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 Mitglieder der sogenannten „Letzten Verteidigungswelle“ posieren auf Instagram.

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Wer ist die „Letzte Verteidigungswelle“?: Junge Neonazis sollen Kulturhaus in Brandenburg angezündet haben

Im Herbst brannte ein Kulturhaus in Südbrandenburg vollständig ab. Statt eines vermuteten technischen Defekts sollen rechtsextreme Teenager verantwortlich sein, wie neue Recherchen zeigen.

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In einer Oktobernacht des vergangenen Jahres zerstörte ein verheerendes Feuer das Kulturhaus in Altdöbern im Brandenburger Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Der Betrieb im „Kultberg“ ist seitdem eingestellt. Lange galt ein technischer Defekt als ursächlich.

Tatsächlich scheint der Brand absichtlich gelegt worden zu sein. In einem Bericht der „Welt“ ist die Rede von zwei 15-Jährigen, die in Verdacht stehen, das Feuer aus politischen Gründen gelegt zu haben. Beide sollen in der rechtsextremen Gruppierung „Letzte Verteidigungswelle“ organisiert sein.

Beide Teenager sollen in der Region aufgewachsen sein und wurden im Februar festgenommen, schreibt die Zeitung, die sich auf Sicherheitskreise bezieht. Einer der Jugendlichen soll sich weiterhin in Untersuchungshaft befinden. Die Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft Cottbus, die die Recherchen bestätigte.

Nach Informationen der „Welt“ seien beide der Neonazi-Organisation „Letzte Verteidigungswelle“ angehörig. Das Innenministerium Brandenburgs ist die Gruppierung schon länger bekannt. In Reaktion auf eine Tagesspiegel-Anfrage aus dem Januar zu neu entstandenen rechtsextremen Jugendgruppen wurde sie vom Ministerium in einem Atemzug mit Organisationen wie „Deutsche Jugend Voran“ und „Jung und Stark“ genannt.

Behörden halten sich bedeckt

Die Sicherheitsbehörden in Brandenburg halten sich darüber hinaus äußerst bedeckt zu dem Fall. Das hat zum einen mit dem Alter der verdächtigten Jugendlichen zu tun. Für die Behörden gelten bei minderjährigen Tatverdächtigen höhere Anforderungen für den Schutz der Persönlichkeitsrechte als bei Erwachsenen.

Zum anderen könnte der Fall noch ein größeres Ausmaß annehmen. Nach Tagesspiegel-Informationen sind auch Ermittler in anderen Bundesländern mit dem Komplex befasst. Hinweise auf den Brandanschlag kamen aus Thüringen, auch Polizeieinheiten aus Sachsen waren bei der Razzia im Februar beteiligt. Im Visier haben die Behörden nicht nur die beiden Jugendlichen, sondern das gesamte Netzwerk der jungen Neonazi-Truppe. Inzwischen soll auch die Bundesanwaltschaft prüfen, ob sie das Verfahren übernimmt.

SS-Totenkopf und „Gauleiter“

Auf Instagram präsentiert sich ein Account der „Letzten Verteidigungswelle“ mit einem SS-Totenkopf im Profilbild. Die SS-Totenkopfverbände waren die für die Bewachung der Konzentrationslager zuständigen Einheiten der SS. „Werde auch du ein Teil der L.V.W.“, und „Jung, frech, radikal“ ist in der eigenen Profilbeschreibung des Kontos zu lesen.

Regionale Ableger scheinen sowohl in Sachsen, als auch in Bayern zu existieren. Beide Bundesländer sind mit eigenen Stützpunkt-Accounts auf Instagram vertreten. Ein weiteres Profil, das einem sächsischen Mitglied der Gruppierung zuzuordnen ist, nennt sich „Gauleiter Sachsen“. In Zeiten des Nationalsozialismus wurden die regionalen Führer der NSDAP als Gauleiter bezeichnet.

Fotos, die dem Tagesspiegel vorliegen, zeigen mehrere vermummte Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung mit Bengalo-Fackeln und Deutschland-Fahne im Hintergrund.

Das im Oktober fast vollständig abgebrannte Veranstaltungshaus in Altdöbern genoss in der Region einen Kultstatus. Im Gebäude befand sich auch ein Jugendclub. 2019 pachtete ein gebürtiger Altdöberaner mit seiner Frau das „Kulturhaus am Weinberg“ und modernisierte es.

Sollte sich die rechtsextrem motivierte Brandstiftung bestätigen, reiht sich das Feuer in einer Serie von Gewaltdelikten im Süden Brandenburgs ein, die von Neonazis begangen wurden. Dazu gehören Angriffe auf alternative Jugendclubs in Spremberg und Senftenberg, ein vereitelter Sprengstoffanschlag auf ein Flüchtlingsheim und rassistische Angriffe auf ausländische Studierende.

An diesem Freitag hatte der Verein „Opferperspektive“ die Bilanz rechtsextremer Taten in Brandenburg im Jahr 2024 vorgestellt und von einem neuen Höchststand berichtet. Man stehe an einer „Eskalationsschwelle“, hieß es vom Verein.

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