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Brandenburgs Regierungschef für Ende der EU-Sanktionen: Panzer-Debatte: Lob von Russlands Botschafter für Woidke
Auf die Debatten über US-Truppen für Verbündete wie Polen folgt nun ein Wirtschaftsdialog mit Russland in Potsdam. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke fordert dabei Ende der EU-Sanktionen. Angeblich leidet Brandenburgs Wirtschaft darunter. Tatsächlich?
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Potsdam - Das ist er nun dieser Dialog, den sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gewünscht hat, als er sich zu den US-Truppen und durch Brandenburg nach Polen fahrende Panzer beschwert hatte. Und als der Polen-Beauftragte der Bundesregierung warnte, das Verhältnis zu Russland könne sich verschlechtern. Dass er zugleich erst nichts, dann wenig über Russlands Annexion der Krim und der Militäraktionen in der Ostukraine sagte, beschäftigte über Wochen die Landespolitik. „Ich glaube, dass wir trotz aller Schwierigkeiten den Dialog mit Russland suchen sollten“, hatte Woidke Anfang Januar gesagt und vor einer militärischen Eskalation gewarnt. Und er hatte ausdrücklich auf diesen Termin am Mittwoch hingewiesen.
Woidke: Wenn EU-Sanktionen ohne Erfolg, dann Mut für deren Aufhebung gefragt
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) lud ins Potsdamer Inselhotel zum „Forum Geschäftsbeziehungen Russland“, einem deutsch-russischen Wirtschaftsdialog. Moskaus Botschafter Wladimir Michailowitsch Grinin war zu Gast, in der vergangenen Woche noch führte er den rbb und ausgewählte Gäste des Senders exklusiv gemeinsam mit Brandenburgs Ex-Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) durch die Botschaft in Berlin – wohlgemerkt unter Ausschluss anderer Medien. Den PNN wurde eine entsprechende Akkreditierung verweigert.
Nun zeigte sich Woidke besorgt über die zunehmende Entflechtung der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. Dadurch gingen wichtige Kontakte und Gesprächskanäle verloren. Die Gegensanktionen der Russen beträfen besonders die märkische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, erklärte Woidke. Daher müssten die Maßnahmen immer wieder neu überdacht werden. „Wenn Sanktionen keinen Erfolg hatten, sollten wir den Mut haben, sie zu beenden“, sagte Woidke.
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Nach der Besetzung der Krim durch Russland hatten die USA und die EU gegen Russland Sanktionen verhängt. Als Reaktion darauf blockt Moskau seinerseits EU-Agrarimporte ab. Brandenburg werde den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland weiter aktiv unterstützen, sagte Woidke. Brandenburg habe enge historische und kulturelle Bezüge zu Russland. „Ich bin überzeugt: Ökonomisch, zivilgesellschaftlich und politisch muss die Tür zu Dialog und Kooperation mit Russland weiter offen bleiben.“
Russlands Botschafter Grinin plädierte für einen besonnenen wirtschaftlichen Dialog und lobte die „laute Stimme“ der brandenburgischen Wirtschaft. Die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland dürften nicht weiter degradiert werden. Und dann sagte der Botschafter: „Wenn Russland aggressives Verhalten unterstellt wird, steht das nicht im Einklang mit der menschlichen Vernunft, wenn durch das Land Lkw mit amerikanischen Panzern nach Osten rollen.“ Und er bedankte sich ausdrücklich für Woidkes Worte über die Panzer, die nicht beiderseits der Grenze auf und ab fahren sollten.
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Doch bleibt die Frage, wie stark die Sanktionen Brandenburgs Wirtschaft wirklich schaden und warum sich der Ministerpräsident darum kümmern muss. Der Ministerpräsident sagte, die Exporte nach Russland seien seit 2011 – also vor Beginn der Krise um Krim und Ukraine und vor den EU-Sanktionen – um die Hälfte gesunken. Bei Brandenburgs Exporten lag Russland auf Platz elf. Spitzenreiter waren die USA. Der Anteil der Brandenburger Ausfuhren nach Russlands am Gesamtexport lag 2015 mit nur 200 Millionen Euro bei 1,4 Prozent, 2014 bei 2 Prozent und 2013 bei 2,3 Prozent.
Allein die Exporte nach Polen glichen die Verluste beim Russland-Geschäft aus
Zugleich legte Brandenburgs Gesamtexport aber kräftig zu: Von 2013 bis 2015 verzeichneten das statistische Landesamt einen Zuwachs von 12,9 auf 14,3 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg um immerhin 10 Prozent. Die größten Handelspartner beim Export sind die USA und Polen, die Exporte in beide Länder stiegen deutlich an. Allein die Zuwächse beim Export in Brandenburgs Nachbarland Polen glichen die Verluste bei den Russland-Exporten mehr als aus.
Dennoch legt sich der Polen-Beauftragte der Bundesregierung nun kräftig für die Wirtschaftsbeziehungen nach Russland und die Aufhebung der EU-Sanktionen in Zeug. Das war nicht immer so. In einer Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Landtagsfraktion vom Frühjahr 2015 heißt es sogar: „So sieht die Landesregierung als zentralen Faktor für den Rückgang der brandenburgischen Exporte nach Russland im Jahr 2015 den wirtschaftlichen Abschwung in Russland an, der neben strukturellen Schwächen und gewachsenen Kapitalabflüssen vor allem vom stark gefallenen Ölpreis herrührt.“ Und: „Die Sanktionen gegen die Russische Föderation wurden von der EU verhängt. Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, Entscheidungen der EU zu bewerten. Im Übrigen wird auf die Zuständigkeit der Bundesregierung für die Außenpolitik verwiesen.“
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