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Wirtschaft: Schweizer Rentensystem bekommt Risse: Die Mehrwertsteuer soll Löcher bei der Altersvorsorge stopfen helfen

Auch in der Schweiz ist nicht alles Gold, was glänzt. Das Rentensystem der Eidgenossen, das für viele Länder als Vorbild gilt, bekommt leichte Risse.

Auch in der Schweiz ist nicht alles Gold, was glänzt. Das Rentensystem der Eidgenossen, das für viele Länder als Vorbild gilt, bekommt leichte Risse. Im Vergleich zu Deutschland steht die Schweiz aber noch gut da: "Wir haben eine sehr gute Aufteilung zwischen den drei Säulen", sagt Hans Schmid, Professor an der Universität in St. Gallen. "Im Vergleich zu Deutschland fällt bei uns die umlagefinanzierte Rente viel weniger ins Gewicht, das macht unser System tragfähiger." Im Durchschnitt stammen bei einem Zwei-Personen-Rentner-Haushalt in der Schweiz 42 Prozent aus der umlagefinanzierten ersten Säule (AHV), 32 Prozent aus Betriebsrenten (BVG) und 26 Prozent aus privater Vorsorge.

Aber auch in der Schweiz wird die demographische Entwicklung die 1948 gegründete Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) vor ernsthafte Probleme stellen: Auch hier müssen immer weniger Beschäftigte immer mehr Rentner finanzieren. Allerdings sind die AHV und die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland nur sehr eingeschränkt miteinander vergleichbar.

In der Schweiz müssen alle - von den nicht erwerbstätigen Frauen über Studenten bis hin zu Beamten Beiträge in die AHV einzahlen. Bei einer nicht erwerbstätigen Frau oder einem Studenten sind es rund 400 Franken. Ein Arbeitnehmer bezahlt dagegen rund fünf Prozent seines Bruttolohnes und der Arbeitgeber legt noch einmal soviel dazu. Nach oben gibt es anders als in Deutschland keine Bemessungsgrenzen. Die Leistungen sind dagegen gedeckelt: Auch ein Vorstandschef, der 45 Jahre lang Beiträge bezahlt, bekommt im Monat maximal nur 2010 Franken aus der AHV. "Diese starke Umverteilung ist gewollt", sagt Maria Verena Brombacher Steiner vom Bundesamt für Sozialversicherung in Bern. Über die AHV ist auch eine existenzsichernde Mindestrente von 1005 Franken vorgeschrieben. Konsens herrscht auch darüber, dass die Beiträge nicht erhöht werden sollen, um die Löcher in der AHV zu stopfen. Viel eher denken die Eidgenossen darüber nach, Teile der Goldreserven der Nationalbank zu verkaufen oder die Mehrwertsteuer ein zweites Mal innerhalb kurzer Zeit zu erhöhen.

Eine wichtige Stütze der Altersvorsorge der Schweizer ist die zweite Säule: Durch sie wird die AHV aufgestockt. Seit 1985 ist sie durch das Bundesgesetz für berufliche Vorsorge (BVG) für alle Plicht. In vielen Firmen hat sie aber schon eine jahrzehntelange Tradition. Dabei versichert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung und übernimmt mindestens die Hälfte der Beiträge. Diese Beiträge schwanken von Arbeitgeber zu Arbeitgeber stark und liegen zwischen vier und 20 Prozent des Bruttolohnes. "Im Durchschnitt bezahlen beide zusammen neun Prozent", sagt Brombacher Steiner.

Mittlerweile gibt es rund 12 000 Vorsorgeeinrichtungen, die die Beiträge für die Mitarbeiter anlegen und aus dem Kapitalstock die Renten oder eine einmalige Kapitalabfindung bezahlen. Die Höhe der Altersvorsorge ist dabei vom angesparten Vermögen abhängig, wobei als Jahresrente mindstens 7,2 Prozent des angesparten Kapitals gewährt werden sollte. Für viele Versorgungseinrichtungen wird es jedoch immer schwieriger, diese Rendite zu erwirtschaften. Diskutiert wird deshalb diesen "Mindestumwandlungssatz" auf 6,5 Prozent zu senken. Nicht zur Freude der Beitragszahler. Ihnen ist zwar bewusst, dass auch die Versorgungseinrichtungen ihren Mitgliedern auf Grund der längeren Lebenserwartung immer mehr Renten bezahlen müssen, trotzdem müssten die Kassen ihrer Meinung nach besser abschneiden. Auch Klaus Durrer, Ökonom bei der Schweizer Großbank UBS sieht das so: "Es gibt nicht genügend Wettbewerb und viele Vorsorgeeinrichtungen haben auch nicht die ausreichende Größe und Professionaliät". Ärgerlich ist für viele deshalb, dass sie die Vorsorgeeinrichtung nicht selbst wählen dürfen. Etwas hat sich jedoch verbessert. Seit ein paar Jahren dürfen die Schweizer das angesparte Kapital zu einem neuen Arbeitgeber mitnehmen.

Einen Vorteil sehen viele auch darin, dass erst die Renten, nicht aber die Rentenbeiträge besteuert werden. Zudem begünstigen die Schweizer durch Steuervergünstigungen besonders das Sparen für die dritte Säule, die zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Karin Birk

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