Seine Sätze hören sich an, als prahle ein pubertierender Jugendlicher auf dem Schulhof mit seiner Kraft. Und doch hat der Mann die Macht, unter deutschen Politikern Angst zu verbreiten.
Wolfgang Schäuble
Zur Spendenaffäre und der Weigerung des Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl, Namen anonymer Spender zu nennen, hat der Vorstand der CDU am Dienstag nach Angaben des Parteivorsitzenden Wolfgang Schäuble bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung folgenden Beschluss gefasst"Durch die Aufdeckung der ungeheuerlichen Vorgänge in Hessen ist für die CDU eine neue Lage entstanden. Die CDU steht in einer ihrer schwersten Krisen in ihrer Geschichte.
Am 30. November gab Alt-Kanzler Kohl die Existenz von Geheimkonten in seiner Amtszeit als Parteivorsitzender der CDU zu.
Der Tag des Wolfgang Schäuble: Nach Wochen des zunehmenden Drucks, nach Stunden, in denen sich die Lage Minute für Minute änderte, auch seine Lage, war er gezwungen, seiner Partei Vertrauen abzufordern. Bis zehn Uhr morgens wollte er zurücktreten.
Am Morgen sprach Wolfgang Schäuble noch einmal mit Helmut Kohl. Dann wusste er: Mit diesem Mann ist nicht mehr zu reden.
"Wenn Sie mir vor einem halben Jahr eine Geschichte angeboten hätten, dass in der Schweiz eine Million Mark in bar als Spende an die CDU übergeben wird, hätte ich gesagt: Schlechter Krimi." FDP-General Guido Westerwelle ist nicht der einzige, der die Welt nicht mehr versteht.
Beim Neujahrsempfang der sächsischen Staatsregierung am Wochenende zeigt sich der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf entspannt. Gut gelaunt, fast leutselig.
Es war eine formidable Idee, und obgleich sie früh geboren wurde, ist sie doch nur noch ein spätes Eingeständnis des Versagens: die Kommission, die der CDU klarmachen soll, welche Lektionen aus der Spendenaffäre sie nicht überblättern darf. Seit Kohls Bekenntnis am 30.
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle schließt aus, dass seine Partei illegale Spenden erhalten hat. Westerwelle sagte am Freitag, die FDP habe aus den Skandalen der 80er Jahre gelernt und lasse ihr Rechnungswesen seither von zwei konkurrierenden Wirtschaftsprüfern begutachten.
Eine Woche vor der ersten Arbeitssitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der CDU-Parteispendenaffäre hat die SPD die wichtigsten bisher bekannten Akteure des Skandals als Zeugen benannt. Darüber hinaus beantragte die SPD, Akten der Bundesregierung beizuziehen.
"Schwebend" ist wahrscheinlich das richtige Wort für den Zustand, in dem sich die deutschen Christdemokraten zur Zeit befinden. Nach Helmut Kohls Geständnis, das Gesetz gebrochen zu haben, schien die Christdemokratie noch auf halbwegs festem Grund zu stehen.
"Das ist ein Mann, den Sie niemals vergessen, wenn sie ihn einmal getroffen haben: zupackend, jovial und undurchsichtig." Auch wenn CDU-Chef Wolfgang Schäuble den hemdsärmeligen, schlitzohrigen Unternehmer, Lobbyisten und Waffenhändler Karlheinz Schreiber nun doch beinahe vergessen hätte: Jörg Schönbohm - CDU-Chef und Innenminister in Brandenburg - charakterisiert den 65-jährigen Kauferinger wohl sehr treffend.
Erwischt die Spendenaffäre nun auch die Grünen? Hat sich zuletzt auch jene politische Kraft kompromittiert, die sich einst als Alternative zu den sogenannten Altparteien präsentierte und mit dem hohen Anspruch auftrat, eine sauberere, von finanziellen Versuchungen freie Politik zu verwirklichen?
Sie werden alle fallen, einer nach dem anderen: Wolfgang Schäuble, Volker Rühe, Jürgen Rüttgers. Schäuble zuerst, auch wenn er nun trotzig ankündigt, wieder als Vorsitzender zu kandidieren.
"Das versteht kein Mensch." Peter Ramsauer zuckt ein bisschen hilflos mit den Schultern.
Was wird aus der CDU, wenn das System Kohl sie nicht mehr zusammenhält? In der "Welt" malte ihr kürzlich der CSU-Rechte Peter Gauweiler das italienische Menetekel an die Wand: Nach dem großen Korruptionsskandal Anfang der neunziger Jahre hat sich die Democrazia Cristiana aufgelöst und ist in diverse mehr oder weniger bedeutungslose politische Bestandteile zerfallen.
Sollte Wolfgang Schäuble zurücktreten? "Das muss er selbst entscheiden!
Das Geständnis ist ein politisches und ein persönliches Trauerspiel - auch wenn es unter Umständen abgelegt wird, die an eine Farce erinnern. Wolfgang Schäuble ist ein herausragender Berufspolitiker, einer der intelligentesten und professionellsten.
Die Politik ist immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.
Ein paar Tage lang hat Wolfgang Schäuble dieses Eingeständnis vorbereitet. Seit der Norderstedter Klausur hat sich der CDU-Chef mehrfach in dunklen Andeutungen über die Selbstgerechtigkeit von Pharisäern ergangen und darüber, dass die Demokratie bei denen in besseren Händen liege, die sich der Fehlbarkeit des Menschen bewusst seien.
Es ist das alte, verzweifelte Denkschema: Was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein. Die Christdemokratie, zumal jener Teil, der auf der Linken "Basis" genannt wird, will Helmut Kohl so in Erinnerung behalten, wie sie ihn wahrnahm, als sie dem Monarchen zu Füßen lag.
CDU/CSU und Regierung im Reform-WettlaufBundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hält das Modell einer Steuerreform, das CDU und CSU am Wochenende vorgelegt haben, für wenig überzeugend. Eichel kritisierte bei einer Tagung der bayerischen SPD in Kloster Irsee, der Unionsvorschlag sei mit heißer Nadel gestrickt.
Merkwürdigerweise unternimmt die CSU keinerlei Versuche, aus der Krise ihrer Schwesterpartei Profit zu schlagen. Einige Christsoziale sind eher für Angela Merkel, andere verstehen Helmut Kohl, Edmund Stoiber graust es vor dem "Masochismus" der CDU.
Nach CDU-Chef Wolfgang Schäuble hat sich auch Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe, CDU-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, von Altkanzler Helmut Kohl mit der Bemerkung distanziert, dessen Ära sei zu Ende. Rühe sagte am Freitag in Norderstedt, wo die CDU-Spitze ohne Kohl zu einer Klausurtagung zusammengekommen ist: "Die neue Parteiführung hat ihre eigene Handschrift und geht ihren eigenen Weg.
Für die österreichischen Medien steht bereits fest, dass der Ruf des deutschen Alt-Bundeskanzlers Helmut Kohl im Spendenskandal Schaden genommen hat. Wegen seines "Starrsinns" beim Schweigen über seine Geldgeber habe es sich der CDU-Ehrenvorsitzende Helmut Kohl selbst zuzuschreiben, wenn man ihn nicht nur als "Einheits-", sondern auch als "Bargeldkanzler" in Erinnerung behalte, kommentierte der liberale "Standard" die Vorermittlungen gegen den früheren Bundeskanzler.
Eigentlich gehört seine Leidenschaft den großen Fragen der Politik. Der Streit um den schweigenden Helmut Kohl droht die CDU zu zerreißen.
Seit gestern ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn offiziell gegen Helmut Kohl wegen des Verdachtes der Untreue gegenüber seiner Partei. Der frühere Bundeskanzler tut nach wie vor so, als sei die ganze Spendenaffäre nichts weiter als ein Geschäft zwischen Ehrenmännern gewesen, über das zu schweigen sich beide Seiten verpflichtet hatten.
Während die Staatsanwaltschaft Bonn nun offiziell gegen den ehemaligen CDU-Chef Helmut Kohl wegen Verdachts der Untreue ermittelt, sehen die Grünen auch bei seinem Nachfolger Gesetzesbruch: Der frühere Fraktionschef und heutige CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble sei dafür verantwortlich, dass 1997 rund 1,15 Millionen Mark illegal von der Fraktions- an die Parteikasse geleitet worden seien, sagte der Grünen-Rechtspolitiker Hans-Christian Ströbele am Montag in der ARD. Die CDU hält den Transfer hingegen für legal.
"Können Sie sich das vorstellen - Hörster mit einer Million in der Aldi-Tragetüte auf dem Weg ins Adenauer-Haus?" Die Frage stellt ein CDU-Abgeordneter, der es sich nicht vorstellen konnte - und in der Tat, so war es nicht.
Was wusste Wolfgang Schäuble? Seit aus der Affäre Kiep eine Affäre Kohl geworden ist, steht die Frage nach der Mitwisserschaft seines Nachfolgers unausgesprochen im Raum.
In der Parteispendenaffäre kann die Union die weitere Entwicklung nicht mehr kontrollieren. Mit Walther Leisler Kiep, Heiner Geissler, Helmut Kohl selbst und Angela Merkel hatten in den vergangenen Wochen vier führende CDU-Mitglieder entweder durch Angaben zur Sache oder durch öffentliche Aufforderung, für mehr Klarheit zu sorgen, zunächst, zum Teil völlig unfreiwillig, das Tempo bestimmt.
Helmut Kohl will nicht reden. Jetzt erst recht nicht: Die Namen seiner illegalen Spender will er für sich behalten.
Die CDU kann nicht erklären, warum 1996/97 etwa 1,1 Millionen Mark aus der Fraktion nicht an die Schatzmeisterei gegangen sind. Ebenso wenig erklärt die CDU offiziell, wer den Auftrag gegeben hat, diese Summe in bar an den Kohl-Vertrauten Hans Terlinden, Verwaltungschef der Parteizentrale, zu übergeben.
Gestern wurde Helmut Kohl in politische Beugehaft genommen. Nicht vom Untersuchungsausschuss, sondern von der Generalsekretärin der CDU.
Manchmal ist es wichtiger zu wissen, wer nicht da war. Norbert Blüm hat zum Beispiel gefehlt bei dieser zweiten Krisensitzung des CDU-Präsidiums binnen zwei Wochen in Bonn.
Guido Westerwelle (37) ist seit 1994 Generalsekretär der FDP. Sein Verhältnis zu Helmut Kohl in der alten Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP galt als kritisch.
Was am heutigen Freitag beginnt, ist lange Zeit angesichts heftiger gegenseitiger Anschuldigungen undenkbar gewesen: Regierung und Opposition kommen zum Rentengipfel im Kanzleramt zusammen. Und da alle Beteiligten offiziell ja nicht streiten wollen, begrüßen sie unisono diese Annäherung, erwarten aber vom ersten Treffen noch keine konkreten Beschlüsse.
Vor kurzem wollte die Union den Rentengipfel noch scheitern lassen, falls die Regierung die Abkoppelung der Renten von der Nettolohnentwicklung 2000 und 2001 nicht rückgängig macht. Warum der Sinneswandel?
Die frühere Grünen-Sprecherin Marianne Birthler soll neue Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen werden. Auf diese Lösung haben sich die Fraktionsspitzen von SPD und Grünen in der vergangenen Woche verständigt, wie am Mittwoch von der Grünen- Fraktion in Berlin bestätigt wurde.
Die Union versucht mit dem Thema "Beitritt der Türkei zur Europäischen Union" wieder in die politische Offensive zu kommen. Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble hat in einem Schreiben an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) darauf gedrungen, dass der Kanzler im Bundestag eine Regierungserklärung zum EU-Gipfel von Helsinki abgibt, bei dem der Türkei die Aufnahme von Beitrittsgesprächen zugesagt worden war.