
© IMAGO//Florian Gaertner
Temperaturrekorde und 1500 Hitzetote: Wo bleibt die Klimawende der Bundesregierung?
Hitzewellen fordern global mehr Menschenleben als andere Extremwetterereignisse. Trotzdem behandeln viele Entscheidungsträger die Klimakrise als zweitrangig. Es ist höchste Zeit, dass Politik und Industrie umsteuern.

Stand:
Grüne Städte braucht die Zukunft. An die 40 Grad Celsius – und das im Juni in Berlin. Selbst wenn es in der Bundesregierung und Teilen der Opposition nicht angekommen sein sollte: Der Klimawandel ist da und er tötet.
1500 Tote von insgesamt 2300 Menschen, die während der Hitzewelle Ende Juni und Anfang Juli in zwölf Großstädten verstarben, gehen auf das Konto des von Menschen gemachten Klimawandels. Somit starben dreimal so viele Menschen infolge der Hitzewelle. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie unter Leitung des Imperial College London und der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Die Nutzung fossiler Brennstoffe habe diese hohen Temperaturen in den Städten um bis zu vier Grad Celsius erhöht.
Konkreter: Schätzungsweise 317 Hitzetote gab es in Mailand, 286 in Barcelona, 235 in Paris, 171 in London, 164 in Rom, 108 in Madrid, 96 in Athen, 47 in Budapest, 31 in Zagreb, 21 in Frankfurt, 21 in Lissabon und sechs in Sassari, einer Stadt auf der Insel Sardinien. Und weltweit leidet inzwischen die Hälfte der Menschheit vermehrt unter Hitzewellen. Sie fordern mehr Menschenleben als andere Extremwetterereignisse.
Stadt-Grün und erneuerbare Energien stärken!
Insbesondere die Städte müssen umsteuern. Grüne Städte trotzen nicht nur Hitzewellen besser. Sie stärken auch die Gesundheit, tragen zum Wohlbefinden bei und heben die Stimmung der Stadtbewohner. Darauf weisen renommierte Studien hin.
Die Senatsverwaltung von Berlin hat mit den beiden Strategien der „Berliner Biodiversitätsstrategie 2030+“ und dem „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm“ einen Anfang gemacht. Die Programme sollen biologische Vielfalt, Ökosysteme und natürliche Lebensgrundlagen stärken, die versiegelten Flächen verringern und die Lebensqualität für alle verbessern. Diese Ziele werden systematisch beobachtet und analysiert. Das Museum für Naturkunde Berlin trägt zu diesem Monitoring bei.
Es ist unumgänglich, die Städte widerstandsfähiger und lebenswerter zu machen. Aber das reicht nicht. Wir müssen unsere Energiesysteme effizienter gestalten und konsequent auf erneuerbare Energien statt auf den Ausbau der alten, fossilen Energieträger setzen. Die 1500 Menschen, die allein einer Hitzewelle in Europa zum Opfer fielen, sollten allen Politiker im Regierungsviertel ein Mahnmal sein: Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung umsteuert.
Johannes Vogel schreibt hier im Wechsel mit Jutta Allmendinger, Ulrike Freitag, Barış Ünal und Jule Specht zu Wissenschaftsthemen.
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