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Thema

Ampelkoalition

Die Ampelkoalition war nie eine Herzenssache der Wähler, und ihr überraschend schnelles Ende vor dem richtigen Anfang hat wohl eher Erleichterung in Berlin ausgelöst. Einerseits aus Prinzip, andererseits, weil die Regierenden in spe bereits eine Fülle finanzieller Drohungen über den Bürgern verstreut hatten.

Von Lars von Törne

Die Berliner Ampelkoalition sollte an diesem Wochenende stehen, aber nun steht sie in den Sternen. Das Modell hat Kurzschluss.

Von Brigitte Grunert

Die Berliner Finanzsituation ist so schwierig, dass die Ampelkoalition wahrscheinlich Studiengebühren für Langzeitstudenten und für Studenten erheben wird, die ein Zweitstudium beginnen. Die Kultusministerkonferenz hatte prinzipiell den Weg für Studiengebühren bei Langzeitstudenten geebnet und das Bundesverwaltungsgericht hatte das Modell aus Baden-Württemberg, bei Überschreiten der Regelstudienzeit um vier Semester Gebühren zu erheben, als rechtlich einwandfrei gewertet.

Die Partner der voraussichtlichen "Ampelkoalition" in Berlin wollen in den nächsten fünf Jahren 30 000 Sozialhilfeempfänger zu Arbeitnehmern machen. Das wäre ungefähr ein Drittel der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in Berlin.

An die Schließung eines Universitätsklinikums ist in der kommenden Ampelkoalition nicht gedacht. Entsprechende Medienberichte hat gestern der Koordinator für Wissenschaft und Forschung, Bernd Köppl, als unzutreffend zurückgewiesen.

Zwei der Parteien einer künftigen Ampelkoalition könnten der BVG Schwierigkeiten machen. Denn SPD und Grüne wollen den Wunsch des Verkehrsbetriebes, die Preise im nächsten August um durchschnittlich drei Prozent zu erhöhen, nicht mittragen.

"An uns wird die schnelle Einigung auf eine Ampelkoalition wohl nicht scheitern", heißt es einvernehmlich bei Sozial- und Gesundheitsexperten aller drei Parteien. Vergangene Woche haben sie sich zwei Mal in ihrer 36 Kopf starken Fachkommission getroffen, zusätzlich im kleineren Kreis mehrere Male in den Untergruppen Gesundheit, Soziales, Frauen und Arbeit.

Die starke Überalterung der Berliner Verwaltung kommt den Absichten der künftigen Ampelkoalition, bis 2006 mindestens eine, vielleicht sogar zwei Milliarden Mark beim Personal einzusparen, sehr entgegen. Die Beamten und Angestellten sind im Durchschnitt 48,5 Jahre alt, die Arbeiter 45,9 Jahre.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Koalitionsverhandlungen können beginnen: Die Berliner Grünen haben am Mittwochabend nach leidenschaftlicher Debatte auf einer Landesdelegiertenkonferenz den Gesprächen zur Bildung einer Ampelkoalition zugestimmt. Mehr als zwei Drittel der 150 Delegierten folgten dem Antrag des Parteivorstands.

Von Sabine Beikler

Angesichts der dramatischen Finanznotlage Berlins - im nächsten Jahr fehlen 9,2 Milliarden Mark - ringen SPD, FDP und Grüne um einen gemeinsamen haushaltspolitischen Kurs für die Ampelkoalition. Finanzsenatorin Christiane Krajewski (SPD) glaubt immer noch, dass die Nettoneuverschuldung bis 2009 auf Null gedrückt werden kann.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Als eindeutige Spaltungsentscheidung, als Schlag ins Gesicht und Missachtung des Wahlergebnisses im Ostteil der Stadt empfinden die meisten Lichtenberger die vom SPD-Landesvorstand präferierte Ampelkoalition. "Wir fühlen uns übergangen, unsere Stimmen werden überhaupt nicht wahr genommen", erbost sich vor dem S-Bahnhof Karlshorst eine ältere Dame.

Die PDS-Landeschefin Petra Pau bewertet den Beschluss des SPD-Landesvorstands für Verhandlungen über eine Ampelkoalition als Entscheidung gegen die innere Einheit Berlins. Mit der PDS als Koalitionspartner hätte die SPD ferner das Angebot gehabt, eine soziale gerechte Haushaltskonsolidierung vornehmen zu können.

Von Sabine Beikler

Ja, die Frage bleibt: Berlin hat gewählt - aber was? Eine Möglichkeit ist die so genannte Ampelkoalition, und damit die funktioniert, müssen FDP und Grüne zusammenkommen.

Von Stephan-Andreas Casdorff

Potsdam. Ginge es nach Brandenburgs Großer Koalition, würde in Berlin künftig Rot-Gelb-Grün regieren: SPD-Ministerpräsident Manfred Stolpe und die Parteichefs von SPD und CDU, Matthias Platzeck und Jörg Schönbohm, ziehen die Ampelkoalition einem rot-roten Bündnis vor.

Fritz Kuhn gibt sich optimistisch. Egal, ob in Berlin ein rot-rotes Bündnis klappt oder eine Ampelkoalition gebildet wird: Für Rot-Grün im Bund werde es "gut weitergehen", versichert der Parteichef.

Von Matthias Meisner

Bei einer möglichen Ampelkoalition von SPD, Bündnis 90/Grüne und der FDP rechnet die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit größeren Schwierigkeiten, die Interessen der öffentlich Beschäftigten wahren zu können, als bei anderen Konstellationen. Das Wahlprogramm der FDP setze nur auf Privatisierung, sagte die Berliner Verdi-Vorsitzende Susanne Stumpenhusen.

Angesichts schlechter Wahlumfragen hat sich Hamburgs FDP-Chef und Spitzenkandidat Rudolf Lange am Mittwoch für eine Koalition mit der CDU ausgesprochen und schließt auch ein Dreierbündnis mit dem Rechtsaußen Roland Schill nicht aus. Eine Koalition mit der SPD oder einer Ampelkoalition mit SPD, Grünen und FDP lehnte Lange ab und stellte sich damit gegen die Linie von Parteichef Guido Westerwelle, der bislang für einen offenen, eigenständigen Kurs vor den Wahlen in Hamburg und in Berlin plädiert hatte.

Von Albert Funk

Zum Thema Online Spezial: Berlin vor der Wahl Grünen-Parteichef Fritz Kuhn hat die Grünen-Bundestagsfraktion davor gewarnt, die Liberalen durch Spekulationen über eine Ampelkoalition in Berlin zu stärken. "Wir sind nicht bereit, durch Diskussionen über Ampelkoalitionen die FDP aus dem Tiefschlaf zu wecken, in dem sie sich befindet", sagte Kuhn am Montag in Berlin nach der Sitzung des Parteirates.

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