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Im UN-Sicherheitsrat gingen die Vertreter der USA und Russland heftig aufeinander los.

© Mary Altaffer, dpa

Krieg in Syrien: Wie es nach den Angriffen weiter geht

Die USA, Frankreich und Großbritannien haben der syrischen Führung ein klares Signal gesendet: Stoppt den Einsatz von Chemiewaffen. Jetzt soll verhandelt werden.

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Nach dem Raketenangriff der USA, Frankreich und Großbritannien auf Syrien soll es nun Bemühungen für eine politische Lösung des Konfliktes geben.

Die Bundesregierung dringt auf Verhandlungen, Außenminister Heiko Maas (SPD) hat eine neue Friedensinitiative angekündigt. Was soll jetzt passieren?

Unmittelbar nach dem Militärschlag hatten sich die USA und Russland auf einer von Moskau geforderten Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in New York gegenseitig mit Beschuldigungen überzogen. Jetzt soll der Gesprächsfaden wieder aufgenommen werden. Wie schwierig das wird, ist natürlich auch der Bundesregierung bewusst. Erst im Februar hatte sie gemeinsam mit Frankreich an Moskau appelliert, sich einem Waffenstillstandsabkommen zu öffnen, damit Hilfslieferungen die Menschen in Syrien ereichen können. Jetzt sprach sich Maas für die Schaffung eines „internationalen Formates einflussreicher Staaten“ unter dem Dach der Vereinten Nationen aus, das dem politischen Prozess „neue Schlagkraft“ geben soll. Maas bezog ausdrücklich auch Russland ein und forderte Moskau auf, in dem Konflikt eine „konstruktive Haltung“ einzunehmen. Über die Möglichkeiten neuer diplomatischer Wege und die Einbeziehung Russlands wollten am Sonntag hochrangige Beamte der Vereinigten Staaten, Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands in London sprechen. Mass reist dann an diesem Montag zum Außenministertreffen der EU nach Luxemburg, wo das Thema Syrien ebenfalls auf der Tagesordnung steht.

Frankreichs Präsident Macron kommt am Donnerstag nach Berlin. Was erwartet er von Deutschland?

Macron ließ nach dem Militärschlag erklären, dass nun der UN-Sicherheitsrat vereint die Initiative ergreifen müsse, „um den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen und damit dieses Land endlich den Frieden wiederfindet“. Sein Außenminister, Jean-Yves Le Drian, kündigte zudem an, Frankreich wolle ab Montag Initiativen im Sicherheitsrat in New York und auch beim EU-Außenministertreffen starten, um einen Fahrplan für eine gemeinsame Friedensinitiative festzulegen. Bei dem für Donnerstag geplanten Treffen von Macron mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll es zunächst einmal um die anstehenden Reformen der EU und des Euroraumes gehen. Macron will seine Position am Dienstag im EU-Parlament erläutern und muss schon jetzt gewärtigen, dass ihm die Bundesregierung nicht in jedem Punkt folgen will. Die Luftschläge werden aber vermutlich das Thema Syrien ins Zentrum des geplanten Abendessens von Merkel und Macron rücken. Zumal Macron angekündigt hat, im Mai in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen und bis dahin an der Abstimmung eines womöglich gemeinsamen diplomatischen Vorstoßes in Richtung Moskau interessiert sein wird.

Bundespräsident Steinmeier warnt vor einer weiteren „Entfremdung“ zwischen dem Westen und Russland. Setzt er damit andere Akzente als die Bundesregierung?

Zwei Botschaften hat der Bundespräsident an diesem Wochenende in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ transportiert: Zum Einen die Mahnung an die Präsidenten der USA und Russlands, die er gleichermaßen eindringlich auffordert, ihren Beitrag zum Frieden in Syrien zu leisten. Wenn beide keinen Weg zueinander finden, sagt Steinmeier, „sind die Chancen für eine Verbesserung der Lage in Syrien gleich Null!“. Gleichzeitig jedoch erinnert der Bundespräsident Moskau an die Krim-Annexion und den Konflikt in der Ostukraine und verteidigt damit indirekt die klare Linie der Bundesregierung, die eine Abkehr vom Sanktionskurs der EU bisher mit dem Hinweis darauf ablehnt, Moskau habe in den Konflikten keinen Schritt zur Umsetzung der Vereinbarungen getan. Der Außenminister Steinmeier war es einst, der die Gespräche mit Russland vorangebracht hat. Doch seitdem musste der Präsident Steinmeier erleben, wie klein die Erfolge in Verhandlungen mit Moskau sind. Die Notwendigkeit von Gesprächen dennoch immer wieder zu betonen, darin sieht er jetzt seine Aufgabe.

Die USA, Großbritannien und Frankreich haben eine neue UN-Resolution eingebracht. Hat die Aussicht auf Erfolg?

Das Ziel der Resolution der drei westlichen Mächte ist es, der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ein von der UN getragenes, stringentes Mandat für Kontrollen in Syrien zu erteilen. Ein solches hatte es nach dem Giftgasangriff auf die syrische Stadt Chan Scheichun vor einem Jahr gegeben, es ist im November 2017 ausgelaufen. Grundlage für den derzeitigen Einsatz der OPCW-Kontrolleure in Syrien ist lediglich eine Einladung der Regierung in Damaskus. Die Experten können wohl nur untersuchen, was ihnen das Assad-Regime auch zeigen will. Mit einer neuen UN-Resolution soll Syrien dagegen verpflichtet werden, alle verbliebenen C-Waffen-Bestände offenzulegen. Diese Forderung wird am Veto Russlands scheitern – so wie bislang bereits zwölf Syrien-Resolutionen.

Trump hat Putin eingeladen. Ist so ein Treffen auf höchster Ebene derzeit überhaupt sinnvoll?

Über eine Einladung berichtete der Putin-Berater Juri Uschakow bereits im März. Die Außenminister hätten den Auftrag, das Treffen zu organisieren. Später ruderte Moskau zurück: man identifiziere derzeit lediglich Themen für einen möglichen Gipfel. Telefonische Kontakte auf höchster Ebene sind jederzeit hilfreich. Um aber die Unversöhnlichkeit der jeweiligen Positionen festzustellen, braucht es kein persönliches Treffen.

Russland wurde vor dem Luftangriff gewarnt. Ist das üblich?

Bei dem Luftschlag auf den Militärstützpunkt Al Schairat vor einem Jahr war das auch so. Der Informationsaustausch zwischen den Militärs funktioniert also, was in Moskau am Sonntag in gewisser Weise sogar gewürdigt wurde. Ruslan Puchow, Chef des renommierten Moskauer Instituts für Strategieanalyse, sagte der Zeitung „Wedomosti“: „Trump hat erneut bewiesen, dass er unberechenbar ist. Es ist gut, dass die USA den Verteidigungsminister James Mattis haben, der dessen Ambitionen auf einen symbolischen Schlag begrenzte.“ Alles sei im erwartbaren Rahmen geblieben, lautet in Moskau das inoffizielle Echo auf den Angriff.

Welche Optionen hat Russland?

Wenn man davon ausgeht, dass die russische Führung sich nicht kopflos in ein Abenteuer stürzen wird, gibt es wenige. Auf eine militärische Reaktion hatte Moskau bereits im Februar verzichtet, als russische Söldner bei einem US-Angriff getötet worden waren. Jetzt griffen die in Syrien stationierten russischen Truppen nicht ein, um die westlichen Raketen abzufangen. Moskau wird jetzt vor allem darauf setzten, Machthaber Assad durch Waffenlieferungen weiter zu stärken, damit dieser rasch den endgültigen Sieg über seine Gegner davonträgt. Auf politischer Ebene hat die Abstimmungsniederlage im UN-Sicherheitsrat ein entscheidendes Problem gezeigt: Russland fehlen Bündnispartner. Lediglich China und Bolivien stimmten für eine Verurteilung des Angriffs. Selbst die Türkei schlug sich jetzt nicht auf die Seite Putins. Der umwarb am Sonntag die Arabische Liga vor deren Gipfeltreffen, doch die Interessen der Mitglieder dieser Organisation gehen zu weit auseinander, um eine Koalition gegen den Westen zu bilden.

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