Rentenstreit ist noch nicht beigelegt, da gibt es schon neuen Ärger bei CDU und CSU über SPD-Chefin Bärbel Bas. Auslöser ist ihre Grundsatzkritik an den Arbeitgebern. Auch die sind mehr als irritiert.

Stand:

Äußerungen von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas sorgen für neuen Ärger in der schwarz-roten Koalition. Auf dem Bundeskongress der Jusos hatte die SPD-Vorsitzende am Wochenende in der Debatte über Sozialstaatsreformen den Arbeitgebern eine Kampfansage gemacht.

Bas sagte bei dem Treffen der Nachwuchsorganisation, dass ihr auf dem Arbeitgebertag in der vergangenen Woche besonders deutlich geworden sei, „gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“. Für sie sei es ein „Schlüsselerlebnis“ gewesen, dass die Unternehmer sie ausgelacht hatten, als sie dort die Rentenreform mit dem Hinweis verteidigte, dass die hohen Kosten nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln gedeckt würden.

Bas echauffierte sich in ihrer Rede über die „Herren in ihren bequemen Sesseln“, von denen „der ein oder andere im Maßanzug“ im Saal gewesen sei. „Während sie lachten, habe ich allerdings an die Menschen gedacht, die auf unsere Solidarität angewiesen sind“, sagte Bas bei den Jusos.

Beim Koalitionspartner kommt ihre Rede überhaupt nicht gut an. „Die Bundesarbeitsministerin hat sich auf dem Juso-Parteitag zu einem Kampfgeschrei gegen Arbeitgeber hinreißen lassen, das sie dringend öffentlich korrigieren muss“, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Christian von Stetten, dem Tagesspiegel.

Ich habe sehr viele Nachrichten zu diesem Thema bekommen.

Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, über Bärbel Bas’ Äußerungen

Gegenüber der „Bild“ ging von Stetten, der auch Chef des mächtigen Parlamentskreises Mittelstand ist, noch weiter: „Wenn die Arbeitsministerin öffentlich zum Kampf gegen Arbeitgeber aufruft, ist sie eine Fehlbesetzung im Amt.“

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußerte sich zu Bas. „Ich habe sehr viele Nachrichten zu diesem Thema bekommen“, sagte er nach der Präsidiumssitzung und betonte, die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften habe Deutschland groß gemacht. „Ich würde mich freuen, wenn es eine Klarstellung der Bundesarbeitsministerin gibt“, sagte Linnemann.

Ähnlich äußerte sich auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Sepp Müller. Für gut bezahlte Arbeit gebe es eine grundlegende Voraussetzung, nämlich Unternehmen, die stark genug seien, um überhaupt Wohlstand zu schaffen.

„Deshalb dürfen Volksparteien die gesellschaftlichen Gräben nicht weiter vertiefen. Was nötig ist, sind Brücken – nicht neue Mauern und nicht das reflexhafte Ausrufen immer neuer Gegner, nur um auf Parteitagen Beifall zu ernten“, sagte Müller dem Tagesspiegel mit Blick auf die SPD-Vorsitzende.

Er warb für einen anderen Ton in der Debatte. „Die wirtschaftliche Krise lässt sich nur überwinden, wenn Staat und Tarifpartner geschlossen handeln. Diesen Weg wollen wir als Union entschlossen gehen.“

Handwerkspräsident: Bas gefährdet Vertrauen

Im Arbeitgeberlager lösten die Aussagen der Arbeitsministerin ebenfalls eine Welle von Kritik aus. „Wer Arbeitgeber pauschal zu Gegnern erklärt, stellt sich gegen diejenigen, die Arbeitsplätze und Werte schaffen, die jeden Tag ausbilden und gemeinsam mit ihren Beschäftigten den Wohlstand dieses Landes sichern“, sagte Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), dem Tagesspiegel. Genau das habe Bas getan.

In Deutschland sind rund 5,6 Millionen Menschen im Handwerk tätig. Das ist mehr als jeder zehnte Arbeitnehmer. Die Branche bildet aktuell über 342.000 junge Menschen aus.

Zwar hatte Dittrich Verständnis dafür, dass man als SPD-Chefin vor dem Parteinachwuchs auch mal deutliche Worte findet. Jedoch stellte der Dachdeckermeister klar: „Einen tragenden Teil in der Sozialpartnerschaft zum zu bekämpfenden Gegner zu erklären, Beifall bei der eigenen Klientel haschend Klischees vom Unternehmertum zu befeuern und derart Spaltung voranzutreiben, schießt weit über jedes denkbare Ziel hinaus und gefährdet Vertrauen, Wettbewerbsfähigkeit und den Zusammenhalt unseres Landes.“

Auch beim Bundesverband der Arbeitgeber (BDA), der die Veranstaltung mit Bas am vergangenen Dienstag ausgerichtet hatte, reagierte man empört. „Ein Aufruf zum Kampf gegen Arbeitgeber ist in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos und mit diesem Grundverständnis nicht vereinbar“, sagte BDA-Präsident Rainer Dulger.

Die Behauptung, Arbeitgeber würden nur an sich denken, sei schlicht falsch. „Wir Arbeitgeber stehen bereit für einen konstruktiven Dialog zum Wohle unseres Landes“, sagte Dulger: „Es liegt an der Bundesregierung, ob sie dieses Angebot annimmt.“

Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Tanja Gönner, wies darauf hin, dass Deutschland „in einer der schwersten Wirtschaftskrisen“ stecke. „In einer solchen Zeit erwarten wir von allen Mitgliedern der Bundesregierung, dass sie in politisch schwierigen Debatten nicht den Weg der Polarisierung suchen, sondern den sachlichen Austausch über konkrete Lösungen unterstützen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })