zum Hauptinhalt
Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des Atomkraftwerks (AKW)

© dpa / Armin Weigel/dpa

„Wenn Krankenhäuser nicht mehr arbeiten können“: Grünen-Politikerin Göring-Eckardt erwägt Streckbetrieb der Atomkraftwerke

Die Union sieht eine längere Akw-Laufzeit als unvermeidbar, um die drohende Gasknappheit abzufedern. Die Ampel zeigt sich für einen Streckbetrieb offen.

Seit die Bundesregierung den neuen Test der Stromversorgung angekündigt hat, scheint nicht mehr komplett ausgeschlossen, dass die Kernkraftwerke doch noch länger am Netz bleiben könnten. Die Union forderte nun eine schnelle Entscheidung der Ampel-Koalition, die deutschen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus am Netz zu behalten.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte der „Bild“-Zeitung vom Montag, es müsse jetzt zügig gehen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) müsse alles tun, um die Energielücke im nächsten Winter zu schließen. Dazu gehöre neben Energiesparen vor allem das Heben des Biogasdeckels und längere Akw-Laufzeiten.

Grüne schließen den Weiterbetrieb in Notsituation nicht aus

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) schließt einen sogenannten Streckbetrieb von Atomkraftwerken in Deutschland über das Jahresende hinaus nicht aus. Ein solcher Betrieb würde bedeuten, dass die Leistung der Atomkraftwerke gedrosselt wird, damit sie mit den vorhandenen Brennstäben auch über das derzeit geplante Abschaltdatum hinaus weiterlaufen können.

Im zehn Meter tiefen Abklingbecken werden die verbrauchten Brennstäbe fünf Jahre lang gelagert, bis sie ins Zwischenlager auf dem Gelände transportiert werden können.
Im zehn Meter tiefen Abklingbecken werden die verbrauchten Brennstäbe fünf Jahre lang gelagert, bis sie ins Zwischenlager auf dem Gelände transportiert werden können.

© Ingo Wagner dpa

Auf die Frage, ob die Grünen einen Streckbetrieb zulassen würden, sagte sie am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“: „Wenn es dazu kommt, dass wir eine wirkliche Notsituation haben, dass Krankenhäuser nicht mehr arbeiten können, wenn eine solche Notsituation eintritt, dann müssen wir darüber reden, was mit den Brennstäben ist.“

Zugleich machte sie klar: „Eine Laufzeitverlängerung wird es nicht geben.“ Es gebe aber ein „Sonderproblem“ in Bayern. Die Frage sei, wie man damit umgehe. „Dieses Sonderproblem kann heißen, dass diese Brennstäbe nur ausgebrannt werden müssen, damit man in Bayern über die Runden kommt.“ Aber „über die Runden kommen“ heiße nicht, dass man so weitermachen könne wie in der Vergangenheit, betonte sie.

Göring-Eckardt spricht von „wahnsinnig gefährlicher Technologie“

In Bayern wird befürchtet, dass dort die Elektrizitätsversorgung bei einer Gasnotlage ohne Atomkraft nicht gesichert sein könnte. Die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke Neckarwestheim 2, Emsland und Isar 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember abgeschaltet werden.

News Bilder des Tages Katrin Göring-Eckardt bei Anne Will 2022-07-24, Deutschland, Berlin. Katrin Göring-Eckardt Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsvizepräsidentin, zu Gast bei Anne Will im Ersten. Thema der ARD-Politik-Talkrunde: Weiter abhängig von Putins Gas - Wie schafft Deutschland die Energiewende *** Katrin Göring Eckardt at Anne Will 2022 07 24, Germany, Berlin Katrin Göring Eckardt Bündnis 90 Die Grünen , Bundestagsvizepräsidentin, zu Gast bei Anne Will im Ersten Thema der ARD Politik Talkrunde Weiter abhängig von Putins Gas Wie schafft Deutschland die Energiewende
News Bilder des Tages Katrin Göring-Eckardt bei Anne Will 2022-07-24, Deutschland, Berlin. Katrin Göring-Eckardt Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsvizepräsidentin, zu Gast bei Anne Will im Ersten. Thema der ARD-Politik-Talkrunde: Weiter abhängig von Putins Gas - Wie schafft Deutschland die Energiewende *** Katrin Göring Eckardt at Anne Will 2022 07 24, Germany, Berlin Katrin Göring Eckardt Bündnis 90 Die Grünen , Bundestagsvizepräsidentin, zu Gast bei Anne Will im Ersten Thema der ARD Politik Talkrunde Weiter abhängig von Putins Gas Wie schafft Deutschland die Energiewende

© IMAGO/Jürgen Heinrich

Ein Streckbetrieb gilt als nicht einfach: Die Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft waren in einer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die drei Meiler mit den vorhandenen Brennstäben nach dem 31. Dezember nur dann weiterlaufen könnten, wenn ihre Stromerzeugung vorher gedrosselt würde.

Göring-Eckardt verwies darauf, dass Deutschland im Moment Strom nach Frankreich exportiere. Dort könnten die Atomkraftwerke nicht mehr arbeiten, weil sie nicht heruntergekühlt werden könnten. „Die Atomkraft, das muss man einfach noch mal klar sagen, ist eine wahnsinnig gefährliche Technologie in unterschiedlicher Weise.“

Esken: Bei Atomlaufzeiten „nicht ideologisch unterwegs“

SPD-Chefin Saskia Esken betont in der Debatte eine sachliche Herangehensweise. „Wir sind an der Stelle nicht ideologisch unterwegs“, sagte Esken am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“.

„Aber ganz klar ist auch: Alle Argumente, die bisher gegen die Atomkraft gesprochen haben und die dazu geführt haben, dass wir den Ausstieg beschlossen haben (...), die gelten ja weiterhin.“ Es sei immer noch keine Lösung gefunden für die Endlagerung des Atommülls, „und viele andere Fragen sind auch nicht geklärt“.

Esken verwies auf den angekündigten neuen Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung: „Das Wirtschaftsministerium als Teil der Bundesregierung hat ja schon zu Beginn des Jahres eine Abschätzung dazu vorgenommen und wird jetzt nochmals prüfen, inwieweit Streckbetriebe und ähnliches, was da vorgeschlagen wird, hilfreich sein können.“

Laufzeit läuft Ende des Jahres ab

Die drei verbliebenen Meiler Neckarwestheim 2, Emsland und Isar 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember abgeschaltet werden. An der Nettostromerzeugung in Deutschland haben sie im laufenden Jahr einen Anteil von rund sechs Prozent. Mit Erdgas wurden bisher etwa zehn Prozent des Stroms erzeugt. Zuletzt wurden deshalb Rufe nach einer längeren Nutzung in Deutschland produzierter Atomenergie für die Stromerzeugung lauter, als Ausgleich für fehlende Gaslieferungen aus Russland.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betont indes immer wieder, dass der Hauptmangel nicht beim Strom drohe, sondern bei Gas und Wärme für die Industrie - und dass Atomkraftwerke dafür keine Abhilfe schafften. Der Stresstest soll klären, ob die Stromversorgung in Deutschland auch unter verschärften Bedingungen gesichert ist. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false