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Die Linke ist im Aufwind, die Grünen stagnieren.

© Sarah Knorr/dpa

Kampf um die Kernklientel: Bei den Grünen geht die Angst vor den Linken um

Der Anstieg der Linkspartei könnte die Grünen entscheidende Stimmen für eine Regierungsbeteiligung kosten. Deswegen geht nun bei ihnen die Angst um – und es wird mit allen Mitteln gewarnt.

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Annalena Baerbock blickt mit ernster Miene in die Kamera. „Wir müssen reden“, sagt die Grünen-Politikerin in einem Video, das ihre Partei wenige Tage vor der Wahl veröffentlicht hat. Es gehe darum, den Rechtsruck zu verhindern, sagt Baerbock in dem Clip, der mit dramatischer Musik unterlegt ist. Ihr Rat: keine Kleinstparteien wählen. „Damit ist deine Stimme verloren“, warnt die Außenministerin.

Im Wahlkampfendspurt geht bei den Grünen die Sorge um, dass ihnen ihre linke Kernwählerschaft davonläuft. Schon bei der Europawahl 2024, als die Grünen sich fast halbierten, verlor die Partei auch zu Gunsten von Kleinstparteien wie Volt. Vor der Bundestagswahl treibt die Parteistrategen nun vor allem der Höhenflug der Linken um.

Auf inzwischen acht Prozent kommen die Linken in aktuellen Umfragen von Forsa, YouGov und der Forschungsgruppe Wahlen. Noch vor Wochen ein undenkbarer Wert. Friedrich Merz sei der „Retter der Linken“, sagte Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck zuletzt über das Comeback, das sich seit der gemeinsamen Abstimmung im Bundestag von Union, FDP und AfD andeutet. Doch inzwischen schwingt auch einige Panik mit. Denn die Stimmen für die Linkspartei könnten die sein, die den Grünen am Ende für eine Regierungsoption fehlen.

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Und so warnen die Grünen inzwischen offensiv vor der linken Konkurrenz: „Eine Partei zu wählen, die von vornherein ausschließt zu regieren, drückt sich vor der Verantwortung, in schwierigen Situationen das Richtige zu tun“, sagt Baerbock etwa in dem Grünen-Video während ein Wahlplakat der Linken eingeblendet wird.

Auch Habeck macht Stimmung gegen die Linkspartei. Es reiche nicht, so Habeck im Podcast „Table Today“, „laut zu sein“, „nur gute Reden zu halten oder die richtigen Dinge zu sagen“, man müsse auch Verantwortung suchen und wollen.

Im Netz mobilisieren die Grünen aktiv gegen die Linken. In kurzen Videos oder sogenannten Sharepics warnen sie davor, dass durch Stimmen für die Linkspartei eine Regierungsbeteiligung der Grünen unwahrscheinlicher werde. Die Reichweite der Beiträge, die etwa auf Facebook oder Instagram ausgespielt werden, vergrößern die Grünen gezielt, indem sie dafür bezahlen.

Die Linke kritisiert diese Art des Wahlkampfs scharf. „Dass in diesen Zeiten die Grünen nun den politischen Gegner bei uns suchen, ist verantwortungslos“, sagt etwa Janis Ehling, Bundesgeschäftsführer der Linken, dem Tagesspiegel. Bei der Wahl drohe eine historisch starke AfD. „Statt sich jetzt schon regierungsbereit für Union zu machen, wünschte ich, dass sie sich mit gleichem Elan mit uns gegen Rechts einsetzen“, sagte Ehling.

Auch bei den Grünen selbst stößt das Vorgehen auf Skepsis. So kurz vor der Wahl will zwar niemand offen Kritik äußern, doch gerade am linken Parteiflügel sieht man sich bestätigt, dass das Wahlkampfteam um Habeck die Kernwählerschaft vergessen habe. Dass man Linken-Wähler nun mit der Aussicht auf eine schwarz-grüne Koalition zurückholen kann, glaubt kaum jemand.

In Friedrichshain-Kreuzberg, wo das Direktmandat seit 2002 von den Grünen gewonnen wurde, wittert Linken-Politiker Pascal Meiser inzwischen seine Chance. „Auch kein Bock auf Schwarz-Grün?“, fragt er im Netz. „Dann Erststimme Pascal Meiser.“ In Prognosen für den Wahlkreis liegt er nur knapp hinter der Grünen-Kandidatin. Ein Linker, der die Grünen-Hochburg erobert? Es wäre das große Debakel.

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