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Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei

© dpa/Axel Heimken

Exklusiv

„Gute Politik erklärt sich von selbst“: FDP-Vize Kubicki kritisiert Scholz für Medienschelte

Im Tagesspiegel-Interview kritisierte der Bundeskanzler, die Medien würden die Politik der Ampel nicht richtig erklären. Selbst in seiner Koalition kommt das nicht gut an.

Stand:

Der Frust des Bundeskanzlers war groß: „Wir machen hier (...) keine neue Folge von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ – es geht doch um Politik“, sagte Olaf Scholz im Tagesspiegel-Interview, in dem er sich immer wieder über die Medien ärgerte.

Sein Vorwurf: Die Journalisten würden die Bürger nicht ausreichend über die Inhalte der Arbeit der Bundesregierung informieren: „Zu oft wird nur berichtet: Wer tritt wie auf? Wer benimmt sich daneben? Wer sieht hübsch aus oder formuliert besonders clever?“, sagte Scholz. 

Doch selbst bei seinen Koalitionspartnern kommt das nicht gut an. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte dem Tagesspiegel: „Gute Politik erklärt sich von selbst.“

Auch Grünen-Politiker Anton Hofreiter kritisierte Scholz’ Äußerung: „Natürlich kann man diskutieren, ob medial manchmal zu viel über die Performance und zu wenig über Inhalte berichtet wird. Es ist aber nicht die Rolle von aktiven Politikerinnen und Politikern, diese Debatte zu führen.“

Der Journalistenverband wittert niedere Motive

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Mika Beuster, will den Vorwurf von Scholz so nicht stehenlassen: „Aufgabe eines Bundeskanzlers ist es, Politik zu machen, zu erklären und die Fragen von Journalisten zu beantworten“, sagte er dem Tagesspiegel. Dies sei die „Bringschuld“ eines Kanzlers.

Massive Medienschelte wird seine Umfragewerte nicht nach oben schießen lassen.

Der DJV-Vorsitzende Mika Beuster kritisiert den Kanzler.

Dass sich Scholz an der Presse abarbeitet, missfällt Beuster: „Der Eindruck entsteht: Scholz duckt sich vor kritischen Fragen weg.“ Er kritisiert den Kanzler scharf: „Die Probleme auf die Journalisten abzuwälzen, ist dem Amt des Bundeskanzlers unwürdig – denn er trägt schließlich die Verantwortung für seine Politik. Massive Medienschelte wird seine Umfragewerte nicht nach oben schießen lassen.“

Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel. „Der Kanzler macht sich lächerlich, wenn er für das Chaos in seiner eigenen Regierung nun die Presse verantwortlich macht“, sagte Winkel dem Tagesspiegel. „Die Bürger werden sich kaum durch Medienschelte von seinem Führungsversagen ablenken lassen.“

Scholz’ Umfragewerte sind miserabel

Auch Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler, kritisierte Scholz scharf. „Der Kanzler leidet an dramatischem Realitätsverlust. Er fabuliert von einem Wirtschaftswunder, obwohl die Unternehmen in großem Stil Deutschland verlassen und sieht sich jetzt als Opfer, obwohl das ganze Land unter seiner Nicht-Führung implodiert“, sagte Aiwanger, der auch stellvertretender bayrischer Ministerpräsident ist, dem Tagesspiegel. „Niemand hatte geglaubt, dass man innerhalb drei Jahren soviel ruinieren kann. Viel zu lange haben die Medien dieses Drama vertuscht.“

Tatsächlich sind die Umfragewerte für Scholz miserabel. Im aktuellen ZDF-Politbarometer gaben 74 Prozent aller Befragten an, er solle nicht noch einmal als Kanzlerkandidat für die SPD antreten. Selbst unter den Anhängern der Sozialdemokraten sagte eine Mehrheit (49 zu 47 Prozent), Scholz solle 2025 verzichten.

Aktuell hätte Scholz auch keine realistische Machtoption, denn die Ampel-Parteien sind mit zusammen 30 Prozent weit von einer Mehrheit entfernt. Im Politbarometer kommen CDU und CSU dagegen allein auf 33 Prozent der Stimmen unter den Befragten.

Im Tagesspiegel-Interview äußerte sich Scholz dennoch optimistisch: „Ich rechne fest damit, dass die SPD und ich 2025 ein so starkes Mandat bekommen, dass wir auch die nächste Regierung anführen werden.“

Die Ampel habe etwa bei der Migration, der Planungsbeschleunigung oder beim Ausbau der Erneuerbaren geliefert, so Scholz. Allerdings würde das nicht ausreichend gewürdigt: „Mich ärgert es, wenn die Betrachtung von Politik sich auf den Theaterdonner, der bei der Durchsetzung jeder entschiedenen Reform zu hören ist, konzentriert und bei der Berichterstattung die Inhalte kaum eine Rolle spielen“, so Scholz.

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