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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte eine baldige Entscheidung über Taurus-Lieferungen für die Ukraine an.

© Imago/Action Press/Osnapix/Titgemeyer

Update

Marschflugkörper für die Ukraine: Pistorius kündigt Entscheidung über Taurus-Lieferung in ein bis zwei Wochen an

Die Ukraine möchte das Waffensystem der Bundeswehr unbedingt. Verteidigungsminister Pistorius sagt, es bedürfe einer besonnenen Prüfung. Dies sei aber kein Zögern der Bundesregierung.

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Auf der Waffen-Wunschliste der ukrainischen Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyji stehen schon lange Marschflugkörper der Bundeswehr vom Typ Taurus. Kiew drängt, weil die Raketen bei der Gegenoffensive sehr hilfreich sein könnten. Die Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist äußerst zurückhaltend, weil sie befürchtet, mit den Raketen könnte auch direkt russisches Territorium angegriffen werden und der Krieg so eskalieren.

Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte nun am Freitag eine baldige Entscheidung an. „Wenn das jetzt noch eine Woche oder zwei dauert, bis eine Entscheidung fällt, dann ist das so“, sagte der SPD-Politiker einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zufolge bei der ersten „Westfälischen Friedenskonferenz“ in Münster.

Wir reden hier nicht über die Programmierung einer Kaffeemaschine

Boris Pistorius, Verteidigungsminister (SPD)

Das bedeute kein Zögern der Bundesregierung. „Diese Besonnenheit muss sich die Bundesrepublik Deutschland leisten, auch wenn es für unsere ukrainischen Freunde schwer zu verstehen ist.“

Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Kampfjet Tornado bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus.

© dpa/Andrea Bienert

Deutschland müsse bei jedem Schritt die Folgen abwägen. Marschflugkörper reichten weiter als alle anderen bisher gelieferten Waffen und seien ein „hochkomplexes Industrieprodukt“, sagte der Minister. „Wir reden hier nicht über die Programmierung einer Kaffeemaschine.“

Deutschland habe „etwa 500 und so und so viel von diesen Dingern“. Davon sei die Hälfte nicht auf dem neuesten Stand. Die andere Hälfte brauche ein Update und müsse programmiert werden.

Taurus auf dem Prüfstand

Zuvor war bekannt geworden, dass sich die Reichweite der Marschflugkörper offenbar technisch relativ einfach begrenzen lässt. Zu diesem Ergebnis komme eine Prüfung des Herstellers im Auftrag der Bundesregierung. Nötig sei dafür eine Umprogrammierung der eingebauten Software. Dies berichtete der „Spiegel“.

Einen entsprechenden Auftrag habe die Bundesregierung Branchenkreisen zufolge jedoch noch nicht erteilt. Grünen-Chef Omid Nouripour hatte zuvor gesagt, er erwarte eine baldige Entscheidung für die Lieferung.

Wie es in dem Bericht weiter heißt, seien durch die Prüfung noch nicht alle Zweifel an einer Lieferung beseitigt. Demnach werde im Kanzleramt weiterhin die Frage diskutiert, ob die Ukrainer bei der Programmierung der Marschflugkörper – dem sogenannten mission planning – auf die direkte Unterstützung der Bundeswehr oder des Herstellers angewiesen wären. Ein Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine gilt in Berlin als ausgeschlossen.

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Scholz zögert bei Taurus-LIeferung für Ukraine weiter

Der Hersteller sollte daher auch prüfen, ob Ukrainer zeitnah in den notwendigen Prozeduren ausgebildet werden können oder die Missionsplanung ferngesteuert unterstützt werden kann, heißt es weiter. Die Firma halte dem Bericht zufolge beides für möglich – dies sei eine Frage von Wochen oder wenigen Monaten, heißt es demnach.

Dem Bericht zufolge gibt es in der deutschen Regierungszentrale auch noch Bedenken hinsichtlich der technischen Bestimmung von Zielen. Demnach müsste die Ukraine bei der Planung von Angriffen mit dem Waffensystem Geodaten nutzen – diese stammen jedoch von der Bundeswehr.

In der Bundesregierung werde nun debattiert, ob Deutschland zur Kriegspartei würde, wenn die teils von der Bundeswehr selbst gesammelten, teils bei privaten Anbietern beschafften Geodaten von den Ukrainern genutzt würden. Zudem sind die Daten als geheim eingestuft.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Nouripour erwartet eine rasche Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine. Er gehe davon aus, dass „sehr schnell auch tatsächlich die Verkündung kommen wird, dass die Taurus rübergehen, weil die gebraucht werden“, sagte Nouripour am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Es gebe noch einige Details zu klären und Gespräche mit Partnern zu führen, das werde aber schnell geschehen. Das Argument, dass mit den Taurus-Marschflugkörpern russisches Territorium erreicht werden kann, ließ Grünen-Politiker nicht gelten. Man könne etwa vom nordostukrainischen Charkiw aus auch mit weniger reichweitenstarken Waffen „rüber schießen“.

Nachdem es schon zuvor Forderungen aus der deutschen Politik gegeben hatte, Kiew die Tarus-Marschflugkörper, hatten am Donnerstag Politiker aus den Fraktionen der Ampel-Regierung den Druck auf Scholz erhöht.

In einem gemeinsamen Brief forderten die Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz (SPD), Anton Hofreiter (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) Scholz dazu auf, Kiew stärker als bisher bei der laufenden Gegenoffensive zu unterstützen. Dies berichtete auch der „Spiegel“.

Vertreterinnen und Vertreter der ukrainischen Regierung haben uns teilweise in persönlichen Gesprächen zugesichert, dass dieses Waffensystem ausschließlich auf dem Territorium der Ukraine eingesetzt wird.

Aus dem Brief der Ampel-Abgeordneten

„Bereits jetzt zeigt die Offensive der Ukraine wichtige Erfolge“, schrieben sie und betonten: „Insbesondere benötigt die Ukraine das Marschflugkörpersystem Taurus, das in den Beständen der Bundeswehr vorhanden ist, um die russische Kriegslogistik gezielt zu schwächen.“

Die Abgeordneten gingen demnach in dem Schreiben auf Sorgen im Kanzleramt ein, die Ukraine könnte mit den mehr als 500 Kilometer weit reichenden Lenkflugkörpern Ziele auf russischem Gebiet angreifen und damit den Krieg weiter eskalieren lassen.

„Vertreterinnen und Vertreter der ukrainischen Regierung haben uns teilweise in persönlichen Gesprächen zugesichert, dass dieses Waffensystem ausschließlich auf dem Territorium der Ukraine eingesetzt wird. Wir sehen keinen Anlass, an dieser Zusage zu zweifeln“, betonten sie.

Ampel-Trio mahnt schnelle Hilfe für Ukraine an

In den Depots der Luftwaffe lagern rund 600 Taurus-Waffensysteme. Wie viele davon direkt einsetzbar wären, dazu gibt es von der Bundeswehr keine Aussage. Seit Mai fordert die Ukraine die Waffen aus deutsch-schwedischer Produktion. Scholz hat mehrfach klargestellt, dass er sich nicht zu einer Entscheidung drängen lassen wolle.

Das Ampel-Trio mahnte in dem Schreiben dem Bericht zufolge zur Eile und verweist in seinem Brief auf den nahenden Winter. Das für kommenden Dienstag geplante Treffen der Ukraine-Unterstützerstaaten in Ramstein müsse genutzt werden, um weitere Militärhilfe auf den Weg zu bringen.

Erst am Montag hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba anlässlich des Besuchs von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew die Bitte seines Landes um die deutschen Taurus-Marschflugkörper bekräftigt. „Ich verstehe nicht, warum wir Zeit verschwenden.“ Es gebe kein einziges objektives Argument, das gegen eine Lieferung spreche, sagte Kuleba.

Am Donnerstag warben auch die Brüder Klitschko haben bei ihrem Berlin-Besuch noch einmal um deutsche Unterstützung für den ukrainischen Abwehrkampf gegen Russland in Form von Taurus-Marschflugkörpern.

Auch die Klitschko-Brüder fordern das Taurus-System

„Es sind enorm viele Menschen an der Frontlinie, viele Soldaten, die wir verlieren. Und nur mit überlegenen Waffen – so wie Taurus-Raketen – und deren Einsatz können wir aus der Distanz Kommandopunkte Russlands treffen und natürlich unsere Männer schützen“, sagte Wladimir Klitschko, der Bruder des Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, am Donnerstag bei der Eröffnungsrede der Brüder beim Sommerfest der „Bild“-Zeitung in der Hauptstadt. Vitali Klitschko bedankte sich für die deutsche Hilfe.

Außenministerin Annalena Baerbock hatte nach ihrem Besuch in Kiew erneut um Geduld gebeten. Man habe bei anderen Waffenlieferungen gesehen, „dass Systeme mit anderen nicht automatisch integriert arbeiten können“, sagte die Grünen-Politikerin am Montagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Bei den Marschflugkörpern sei es daher „wichtig, dass wir alle Details klären, bevor wir Dinge final versprechen“.

Ukraine will Tauraus-Waffen der Bundeswehr unbedingt

Dem ZDF-„heute journal“ sagte Baerbock: „Das sind hochmoderne Waffensysteme, deswegen muss da jede Einzelheit stimmen und da sind wir gerade mit Hochdruck dran.“

Den drei Abgeordneten der Ampel geht es dem Bericht zufolge nicht allein um Taurus-Raketen: „Um die Unterstützung für die Ukraine weiter zu effektiveren, gilt es aus unserer Sicht auch, weiterhin insbesondere Luftabwehr, Munition, Lazarettmaterial und geschützte Fahrzeuge, insbesondere auch Kampf- und Schützenpanzer zu liefern“, schrieben der für den Verteidigungsetat zuständige SPD-Haushaltspolitiker Schwarz, der Europa-Ausschussvorsitzende Hofreiter und die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Strack-Zimmermann.

Die drei Ampel-Abgeordneten wollten dem Eindruck entgegenwirken, sie sähen eine Lösung des Konflikts einzig auf dem Schlachtfeld. schrieben sie.

Und weiter: „Dafür muss die Ausgangsposition der Ukraine weiter verbessert werden. Sie muss Verhandlungen aus einer Position der Stärke führen können, um einen nachhaltigen Frieden zu erreichen.“ (lem)

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