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Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, gibt nach dem Besuch der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Charité Virchow-Klinikum CVK Berlin ein Pressestatement.

© dpa/Jörg Carstensen

„Team Vorsicht“ war gestern: Corona-Welle in China wird zur neuen Herausforderung für Lauterbach

Deutschlands Gesundheitsminister setzt trotz der chinesischen Corona-Welle lediglich auf ein „Varianten-Monitoring“. In anderen EU-Ländern gelten striktere Regeln.

Lange war Karl Lauterbach (SPD) während der Corona-Pandemie beim „Team Vorsicht“ vorne mit dabei. Doch zur Jahreswende twitterte der Gesundheitsminister, er sei „froh, dass die Gefahr durch Corona für uns mittlerweile stark gesunken ist“.

Trotz der Hoffnung, dass die Pandemie nun in eine weniger gefährliche Endemie übergeht, gibt es aber für Lauterbach und seine EU-Amtskollegen derzeit eine neue Herausforderung: die Corona-Welle in China.

Dort explodieren die Corona-Zahlen. Aber trotzdem tun sich die EU-Staaten mit einer einheitlichen Antwort bei den Einreisebestimmungen aus China schwer. An diesem Mittwoch wollen Experten der 27 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel mögliche EU-weite Testungen bei Einreisen aus China erörtern. Es ist aber wahrscheinlich, dass es vorerst beim bestehenden Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen in den EU-Ländern bleibt.

Lauterbach hat vor dem Brüsseler Treffen der Gesundheits- und Innenexperten bislang lediglich vorgeschlagen, an den europäischen Flughäfen ein „Varianten-Monitoring“ einzuführen. So sollen bei Einreisenden aus China mögliche gefährliche Mutanten der derzeit sowohl in Europa als auch in China grassierenden Omikron-Variante identifiziert werden.

Andere EU-Länder haben längst schärfere Maßnahmen ergriffen: In Frankreich, Spanien und Italien gilt für Flugpassagiere aus China eine Testpflicht.

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Wenn Lauterbach eine solche Testpflicht ablehnt, kann er sich einerseits durch eine Einschätzung bestätigt fühlen, welche die EU-Gesundheitsbehörde ECDC am Dienstag veröffentlichte. Dort heißt es, dass die in China vorherrschenden Corona-Varianten bereits in der EU verbreitet seien. Daher stellten diese für die Immunantwort der hiesigen Bevölkerung keine Herausforderung dar. Zudem wird auf die vergleichsweise hohe Impfrate in den EU-Staaten verwiesen. Aus diesem Grund empfiehlt die ECDC derzeit keine Testpflicht für Einreisende aus China.

Ganz anderer Ansicht ist hingegen Johannes Nießen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes. „Jeder Reisende aus China sollte bei der Einreise in die EU per Schnelltest getestet werden“, sagte er der Funke-Mediengruppe. „Wir brauchen jetzt ein europaweit einheitliches Schutzkonzept“, sagte der Mediziner weiter.

Dagegen herrscht unter zahlreichen Fachpolitikern der Ampel die Auffassung vor, dass eine Testpflicht in der gegenwärtigen Situation nicht nötig sei. Unumstritten ist Lauterbachs Kurs, der lediglich auf Stichproben bei Einreisenden aus China setzt, dennoch nicht.

Zu den SPD-Politikern, welche die Zurückhaltung Lauterbachs kritisch sehen, gehört der Gesundheitspolitiker Christos Pantazis. Er bleibe dabei, dass unmittelbar präventiv ausgerichtete Einreisebeschränkungen in Form von Tests und anschließender Sequenzierungen für den Schengenraum und alternativ für Deutschland sinnvoll wären, erklärte er am Dienstag per Twitter.

Ein Flugpassagier aus China muss sich am Pariser Flughafen Charles de Gaulle einem Corona-Test unterziehen.
Ein Flugpassagier aus China muss sich am Pariser Flughafen Charles de Gaulle einem Corona-Test unterziehen.

© AFP/Julien de Rosa

Derartige Forderungen nach einer strikten Testpflicht hängen auch damit zusammen, dass es Zweifel an der Vollständigkeit der von Peking übermittelten Daten zu den Gen-Analysen neuer Virenstämme gibt. So hatte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, in der vergangenen Woche Verständnis für die Einführung einer Testpflicht gezeigt und dies mit der „Ermangelung vollständiger Informationen aus China“ begründet.

Trotz der unsicheren Lage gilt es in Brüssel aber als unsicher, ob sich die 27 EU-Staaten auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Im bisherigen Verlauf der Pandemie war ein einheitlicher Kurs bei den Einreisebestimmungen mehrfach gescheitert. An diesem Mittwoch werde es beim Treffen des sogenannten Krisen-Reaktionsmechanismus IPCR lediglich um eine „erste Bestandsaufnahme“ gehen, hieß es aus EU-Diplomatenkreisen. Mit Entscheidungen sei am Mittwoch noch nicht zu rechnen.

Lauterbach darf es nicht bei reinen Ankündigungen belassen.

Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion

Dass sich die EU mit einer einheitlichen Linie schwertut, findet der Vorsitzende der SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier, bedauerlich. Nach seinen Worten sollte sich eine Gemeinschaft, in der es keine Binnengrenzen gibt, auch gemeinsam schützen. Zudem sollte die Corona-Pandemie „Anlass genug sein, gesundheitspolitische Kleinstaaterei zu beenden“.

Ähnlich sieht es auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU). „Dauerhaft werden wir uns nicht vom Ausland oder vom Virus isolieren können. Diese Lehre haben wir bereits zu Beginn der Pandemie machen müssen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Maßnahmen bei Einreisen aus China sind daher nicht als nationaler Alleingang, sondern nur im Zusammenhang mit einer EU-einheitlichen Koordination zielführend“, so Sorge.

Ein „Varianten-Monitoring“, wie es Lauterbach für die Flughäfen gefordert hatte, hält der CDU-Politiker indes für sinnvoll, um „rechtzeitig gegenzusteuern, wenn die Situation es erfordert“. Allerdings dürfe es Lauterbach „hier nicht bei reinen Ankündigungen belassen“.

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