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Von den Vereinten Nationen hält der US-Präsident recht wenig. Dennoch nutzt er auch dieses Jahr die Vollversammlung, um für seine Weltsicht zu werben.

© Shannon Stapleton/Reuters

US-Präsident vor Vereinten Nationen: Was von Trump bei der UN-Vollversammlung zu erwarten ist

Donald Trump will den Vereinten Nationen Amerikas Außenpolitik erklären - vor allem die Haltung zu Nordkorea, dem Iran und zum Nahostkonflikt. Ein Überblick.

Vor einem Jahr hat Trump der Welt gezeigt, wie er internationale Politik zu betreiben gedenkt. Seine erste Rede als US-Präsident vor der UN-Vollversammlung in New York, der Hauptstadt der Weltdiplomatie, hat er nicht nur entgegen aller Gepflogenheiten mit einem Eigenlob für seine innenpolitischen Erfolge begonnen, sondern auch mit der Drohung an den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un, dessen Land zerstören zu wollen, sollte der nicht einlenken.

Unvergessen sein Spitzname „Rocket Man“ für Kim und die Aussage, dass dieser sich auf einer Selbstmordmission befinde. Gleichzeitig hat er davon gesprochen, stets die Interessen seines Landes ganz nach vorne zu stellen, wie das ja eigentlich alle täten. Die „America first“Agenda betrat die Weltbühne.

Ein Jahr später kündigt Trump sein Kommen mit einem Tweet an und dem Hinweis, die Vereinten Nationen nutzten ihr Potenzial nicht. Seine UN-Botschafterin Nikki Haley erklärt vorab, „staatliche Souveränität“ werde ein Hauptthema des diesjährigen Treffens sein.

Der Fokus des Präsidenten werde sehr stark auf den Vereinigten Staaten liegen. „Er freut sich darauf, über die Erfolge der US-Außenpolitik im vergangenen Jahr zu sprechen und wie es da nun weitergeht.“ Er wolle darüber reden, wie sich die amerikanische Souveränität bewahren lasse und gleichzeitig am Verhältnis mit den Staaten arbeiten, die amerikanische Werte teilten. „America first“ zum Zweiten.

TRUMPS AGENDA

Vier Tage lang wird sich Trump in seiner Heimatstadt aufhalten. Er wird große Reden halten, zum Beispiel an diesem Dienstag vor den Vertretern von 193 Nationen, und er wird in einer Art „Speed Dating“, wie Botschafterin Haley es ausdrückt, viele Vertreter der Weltordnung treffen, die er im vergangenen Jahr immer wieder in Frage gestellt hat.

Nicht zuletzt hat er sich aus gleich mehreren UN-Initiativen zurückgezogen, zum Beispiel aus dem Menschenrechtsrat, dem Klimaabkommen und aus der Unesco. Vor wenigen Tagen erst hat das Weiße Haus dem Internationalen Strafgerichtshof mit Sanktionen gedroht, sollte der Gerichtshof tatsächlich Ermittlungen gegen US-Soldaten in Afghanistan aufnehmen.

DER ZEITPLAN

Bereits Sonntagabend empfing Trump Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Am Montag wollte er neben Südkoreas Präsident Moon Jae In auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Ägyptens Abdel Fattah al Sisi treffen. Am heutigen Dienstag spricht er mit Großbritanniens Regierungschefin Theresa May und Israels Premier Benjamin Netanjahu.

Selbst ein Gespräch mit dem derzeitigen Hauptgegner, Irans Präsidenten Hassan Ruhani, schloss Außenminister Mike Pompeo in einem Interview nicht völlig aus. „Der Präsident war da immer sehr klar: Er redet gern mit Leuten.“ Zum ersten Mal wird Trump am Mittwoch eine Sitzung des Weltsicherheitsrates leiten. Auch da soll es vor allem um den Iran gehen.

Am Montag, einen Tag vor Beginn der Generaldebatte, lud Trump darüber hinaus zu einer Art Minigipfel ein. Das Thema: der weltweite Drogenmissbrauch. Die USA leiden unter der schlimmsten Drogenepidemie ihrer Geschichte.

Trump forderte denn auch die UN zu mehr Engagement auf. „Der Drogenmissbrauch kostet zu viele Menschenleben in den USA und auf der ganzen Welt.“ Er rief unter anderem dazu auf, gegen die Produktion illegaler Drogen vorzugehen. „So können wir Millionen und noch mehr Millionen von Leben retten.“ UN-Botschafterin Haley zufolge war bereits die Tatsache ein Erfolg, dass sich rund 120 Staats- und Regierungschefs für das Treffen angekündigt hatten.

Historisch. Im Juni traf Trump Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Singapur.
Historisch. Im Juni traf Trump Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Singapur.

© Susan Walsh/Reuters

VERHANDLUNGEN MIT NORDKOREA

Ein großes Thema in dieser Woche wird der Nordkoreakonflikt sein. Nach Monaten, in denen intensiv verhandelt wurde, und einem historischen Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim in Singapur, darf man gespannt sein, ob es schon bald zu einem zweiten Treffen kommt.

Aus Trumps Sicht steht dem nichts entgegen. Er sagte in New York: "Es sieht danach aus, dass wir ziemlich bald einen zweiten Gipfel haben werden. Kim habe ihn in seinem "schönen Brief" um ein zweites Gespräch gebeten, "und wir werden das machen."

Außenminister Pompeo will sich mit seinem nordkoreanischen Amtskollegen Ri Yong Ho treffen, und es wird davon ausgegangen, dass Trump Pjöngjangs Fortschritte öffentlich lobt – immerhin wären das ja ebenfalls seine Erfolge.

Südkoreas Präsident Moon wollte Trump am Montag persönlich über Details der jüngsten Angebote Nordkoreas zur atomaren Abrüstung informieren. Südkorea vermittelt im Streit um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm zwischen Washington und der kommunistischen Führung in Pjöngjang.

HAUPTGEGNER IRAN

Das Verhältnis zu Nordkorea mag sich etwas entspannt haben – für die Beziehungen der Trump-Administration zum Iran trifft das keineswegs zu. Das Mullah-Regime gehört nach Washingtons Lesart nach wie vor zu den gefährlichsten Unruhestiftern im Nahen Osten und darüber hinaus. Mit anderen Worten: eine Bedrohung für den Weltfrieden.

Aus der internationalen Vereinbarung zur Begrenzung des iranischen Atomprogramms sind die USA vor einigen Monaten in einem spektakulärem Schritt ausgestiegen und haben scharfe Sanktionen gegen Teheran in Kraft gesetzt. Irans Führung war empört, die Europäer entsetzt und enttäuscht.

Irans Präsident Ruhani (Mitte) will von neuen Verhandlungen über Irans Atomprogramm nichts wissen.
Irans Präsident Ruhani (Mitte) will von neuen Verhandlungen über Irans Atomprogramm nichts wissen.

© Ebrahim Noroozi/AP/dpa

Doch von derlei Bedenken und Warnungen lässt sich Trump nicht von seinem Kurs abbringen. Er will erklärtermaßen die Islamische Republik wirtschaftlich derart in Bedrängnis bringen, dass sie notgedrungen an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Doch dafür spricht gegenwärtig wenig.

Der Iran sieht keine Bringschuld, betont vielmehr, alle Auflagen des Nukleardeals würden erfüllt – was die Internationale Atomenergiebehörde bestätigt. Von ihrem Raketenprogramm wollen die Mullahs allerdings ebenso wenig lassen wie von ihrem offensiven politisch-militärischem Kurs in der Krisenregion.

Seit dem vergangenen Wochenende hat sich die Konfrontation nochmals verstärkt. Teheran macht die USA für einen Anschlag auf die mächtigen Revolutionsgarden mitverantwortlich – und droht den Vereinigten Staaten mit „vernichtender Vergeltung“.

DER NAHOSTKONFLIKT

Er soll fast fertig sein, ist streng geheim und wird nach Überzeugung der Verantwortlichen ein Jahrhundertwerk. Doch bisher weiß nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten, wie sich Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und der Nahost-Beauftragte Jason Greenblatt konkret einen Frieden zwischen Israelis und Palästinenser vorstellen.

Seit Monaten versuchen die beiden Berater des US-Präsidenten, den Weg für das zu bereiten, was noch keinem gelang: ein tragfähiges Abkommen zwischen dem jüdischen Staat der palästinensischen Führung um Präsident Mahmud Abbas. Eines, das den Dauerkonflikt endlich beenden soll. Dem Vernehmen nach könnten jetzt in New York Details des Plans weiter-, womöglich gar zu Ende verhandelt werden.

Doch dass Trump das Ganze dann auch noch gleich vor dem erlauchten Kreis der Vereinten Nationen präsentiert, gilt als unwahrscheinlich. Klar scheint aber bereits jetzt: Für die Palästinenser dürfte beim „größten Deal der Geschichte“ nicht viel zu holen sein. Eher wird das Ganze wohl zu ihren Lasten gehen. So lassen sich zumindest die Signale aus Washington deuten.

Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge protestieren in Gaza gegen die USA und ihren Schritt, die finanzielle Hilfen zu stoppen.
Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge protestieren in Gaza gegen die USA und ihren Schritt, die finanzielle Hilfen zu stoppen.

© Ibraheem Abu Mustafa/Reuters

Da wurde die US-Botschaft symbolträchtig von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Kushner sprach sich dafür aus, den Palästinensern ihren Flüchtlingsstatus abzuerkennen und ein Rückkehrrecht zu verweigern. Zudem strich Washington ihnen die finanzielle Unterstützung drastisch zusammen. Das Palästina-Hilfswerk der UN wird vorerst keinen Dollar mehr erhalten.

Nicht zuletzt sollen Vertreter Saudi-Arabiens – das Königreich ist ein enger Verbündeter Amerikas – Abbas bedeutet haben, er solle sich mit dem Ist-Zustand zufriedengeben. Mehr könne er nicht erwarten. In der Tat ist nicht zu erkennen, dass Amerika von Israels Regierungschef Netanjahu weitreichende Zugeständnisse erwartet.

Von einem Vermittler namens Trump wollen Abbas und Co. daher nichts mehr wissen. Sie fühlen sich in eine Ecke ohne Bewegungsfreiheit gedrängt. Für die Palästinenser wird damit mehr und mehr zur Gewissheit: Mit diesem Amerika ist kein eigener Staat zu machen.

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