Der Ton, mit dem die Gewerkschaften die geplante Rentenreform der rot-grünen Bundesregierung kommentieren, verliert an Schärfe. Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte jedenfalls bemüht sich, den Eindruck zu zerstreuen, die Gewerkschaften wollten der Regierung wegen der Rente auf jeden Fall einen heißen Herbst bescheren.
Altersvorsorge
Die Zahl der Arbeitnehmer, die in der westdeutschen Industrie und im Handel in den Genuss einer betrieblichen Altersvorsorge kommen, ist einer Studie des Münchener Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) zufolge in den vergangenen drei Jahren gesunken. Der Anteil der Beschäftigten in der Industrie mit verbindlichen Versorgungszusagen sei von 1996 bis 1999 von 65 auf 64 Prozent zurückgegangen, im Handel von 29 auf 28 Prozent, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie.
Die Bundesregierung muss sich mit ihren geplanten wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen auf erheblichen Widerstand einstellen. Nachdem die Steuerreform in der Wirtschaft nahezu einmütig begrüßt wurde, positionieren sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nun angesichts weiterer Reformvorhaben.
Mit den Lohnabschlüssen von Bayern und Hessen ist im Tarifkonflikt des Einzelhandels offenbar der Durchbruch erzielt worden. Die Hauptvorstände der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) forderten am Freitag die Arbeitgeber auf, nun auch in den anderen Tarifbezirken eine schnelle Einigung herbeizuführen.
Als positives Signal für den Standort Deutschland und Ende des Reformstaus haben Kreditwirtschaft und Industrie die Zustimmung des Bundesrates zum Steuerpaket am Freitag begrüßt. Allein der Handel zeigte sich entäuscht.
Im Streit um die Rentenreform hat die IG Metall der Bundesregierung einen "heißen Herbst" angedroht. Sollte das rot-grüne Konzept nicht wesentlich geändert werden, sei mit entschiedenem Widerstand zu rechnen, erklärte IG-Metall-Vorstandsmitglied Horst Schmitthenner in der "Welt".
Flexibel und frei sollen zukünftige Generationen in die Rente gehen. Flexibel in der Wahl ihrer privaten Altersvorsorge und frei von vorher dafür gezahlten Steuern, fordert Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grünen.
Rentenprobleme gibt es nicht nur in Deutschland, soviel ist klar. Auch in Frankreich, der Schweiz, den USA und vielen anderen Ländern wird heftig über die Altersvorsorge diskutiert.
Politik: Rentenreform: Riester geht auf Gewerkschaften zu - Beiträge sollen unter 20 Prozent bleiben
In die festgefahrenen Gespräche über einen Konsens bei der Rentenreform ist wieder Bewegung gekommen. Sozialminister Walter Riester (SPD) kam dazu den Gewerkschaften in einigen Punkten entgegen, als der Bundeskanzler und er sich am Freitagnachmittag im Berliner Kanzleramt mit der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer und dem DAG-Chef Roland Issen trafen.
Der Unmut gegenüber der von der Regierung geplanten Rentenreform wird auch bei den Gewerkschaften immer größer. Die Aufgabe der paritätischen Finanzierung der Rentenversicherung könne nicht hingenommen werden, sagte der Vorsitzende der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), Roland Issen, im Vorfeld der gemeinsamen Gespräche mit der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer bei Bundeskanzler Gerhard Schröder am Freitag nachmittag.
Die Rentenversicherungen werden nach Schätzungen in diesem Jahr zusammen einen Überschuss von knapp 1,2 Milliarden Mark erzielen. Das sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), Lutz Freitag, am Mittwoch bei der BfA-Vertreterversammlung in Bremen.
Das Rentenkonzept der Bundesregierung stößt im Vorfeld der nächsten Verhandlungsrunde bei fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstituten grundsätzlich auf Zustimmung. Die Wirtschaftsexperten stellten allerdings klar, dass Bundesarbeitsminister Walter Riester noch am Feinschliff seiner Reformpläne arbeiten müsse.
Bert Rürup (56) ist Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Darmstadt und berät seit mehreren Jahren die Bundesregierung in Fragen zur Rentenreform. Auch die Blümsche Rentenreform hat seine Handschrift getragen: Rürup gilt als Erfinder des Demographiefaktors.
Seine rechte Hand hält die Lesebrille fest umschlossen und fuchtelt in Richtung Publikum. "Wir wollen zeigen, dass Politik mehr ist als Wurschtelei", ruft er aus.
Auch die Briten bleiben von Rentenproblemen nicht verschont. Aber wie bei so Vielem läuft es auch bei der Altersvorsorge in England anders als auf dem Kontinent: Die staatliche umlagefinanzierte Grundrente macht schon seit Jahren nur einen geringen Teil der Altersvorsorge aus.
Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) und die Gewerkschaften sind bemüht, ihren Konflikt um die Rentenreform zu entschärfen. Ein Sprecher Riesters sagte am Montag in Berlin, der Minister suche möglichst bald ein klärendes Gespräch.
Die private Zusatzvorsorge ist praktisch beschlossene Sache. Bis zu vier Prozent seines Gehalts soll jeder Rentenversicherte freiwillig sparen.
Welche Strategie fährt die Union bei den Gesprächen über einen Rentenkonsens mit der Regierung? Sozialminister Walter Riester zeigte sich am Tag nach dem Rentengipfel im Berliner Kanzleramt ernüchtert.
Im Streit um die geplante Rentenreform will Finanzminister Hans Eichel (SPD) die private Altersvorsorge nun doch deutlich stärker fördern als bisher bekannt. Er will bis zum Jahr 2008 etwa 19 Milliarden Mark für die steuerliche Freistellung der Beiträge zur privaten Altersvorsorge locker machen.
In Deutschland steht ein Umbruch im Rentensystem an, andere Industrienationen haben ähnliche Reformen bereits hinter sich.USA: Schätzungen zufolge betreiben nur 15 Prozent der Bürger eine angemessene Vorsorge.
Gewerkschaften und Sozialverbände haben die Pläne der Regierungskoalition zur Reform des Rentensystems verworfen. Diese Vorstellungen seien einseitig darauf ausgerichtet, den Beitragssatz zur gesetzlichen Alterssicherung möglichst niedrig zu halten, erklärten sie nach einem "alternativen Rentengipfel" am Dienstag in Berlin.
Hans Eichel hängt an jeder Mark. Der sparsame Finanzminister zierte sich daher bislang, die privaten Beiträge zur Rente von der Steuer zu befreien.
Es war übrigens Jesus Christus, der erstmals die Kinder zu vollwertigen Menschen erklärte. Dieser neue Respekt vor dem Kind war ein Kernstück seiner Revolution des Empfindens.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wird der Union nach Einschätzung aus Koalitionskreisen beim geplanten Rentengipfel entgegenkommen. Denkbar sei, dass der Kanzler CDU und CSU am kommenden Dienstag eine generelle Zusage über die steuerliche Befreiung von Beiträgen zur privaten Altersvorsorge machen werde, hieß es am Donnerstag in Berlin.
Auch in der Schweiz ist nicht alles Gold, was glänzt. Das Rentensystem der Eidgenossen, das für viele Länder als Vorbild gilt, bekommt leichte Risse.
Na also, die Opposition funktioniert. Die Steueranreize für die private Altersvorsorge reichen nicht, sagt die Union.
Die Rentenexperten der rot-grünen Regierungskoalition haben sich auf einer Klausurtagung in Bensheim auf ein gemeinsames Konzept geeinigt, mit dem sie in die entscheidende Runde der Renten-Konsensgespräche mit der Opposition in der kommenden Woche gehen wollen. Die Koalition will die Rentenformel ändern und die gesetzlichen Renten späterer Generationen kürzen.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat Entgegenkommen bei der zusätzlichen Förderung der Altersvorsorge im Rahmen der Rentenreform von einem Einlenken der Union bei der Steuerreform abhängig gemacht. "Es gibt da einen zwangsläufigen Zusammenhang: Man kann Geld nur ein Mal ausgeben", sagte Eichels Sprecher Torsten Albig am Freitag in Berlin.
VW will den Sozialstaat umkrempeln. Nicht mehr Sozialleistungen sind wichtig, meint Vorstandsmitglied Peter Hartz, sondern neue Beteiligungsformen.
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen strebt an, mittelfristig alle Einkommen gleichmäßig und unabhängig von ihren Quellen zu besteuern. Die derzeit geltende unterschiedliche Besteuerung beispielsweise von Fonds, Lebensversicherungen oder Arbeitseinkünften sei "perspektivisch nicht haltbar", sagte Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, auf einer Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend in Berlin.
Carsten Lucht ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Finanzdienstleistungen in Berlin.Herr Lucht, sind die aus dem Bundesfinanzministerium zu hörenden Vorschläge geeignet, das Problem der Altersvorsorge in unserer Gesellschaft zu lösen?
Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten. Wie im Fußball ist man auch an der Börse nie vor Überraschungen gefeit, und Anleger brauchen manchmal einen langen Atem, um zum Erfolg zu kommen.
Die Diskussionen um die Krise der gesetzlichen Rente oder eine private Zwangsvorsorge nehmen den Versicherern viel Marketingarbeit ab: Nie war es leichter, Kunden von der "Versorgungslücke" zu überzeugen. Das gilt nicht nur für Deutschland.
In der rot-grünen Koalition zeichnet sich ein Streit über Steuererhöhungen ab: Die Grünen wollen Steuerentlastungen bei der Altersvorsorge nicht durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer, sondern über höhere Ökosteuern ausgleichen. Die Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses, Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen), bestätigte gegenüber dem Handelsblatt, dass die rotgrüne Koalition die nachgelagerte Besteuerung der Renten vorbereite.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will die Betriebsrente zum "zweiten Bein der Altersvorsorge" machen und dies durch eine gesetzliche Verpflichtung absichern. Die von den Rentenfachleuten der Parteien favorisierte Stärkung der rein privaten Altersabsicherung lehnte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer am Dienstag ab.
Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) plädiert mit Nachdruck für transparentere Informationen vor künftigen Börsengängen. Nach Ansicht von DAI-Präsident Max Dietrich Kley sollte ein Emittent schon vor dem Gang an die Börse klar sagen, wie er die Aktien zuteilt, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) erwartet, dass in den kommenden Jahren verstärkt die grundrechtlich zugestandene Privilegierung der Berufsbeamten, etwa bei der Altersversorgung, auf den Prüfstand gestellt wird. "Es muss gefragt werden, was haltbar ist und was nicht", sagte er am Montagabend bei einer Veranstaltung der Bankgesellschaft Berlin.
Der Wirtschaftsrat der CDU sieht die Rentenreform auf dem richtigen Weg und rechnet mit einem Konsens über die Eckpunkte bis zum Jahresende. "Es ist erfreulich, dass mittlerweile die Notwendigkeit einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge allgemein anerkannt ist", sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsrates Dieter Murmann am Donnerstag in Berlin.
Die Krise der Rentenversicherungssysteme ist in Europa weitaus bedrohlicher als in den Vereinigten Staaten. Das ist das Fazit von Professor Martin Feldstein, Präsident des National Bureau of Economic Research (NBER) in USA, nach einer internationalen Konferenz zum Thema: "Wie werden wir mit der Rentenkrise fertig - wo steht Europa?
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben am Dienstag bei ihrer Kritik an wesentlichen Vorhaben der Bundesregierung in der Sozialpolitik zu einer einheitlichen Linie zurückgefunden. Nach einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am Rande der Internationalen Handwerksmesse in München unterstützten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Dienstag die bisher vor allem vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) vorgetragenen Bedenken gegen eine Erweiterung des Vorruhestands.