
© dpa/AP/Geert Vanden Wijngaert
Transparenz von Staat und Regierung: Hallo Medien, seid ihr schon wach?
Die Presse hat Informationsrechte gegenüber Behörden, die sie viel zu wenig nutzen kann. In der wohl künftigen schwarz-roten Koalition gibt es Stimmen, diese Rechte zu stärken – das ist dringend nötig.

Stand:
An dem Vorhaben der Union, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zurückzustutzen oder gar abzuschaffen, hat es einige Kritik gegeben. Ausgerechnet jenes Gesetz, mit dem die Bürger den Behörden, die sie verwalten, in die Akten gucken können? So etwas kann nur Leuten einfallen, die sich von der Demokratie entfernen.
Umso wichtiger wird ein anderes Vorhaben, das aus den Koalitionsverhandlungen dringt – und an dem die Union wohl ein eingeschränktes Interesse haben wird.
Es handelt sich um das besondere Informationsrecht, auf das sich Presse und Rundfunk berufen können, wenn sie bei Behörden recherchieren.
Dieses Auskunftsrecht, heißt es, wolle man „stärken“. Das ist überfällig. Denn bisher wird es in dünnen Worten in Landespressegesetzen und Medienstaatsvertrag abgehandelt. Ein Anspruch, wahrheitsgemäße Antworten auf gestellte Fragen zu bekommen. Mehr aber auch nicht. Stärken hieße: diesen Informationsanspruch auch auf amtliche Dokumente zu erstrecken, wie im IFG.
Das IFG ist zwar auch für viele journalistische Recherchen ein überaus nützliches Gesetz. Es ist nur nahezu ausgeschlossen, den Aktenzugang bei investigativen Recherchen in Eilverfahren vor Gericht zu erstreiten, wenn sich Behörden – wie häufig – querlegen. Vieles kommt immer erst ein, zwei oder mehr Jahre nach den Vorgängen ans Licht, die Schlagzeilen gemacht haben.
Warum scheuen Medien das Thema?
Das muss künftig schneller gehen. Und es muss auch bei Auskunftsansprüchen einfacher werden, sie in Eilverfahren durchzusetzen.
Bisher gestatten die Gerichte dies nur ausnahmsweise, wenn sie für bestimmte Fragen ein starkes öffentliches Interesse als belegt erachten. Recherchen werden dadurch zerteilt und entwertet. Das Eilverfahren vor Gericht sollte auch in solchen Fällen zur Regel werden.
Die Stärkung von Medien-Informationsrechten ist eine Stärkung der Demokratie.
Jost Müller-Neuhof, Rechtspolitischer Korrespondent
Das alles wäre leicht zu regeln, wenn man es wollte. Dass Regierungen mitsamt ihrem politischen Spitzenpersonal skeptisch sind, sich bei der Arbeit zusehen zu lassen, liegt in der Natur der Sache.
Aber schon das Parlament müsste es besser wissen. Seiner Aufgabe, die Exekutive zu kontrollieren, wäre geholfen, wenn die Presse bei Behörden besser bohren könnte. Unzählige Anfragen und Debatten in Bundestag und Landtagen beruhen auf Recherchen von Medien. Sie bestimmen wesentliche Teile der politischen Diskussion.
Warum sind die Medien – einschließlich Rundfunk – bislang so verhalten dabei, solche Rechte öffentlich einzufordern? Dafür gibt es keine nachvollziehbare Erklärung. Außer, dass man sich scheut, für vermeintlich eigene Interessen einzutreten.
Ein Missverständnis. Die Stärkung von Medien-Informationsrechten ist eine Stärkung der Demokratie.
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