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Robert Habeck und Annalena Baerbock bei der Bundespressekonferenz einen Tag nach der Wahl.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Zustimmung für Aufrüstung auch mit Schulden: Mehr Menschen würden heute Grüne und Linke wählen

Im ersten Politbarometer nach der Bundestagswahl zeigen sich zwei Drittel der Befragten unzufrieden mit dem Wahlausgang. Milliarden-Investitionen in die Verteidigung findet die Mehrheit gut.

Stand:

Bei ihren Sondierungen haben sich Union und SPD auf milliardenschwere, kreditfinanzierte Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung geeinigt. Während der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz Mühe hat, diese Entscheidung innerhalb von CDU/CSU zu rechtfertigen, kann er zumindest den Großteil der Bevölkerung hinter sich wissen.

Im Politbarometer für „ZDF“ und Tagesspiegel begrüßen über drei Viertel der Befragten eine Aufstockung der finanziellen Mittel für Bundeswehr und Verteidigung, auch wenn dafür zusätzliche Schulden gemacht werden müssen. Nur 22 Prozent sind dagegen. Auch im ARD-Deutschlandtrend sprachen sich zwei Drittel dafür aus; noch mehr Zustimmung fand das Sondervermögen für die Infrastruktur (78 Prozent).

Am Dienstagabend haben die Parteivorsitzenden von Union und SPD ihre finanzpolitischen Reformen vorgestellt. CDU-Chef Friedrich Merz will die Grundgesetzänderungen noch im alten Bundestag mit einer Zweidrittelmehrheit mit den Stimmen der Grünen und der SPD beschließen. Im neu gewählten Bundestag kommen Union, SPD und Grüne wegen der Zugewinne von AfD und Linken nicht mehr auf eine solche Mehrheit. 

Ergebnisse der Parteien

Amtliches Endergebnis im Vergleich zu den Wahlergebnissen von 2021

Union
28,5%
+4,4
AfD
20,8%
+10,4
SPD
16,4%
−9,3
Grüne
11,6%
−3,1
Linke
8,8%
+3,9
BSW
4,98%
+4,98
FDP
4,3%
−7,1
'21
2025
Sonst.
4,6%
−4,2
Daten: Bundeswahlleiterin, Stand 14.03.25, 10:25

Verfassungsrechtler halten das für rechtlich möglich, wenn auch für politisch fragwürdig. Die Grünen sind frustriert, schließlich will Merz genau das umsetzen, was Habeck und Co. schon vor der Wahl als Notwendigkeiten beschrieben hatten. AfD und Linke kündigten an, rechtliche Schritte prüfen zu wollen.

Zwei Drittel mit Wahlausgang unzufrieden

Mutmaßlich auch deswegen blicken viele Menschen rund eineinhalb Wochen nach der Wahl überwiegend negativ auf den Wahlausgang. Im Politbarometer zeigen sich fast zwei Drittel der Befragten unzufrieden mit dem Wahlergebnis. Am stärksten und trotz ihres eigenen Wahlerfolgs Anhänger der Linken (80 Prozent), gefolgt von denen der Grünen (76 Prozent). Obwohl die FDP nach 2013 erneut aus dem Bundestag ausscheidet, bedauern das Wahlergebnis nur zwei Drittel der eigenen Anhängerschaft. Am meisten zufrieden sind noch Anhänger der Union und SPD.

Wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären, würden laut Politbarometer mehr Menschen den Grünen und Linken ihre Stimme geben: Die Grünen kämen auf 13 Prozent (vorläufiges Wahlergebnis: 11,6 Prozent), die Linken auf zehn Prozent (8,8 Prozent). Union und AfD kämen ungefähr auf das gleiche Ergebnis. Für die an der Fünfprozenthürde gescheiterten Parteien BSW und FDP würden sich noch weniger entscheiden. Auch die SPD, die bei der Wahl mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Geschichte eingefahren hat, würde weiter auf 15 Prozent abrutschen.

Drei Viertel rechnen mit Koalition bis Ostern

In der SPD hatten sich nach dem Ampel-Aus im November nicht wenige für einen Kandidatenwechsel an der Spitze, also Boris Pistorius statt Olaf Scholz, ausgesprochen. Im Politbarometer zeigt sich: Selbst nach Ansicht der Sozialdemokraten lag es nicht nur am amtierenden Kanzler. Für die Wahlniederlage machen die Sozialdemokraten zu gleichen Teilen Scholz und die eigenen politischen Inhalte verantwortlich.

Die rechnerisch und politisch einzige Koalitionsoption war nach der Wahl die Neuauflage der Großen Koalition, wie das Bündnis über Jahrzehnte bezeichnet wurde, als Union und SPD noch die mandatstärksten Parteien waren. Fast 60 Prozent sprechen sich heute für eine schwarz-rote Koalition aus. Friedrich Merz will die Sondierungen noch bis Ende der Woche abschließen, um in Koalitionsverhandlungen mit Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) zu treten. 90 Prozent der im Politbarometer Befragten glauben, dass Schwarz-Rot kommt.

Nach Wunsch des mutmaßlich nächsten Bundeskanzlers Merz soll die Koalition bis Ostern stehen. Drei Viertel der Befragten halten das für realistisch.

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