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Parteigründerin Sahra Wagenknecht

© IMAGO/Chris Emil Janssen

Ultimatum der BSW-Vorsitzenden an Voigt: Es fehlt eine klare Positionierung, um Wagenknecht in ihre Schranken zu weisen

Den richtigen Umgang mit Sahra Wagenknecht haben CDU und SPD noch nicht gefunden. Warum das Agieren der Populistin Gefahren birgt, die weit über Thüringen hinausreichen.

Karin Christmann
Ein Kommentar von Karin Christmann

Stand:

Was will Wagenknecht? Das wüssten sie vermutlich alle gern. Die Strategen in den Staatskanzleien und Parteizentralen von Erfurt, Dresden und Potsdam, genauso wohl auch die Menschen, die der Wagenknecht-Partei in Thüringen, Sachsen und Brandenburg ihre Stimme gegeben haben.

Einige Wochen nach den Wahlen wird klar: Wagenknecht zieht die Schraube tatsächlich immer noch ein bisschen fester an. Es genügt ihr nicht, aus dem Stand CDU und SPD in die Rolle der Bittsteller gezwungen zu haben. Nein, Wagenknecht macht einfach weiter. Vielleicht so lange, bis wirklich nichts mehr geht. Nur so ist noch zu erklären, dass sie nun die Thüringer CDU auffordert, sie möge sich von Parteichef Friedrich Merz distanzieren, wenn es etwas werden solle mit der Koalition.

Merz nämlich hat im Bundestag gefordert, die Reichweitenbegrenzungen aufzuheben, die der Ukraine für die Nutzung westlicher Waffen auferlegt wurden. Er brachte auch die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern neu ins Gespräch. Nun behauptet Wagenknecht, Merz habe „faktisch einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Russland gefordert“. Eine mögliche Landesregierung müsse sich von solchen Positionen klar abgrenzen.

Ministerien für Weltfrieden und ukrainische Angelegenheiten sind nicht zu vergeben

Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt ist ihr schon sehr weit entgegengekommen. Unter anderem mit einem tiefen Knicks in Form eines Zeitungsartikels, den er gemeinsamen mit Dietmar Woidke und Michael Kretschmer veröffentlicht hat. Dass Voigt nun nicht auch noch seinen eigenen Parteivorsitzenden direkt in den Senkel stellen kann, dürfte auch Wagenknecht wissen.

Viele halten sie für eine Populistin, die von der oppositionellen Pose lebt. Das ist nicht falsch, greift als Erklärung aber womöglich zu kurz. Denn wer wollte unterstellen, dass sie nicht tatsächlich aus tiefster innerer Überzeugung handelt.

Aber der Vorgang zeigt: Sie ist nicht bereit, sich in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg auf das zu konzentrieren, worum es dort geht. Das ist nämlich die Landespolitik. Ministerien für Weltfrieden und ukrainische Angelegenheiten sind nicht zu vergeben. Wenn Wagenknecht jetzt schon so agiert: Wie soll das erst weitergehen, falls ihre Partei hier oder dort doch noch im Landeskabinett landet?

Es ist anzunehmen, dass Wagenknecht nichts so genau im Blick hat wie ihre Chancen bei der kommenden Bundestagswahl. Gegen Ampel und Union wettert es sich ohne die Treue- und Anstandspflichten einer Landeskoalition eben doch am schönsten.

Was zu der Frage führt, ob CDU und SPD schon den richtigen Umgang mit Wagenknecht gefunden haben. Und dem ist leider nicht so. Mal dienen sie sich an, in unnötig unterwerferischem Tonfall. Dann wieder poltern sie los. Was fehlt, ist eine kühle, rhetorisch klare Positionierung, um Wagenknecht in ihre Schranken zu weisen.

Was aber vor allem fehlt, ist die angemessene Reaktion auf die tiefe Krise der Demokratie, die in den Ost-Wahlen einen neuen Ausdruck gefunden hat. Schließlich ist Wagenknecht nur deshalb in ihrer derzeitigen Machtposition, weil der populistische Block aus AfD und BSW zusammen so stark ist, dass gegen ihn nichts oder fast nichts mehr geht.


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Es gibt sehr große Unterschiede zwischen diesen beiden Parteien. Nur eine von ihnen stellt sich gegen Verfassung und Demokratie. Aber es gibt eben auch Gemeinsamkeiten zwischen den Populisten unterschiedlicher Couleur.

Rund um die Konstituierung des Thüringer Landtags war mitzuerleben, dass kein selbstverständlicher Verlass mehr ist auf die Institutionen der Demokratie. Nein, sie müssen aktiv gestärkt werden gegen Angriffe von innen. Von einer überparteilichen, bundesweiten Initiative dafür ist nichts zu sehen.

Die aber braucht es jetzt. Denn gut möglich ist, dass AfD und BSW zusammen nach der nächsten Bundestagswahl so stark sind, dass gegen sie zum Beispiel keine Verfassungsänderungen mehr möglich sind. Dann käme es drauf an, ob auf Sahra Wagenknecht Verlass ist. Wer sich ansieht, was derzeit passiert, kennt die Antwort.

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