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Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, steht im Gebäude des Europäischen Parlaments und spricht.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Trump riskiert einen Handelskrieg: Das Momentum ist auf der Seite Europas

Mit den Zöllen auf Aluminium und Stahl will Donald Trump Europa direkt treffen. Diesseits des Atlantiks wächst die Sorge vor einem Handelskrieg. Doch die EU tritt selbstbewusst auf – und zwar zu Recht.

Felix Kiefer
Ein Kommentar von Felix Kiefer

Stand:

Donald Trump macht weiter Ernst. Der US-Präsident hat am Mittwoch Zölle auf alle Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt. Bisher geltende Ausnahmen für Waren aus dem Ausland werden gestrichen. Im April könnten höhere Abgaben auf Autos dazukommen. Die EU hat prompt mit Gegenzöllen reagiert. Während der Krieg in Gaza ruht und der gegen die Ukraine womöglich bald, wächst die Sorge vor einem weltweiten Handelskrieg.

Trumps Handelspolitik folgt dabei seinen bewehrten politischen Grundsätzen: Machen statt nachdenken, Ellbogen statt Handschlag. „America First“, „Make America Great Again“ und so weiter. Sein Mittel der Wahl: Zölle, sein Lieblingswort. Der Gedanke dahinter ist wenig überraschend simpel: Wenn ausländische Waren teurer werden, würden Amerikaner wieder mehr heimische Produkte kaufen, was die Wirtschaft ankurbelt.

Für einen Egomanen wie Donald Trump zählen vor allem seine Beliebtheitswerte – und die fallen.

Felix Kiefer

US-Bürger leiden unter Trumps Zollpolitik am stärksten

Aufgehen dürfte diese Rechnung, wenn überhaupt, nur kurzfristig: Zölle können schwächere inländische Industrien vorübergehend schützen und bringen mehr Einnahmen für den Staat. Langfristig leiden amerikanische Bürgerinnen und Bürger wie Firmen darunter.

Hätte Trump auch nur ein Ökonomiebuch gelesen, statt Bildbände oder Bibeln zu verlegen, wüsste er, dass ein Handelsdefizit kein Zeichen von Schwäche ist. Ein Blick in die Geschichte sowie die wissenschaftliche Literatur zeigt, dass Länder mit hohen Zöllen tendenziell sogar größere Handelsdefizite haben, nicht kleinere.

Auf eine aggressive Zollpolitik reagieren betroffene Länder verstärkt mit Vergeltungsmaßnahmen. Kanada, Mexiko und China – die drei wichtigsten Handelspartner der USA haben alle Gegenzölle verhängt. Zwar reagierte China bisher zurückhaltend, doch Xi scheint keine Eskalation zu scheuen.

Europa reagiert mit Vergeltungszöllen

Auch in Europa war man am Mittwoch vorbereitet und reagierte. Von April an werden wieder Extrazölle auf die Einfuhr von amerikanischen Produkten wie Whiskey, Motorrädern, Jeans oder Booten fällig. US-Importeure dürften dann bis zu sechs Milliarden Euro mehr an Importzöllen bezahlen. Schon als Trump 2018 Sonderzölle auf Stahl und Aluminium einführte, ergriff die EU diese Gegenmaßnahmen. Das US-Handelsdefizit mit Europa ist danach trotzdem gestiegen.

Durch eine Zollspirale könnte sich der beginnende Handelskonflikt erneut zu einem Handelskrieg ausweiten. Die sich verändernden sicherheitspolitischen Trennlinien werden dabei zunehmend auch geoökonomisch sichtbar: Trumps USA auf der einen Seite, der verbleibende Westen und China auf der anderen. Wie bei anderen Kriegen gibt es auch hier keine Gewinner. Es verlieren nur manche weniger.

Die direkten Auswirkungen dürften jenseits des Atlantiks stärker zu spüren sein: bei steigenden Preisen für Endverbraucher, höheren Kosten für Firmen und mehr Bürokratie in Lieferketten.

Auch für die europäische Stahlindustrie ist die USA der wichtigste Absatzmarkt. Die deutsche Industrie, etwa die bereits angeschlagene Autoindustrie, steht dadurch vor zusätzlichen Belastungen. Simulationen zeigen aber, dass US-Zölle nur geringe direkte Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft insgesamt hätten. Militärisch ist die USA weiter unangefochtene Weltmacht und Europa sicherheitspolitisch abhängig. Im Welthandel sind die USA zwar wichtig, aber perspektivisch kann sich die EU hier leichter emanzipieren.

Wer hält eine Eskalation länger durch?

Die entscheidende Frage wird sein, wer eine Eskalation länger durchhalten kann. Die unmittelbare, aber verhältnismäßige Reaktion der EU-Kommission am Mittwoch zeigt, dass Europa aus der Geschichte gelernt hat und nicht gewillt ist, sich einschüchtern oder politisch erpressen lassen zu wollen. Die EU handelt, statt zu kuschen. Auch ihre Sprache hat sich verändert: Man reagiert heute schneller, entschiedener und schärfer im Ton. Zudem hält sich die EU-Kommission zusätzliche Maßnahmen offen. Das dürfte selbst bei Trump ankommen und wirken.

Der aktuelle Kursrutsch an den Finanzmärkten zeigt, dass das Momentum kurzfristig eher auf der Seite der Europäer ist. Hatte Trumps Wiederwahl als US-Präsident noch Euphorie ausgelöst und Erwartungen geweckt, die USA könnte Europa wirtschaftlich weiter abhängen, hat sich die Stimmung mittlerweile drastisch geändert.

Die Aktienmärkte in Europa entwickeln sich seitdem deutlich besser als die in den Staaten. Während der Dax seit einem halben Jahr 20 Prozent zugelegt hat, stagniert der Dow Jones. Diese Dynamik hat sich seit Jahresbeginn noch mal verschärft. Die Differenz der Renditen von US-Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen ist deutlich gesunken.

Die Wechselkurse entwickeln sich in die gleiche Richtung: Konnte man Dollar und Euro vor Monaten noch im Verhältnis 1:1 zu tauschen, bekommt man heute nur gut 90 Euro für 100 Dollar.

Die Zukunft des Handelskonflikts ist maßgeblich daran geknüpft, wie lange Trump diese Entwicklungen persönlich aushalten kann.

Seine republikanische Gefolgschaft ist ihm bisher uneingeschränkt hörig, von dieser Seite dürfte ihm niemand gefährlich werden. Doch für einen Egomanen und Entertainer wie Donald Trump zählen vor allem seine Beliebtheitswerte – und die fallen.

Der Grund: Wählerinnen und Wähler verfolgen die Lage der US-Wirtschaft zunehmend mit Sorge. Die oben beschriebenen Entwicklungen sind Momentaufnahmen, harte Wirtschaftszahlen etwa zum Bruttoinlandsprodukt kommen erst noch.

Doch auch das Risiko für eine US-Rezession ist gestiegen. Das von Trump aufgerufene goldene Zeitalter – es lässt mindestens auf sich warten. Bisher kommt es eher bleiern daher. Mit seiner erratischen Politik macht er Amerika bisher eher not great. Irgendwann könnte Trump daher gezwungen sein, handelspolitisch abzurüsten. Er würde damit das Richtige tun, wenn auch aus den falschen, niederen Gründen der eigenen Eitelkeit, doch immerhin.

Die Gegenreaktionen von Kanada und Mexiko haben bei Trump Wirkung gezeigt. Handelt Europa ähnlich und geschlossen, wird sich der US-Präsident davon beeindrucken lassen und den Handelskrieg beenden, bevor er wirklich begonnen hat. Denn den dürfte selbst er ausnahmsweise mal nicht gewinnen können.

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