zum Hauptinhalt
Bundesklanzler Olaf Scholz (SPD, r,) lächelnd mit Polens Premier Donald Tusk

© REUTERS/LUKASZ GLOWALA

Scholz und die Misere der anderen : Mit einer Etat-Einigung könnte der Kanzler vom Chaos im Westen profitieren

Politisches Chaos in Frankreich und den USA – und in Berlin steht die Ampel vor einer Haushalts-Einigung. Das kann Olaf Scholz Luft verschaffen, vielleicht gar eine zweite Chance. 

Daniel Friedrich Sturm
Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

Stand:

In Frankreich hat Marine Le Pens rechtsradikale Rassemblement National die erste Runde der Parlamentswahl gewonnen, vor den linksradikalen Populisten. Le Pens Partei steht an der Schwelle zur Macht.

In den USA hat der rechtsradikale Straftäter Donald Trump gute Chancen, die Präsidentschaftswahl im November zu gewinnen. Die Demokratische Partei, geführt von einem senil wirkenden Präsidenten, muss eine Niederlage fürchten.

Das gefällt Viktor Orbán, das gefällt Wladimir Putin. Die Nato und der politische Westen müssen sich fürchten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Und in Deutschland? Da regieren eine Koalition und ein Kanzler in Dauer- und Rekord-Tief. Doch man sollte sich davor hüten, sie schon abzuschreiben. Allerhand spricht dafür, dass sich die Koalitions-Spitzen Koalition in diesen Tagen auf einen Haushalt 2025 einigen werden.

Seit Monaten verhandeln Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) vertraulich über den Etat. Nichts dringt nach außen. Die Koalition funktioniert an ihrer Spitze womöglich professioneller, als es ihr Ruf ist.

Mögliches Momentum für Scholz

Gut möglich also, dass der Kanzler bald einen Haushaltsentwurf präsentieren kann, und ihm die drei Regierungsfraktionen dabei weitgehend folgen werden. Das wäre, nach all dem öffentlichen Streit, so etwas wie ein Befreiungsschlag für Scholz, ja, ein Momentum.

Scholz könnte seinen ramponierten Ruf als erfahrener Verhandler polieren. Mit einem Haushalt 2025 hätte das angeschlagene Bündnis die absehbar letzte große Klippe seiner Regierungszeit umschifft. Die Szenarien von einem Bruch der Koalition, einer Minderheitsregierung, von Neuwahlen blieben wie ein Gespenst im Kleiderschrank.

Olaf Scholz dürfte außen- und sicherheitspolitisch weniges so fürchten wie eine Rückkehr Donald Trumps. Mit einer zweiten Amtszeit von Trump wäre Scholz’ Strategie, bei der militärischen Unterstützung der Ukraine stets abzuwarten, um dann den USA zu folgen, gescheitert.

Ein Trump-Sieg würde dem Kanzler in die Hände spielen

Der Kanzler könnte sich weder hinter Trump verstecken noch hinter Emmanuel Macron, dem geschwächten französischen Präsidenten. Scholz wäre sogleich, ob er will oder nicht, der faktische Anführer des Westens.

Ungewollt würde ein US-Präsident Trump Scholz in die Hände spielen. Neben dem unbeherrschten Raufbold Trump könnten Scholz’ Eigenschaften – langweilig, bieder, zögerlich – plötzlich als positiv erscheinen. Scholz käme im vierten Regierungsjahr eine neue Rolle zu, er würde neu vermessen. In der Wahrnehmung der Deutschen, so die Hoffnung der SPD, könnte Scholz ein Mindestmaß an politischer Stabilität garantieren.

Der Kanzler gründet seine politische Karriere nicht darauf, für politische Ziele oder gar unpopuläre Ideen zu kämpfen. Olaf Scholz ist kein mutiger Politiker. Er hat in seinem langen politischen Leben eigentlich selten etwas riskiert – und wenn, dann ungewollt. Doch er besitzt, neben seinem Intellekt, ein extremes physisches und psychisches Durchhaltevermögen, eine enorme Ausdauer.

Er hat nie aus eigener Kraft gewonnen

Politisch gewonnen hat Scholz eigentlich nie aus eigener Kraft, sondern durch die Schwäche der anderen. Hamburger Bürgermeister wurde Scholz, nachdem die dortige CDU abgewirtschaftet hatte, nach dem Chaos des Regierens mit Schill-Partei und Grünen.

SPD-Kanzlerkandidat wurde Scholz, nachdem etliche Parteifreunde gescheitert oder schlicht abhandengekommen waren: Platzeck, Beck, Kraft, Wowereit, Steinbrück, Gabriel, Nahles, Schulz, Steinmeier.

Bei der Wahl 2021 setzte sich Scholz nicht etwa grandios durch. Die Deutschen wollten weder Annalena Baerbock (Grüne) als Kanzlerin noch Armin Laschet (CDU) als Kanzler. Wieder blieb nur Scholz übrig.

Heute sieht es so aus, als habe Friedrich Merz (CDU) die besten Chancen, Kanzler zu werden. Ob es dazu kommen wird? Offen. Merz’ Schwächen sind eklatant.

Scholz trat 2021 mit einem Stabilitäts-Versprechen an. Das hat funktioniert. Es war schon immer Scholz’ Lieblingsrolle, sich gegen angebliche oder echte Hasardeure als rational und abgewogen zu profilieren. Bei der Europawahl hat die Parole von der „Besonnenheit“ nicht verfangen.

Doch mit Trump im Weißen Haus und Merz am Zaun des Kanzleramtes könnte Scholz am Ende abermals übrig bleiben – wenn auch nicht aus eigener Kraft und trotz einer wenig überzeugenden Leistung im Amt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })