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Hörsaal der Freien Universität in Berlin besetzt: Studenten verfolgen Albanese-Vortrag im Livestream
Nach einem abgesagten Vortrag der UN-Sonderberichterstatterin Albanese haben etwa 40 Personen einen Hörsaal beansprucht, um die Ersatzveranstaltung zu streamen. Die Linke bezeichnet die Absage als „zutiefst verstörend“.
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An der Freien Universität Berlin (FU) haben am Mittwochvormittag etwa 40 Personen einen großen Hörsaal vorübergehend besetzt. Die Aktion habe unter Duldung der Universität stattgefunden, teilte die FU am Mittag mit. Die Polizei sei alarmiert worden, weil die Sicherheitslage zunächst nicht kontrollierbar erschienen sei. Wie sich später herausstellte, mussten die Beamten aber nicht eingreifen.
Hintergrund der Aktion war der abgesagte Vortrag von Francesca Albanese an der FU. Für die Live-Übertragung der Veranstaltung, die im Umspannwerk in Kreuzberg stattfand, hatte der AStA der FU seine eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Wenig später nutzten Demonstrierende jedoch den Hörsaal in der FU.
Die Leitung habe die Hörsaal-Aktion geduldet und den Studierenden eine Frist zum Verlassen des Saals gesetzt, die eingehalten worden sei, hieß es seitens der Hochschulleitung. Nach dem Verlassen des Hörsaals begaben sich die Besetzer in die Räumlichkeiten des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Die Polizei wurde laut einem Reporter vor Ort nicht tätig.
Studierende wollten „ein Zeichen setzen“
Laut der Polizei vor Ort gaben die Besetzer an, dass sie ein Zeichen haben setzen wollen, weil die von der Uni-Leitung abgesagte Veranstaltung mit Albanese ursprünglich in dem besetzten Hörsaal hätte stattfinden sollen. Die Gruppe „Students for Palestine“ postete auf Instagram am Mittwoch eine Reihe von Beiträgen zu Albanese und auch aus dem besetzten Hörsaal der FU. Auf den Bildern sind auch Polizisten in dem Gebäude zu sehen.
Die Beiträge der Aktivisten zeigen unter anderem einen Videoausschnitt einer Podiumsdiskussion mit Albanese, die am Dienstag in den Räumlichkeiten der „Jungen Welt“ stattgefunden hatte. In dem Ausschnitt scheint sich Albanese für den Boykott einiger israelischer Universitäten auszusprechen: „Was die Universitäten tun, ist so falsch, dass es vor Gericht gebracht werden sollte. Universitäten können keine Partnerschaften mit Akteuren haben, die irgendetwas zu tun haben mit den Siedlungen.“
Albanese-Veranstaltung nach Kreuzberg verlegt
Albanese hätte an der FU zu folgendem Thema sprechen sollen: „Lebensbedingungen, die auf Zerstörung angelegt sind. Rechtliche und forensische Perspektiven auf den laufenden Gaza-Genozid“. Eingeladen worden war Albanese von einer Gruppe von Professor:innen aus den Sozial- und Geisteswissenschaften.
Die Linkspartei bezeichnete die Absage von Veranstaltungen mit Albanese als „zutiefst verstörend“. Es müsse möglich sein, „offen über Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen zu sprechen – einschließlich des Vorwurfs eines Genozids, der gerade vom IGH geprüft wird“, schrieb die Parteivorsitzende Ines Schwerdtner in einem Beitrag auf X.
Israel ist wegen der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen und der katastrophalen Versorgungslage international massiv in die Kritik geraten. Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag läuft eine von Südafrika erhobene Völkermord-Klage gegen Israel.
Auch Albanese bekräftigte ihre Empörung über die Absage des Vortrags seitens der FU. Bei dem Ersatztermin im Umspannwerk in Kreuzberg warnte sie vor der Freiheitseinschränkung der Wissenschaft. Es sei extrem besorgniserregend, dass Universitäten Vorträge absagten. Universitäten seien Orte, an denen man sich auch darauf einigen könne, sich nicht einig zu sein.
An Albaneses Auftrittsort in Kreuzberg versammelten sich laut Angaben eines Polizeisprechers mehrere Menschen zum Protest. Die Teilnehmerzahl habe „im Hunderterbereich“ gelegen, sagte der Sprecher am Mittwochmittag. (mit dpa)
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