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Angela Merkel weiht Wahlkampfbus ein, redet aber sonst nicht viel über die Bayern-Wahl, Seehofer oder den Koalitionspartner FDP.

© Reuters

Die Wahlkampfbeobachter (30): Wo ist Angela Merkel?

Sie weiht Wahlkampf-Busse ein und hält Wahlkampfreden in Niedersachsen und Brandenburg - aber die Bayern-Wahl, das fulminante Ergebnis ihrer Schwesterpartei, das Wanken ihres Koalitionspartners? Alles kein Thema für die CDU-Chefin. Sie schwebt weiter.

Hat sie jemand gesehen? Gestern zum Beispiel, als ihre Schwesterpartei in Bayern so fulminant abgeschnitten hat? Oder heute am Tag danach? Ist Angela Merkel, die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin abgetaucht? Nein, natürlich nicht, wenn schon, dann schwebt sie ja über den Dingen. Und Dinge gibt es in dieser letzten Wahlkampfwoche so einige. Vor allem welche, die sie selbst betreffen - ihre Koalition zum Beispiel. Die beste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung, wie sie selbst noch vor wenigen Wochen sagte, Schwarz-Gelb, die Traumhochzeit, das Wunschbündnis. Es steht eine Woche vor der Bundestagswahl vor dem Aus.

Die FDP ist in Bayern krachend an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Jetzt beginnt das große Zittern bei den Liberalen. Sie hoffen nicht nur auf einen Mitleidsbonus, sie buhlen ganz offen im Lager von Angela Merkel um Zweitstimmen. Ihr Generalsekretär Hermann Gröhe wehrt sich tapfer gegen das liberale Stalking. Aber Merkel?

Sie weiht heute einen Wahlkampfbus ein. Am Wahlabend selbst kein Wort von ihr zum Ausgang der Bayern-Wahl. Sie war nicht mal im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale. Im Kanzleramt soll sie gewesen sein. Auch heute ist keine Pressekonferenz nach der Bundesvorstandssitzung mit ihr geplant. Dafür aber Wahlkampfauftritte am Abend in Niedersachsen und Brandenburg. Fragen muss sie dort nicht fürchten. Sie kann ihr Programm abspulen - jenseits der Debatten. Nun gibt es formale Gründe, warum sie schweigt: Handelt es sich ja nicht um einen CDU-Erfolg in Bayern, sondern einen der CSU. Einen CDU-Wahlsieger kann sie also auch nicht präsentieren. Ihre Partei hat über Gröhe gratuliert und den politischen Erfolg aus CDU-Perspektive eingeordnet. Soweit so formal. Es bleibt aber dabei, dass mal wieder ihr Schweigen am deutlichsten vernehmbar ist.

Merkel versucht mal wieder, mit den aktuellen politischen Debatten nichts zu tun zu haben. Es ist natürlich sinnlos, das zu fordern von einer Kanzlerin, die nichts mehr scheut, als Farbe zu bekennen. Was sie davon hat, sie man ja an der unionsinternen Debatte um die PKW-Maut. Man fährt einfach nicht gut mit Festlegungen. Und so duckt sich Merkel jetzt auch bei der Frage weg, was sie nun eigentlich selbst will, wofür sie kämpft. Kämpft sie noch für Schwarz-Gelb? Oder ist das auch nur noch eine Chimäre - so wie Rot-Grün. Dort wird das Bündnis auch nur noch vor sich hergetragen, um nicht Schlagzeilen zu produzieren wie "SPD schreibt Rot-Grün ab".

Dabei passiert genau das längst. Die Reise geht in Richtung große Koalition. Offen sagen will und darf das keiner, obwohl es für beide Parteien eine Win-Win-Situation wäre. Merkel wäre die liberalen Störenfriede los, die SPD hätte zumindest ein Minimalziel erreicht und wäre wieder in der Regierung. Und in der Bevölkerung gilt dieses Bündnis auch noch als sehr beliebt.

Und weil Merkel mal wieder vom Ende her denkt und das nur noch knapp eine Woche entfernt ist, schweigt sie lieber. Das ist bestimmt wahnsinnig klug und strategisch sinnvoll. Dabei würde man sich wünschen, dass Frau Merkel einmal sagt, wo sie steht, was sie will, das sie Farbe bekennt und entweder den Partner unterstützt oder eben nicht. Aber welch' naive Vorstellung. Nicht das Reden ist Gold, sondern das Schweigen. Das wird, vermutlich, belohnt. Wer weiß das besser als Angela Merkel. Dumm nur, wenn auch ihre eigenen Wähler anfangen, diese Fragen zu stellen. Dann kann sie nur hoffen, dass das Ende, der Wahlabend schnell kommt, das verkürzt die Zeit darüber nachzudenken.

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