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Eine totale Mondfinsternis ist am 7. September 2025 als sogenannter Blutmond in Brandenburg (Lebus) zu sehen.

© dpa/Patrick Pleul

Totale Mondfinsternis: Wie der Blutmond Kolumbus einst das Leben rettete

Gutes Wetter, familienfreundliche Zeit, spektakuläre Aussicht: Der „Blutmond“ war gut über Berlin zu beobachten. Wir liefern Hintergrundinformationen über das Phänomen, von Optik bis Historie.

Stand:

Am Sonntagabend hat es über Deutschland ein Spektakel gegeben, das so nur alle paar Jahre zu sehen ist: eine totale Mondfinsternis. Und das zu einer Uhrzeit, zu der die meisten Menschen noch wach waren. Die Phase, in der der Erdschatten den Mond komplett bedeckte, begann gegen 19.30 Uhr und endete kurz vor 21 Uhr. Danach war der Mond nur noch partiell im Schatten.

Eine Mondfinsternis kann es nur bei Vollmond geben. Die von der Sonne angestrahlte Erde wirft wie ein Sonnenschirm einen Schatten in den Weltraum. Wenn der Mond durch diesen Schatten läuft, sieht man eine Mondfinsternis. Steht der Trabant im vollen Umfang in diesem Schatten, spricht man von einer totalen Finsternis.

Über Deutschland ging der Erdtrabant erst auf, als er schon komplett im Erdschatten war, wie Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg vorab erläutert hatte. Dunstschleier und der Rest des Tageslichtes sorgten zudem vielerorts dafür, dass er erst etwa eine halbe Stunde, nachdem aufgegangen war, über dem Horizont wirklich sichtbar wurde.

Wie rettete eine Mondfinsternis Kolumbus das Leben?

Ende Februar 1504 lag der Christoph Kolumbus bereits länger als ein halbes Jahr mit zwei gestrandeten kleinen Karavellen vor Jamaika. Anfänglich hatten die Einwohner die Besucher in der Hoffnung auf einen vorteilhaften Handel noch gut mit Nahrungsmitteln versorgt. So langsam verloren sie aber die Geduld.

Kolumbus`Mannschaft hungerte und der Entdecker musste sich etwas einfallen lassen. Bei einem Treffen mit dem Cacique, dem regionalen Anführer, sagte Kolumbus voraus, dass Gott den Jamaikanern wegen der schlechten Behandlung seiner Crew ein Zeichen seines Zorns schicken werde: Am Abend des 29. Februar werde der aufgehende Vollmond „entflammt von Gottes Zorn“ rot erscheinen. So zumindest geben Biografen die Worte des Seefahrers in Diensten der kastilischen Krone wieder.

Als tatsächlich ein finster-roter Blutmond am Himmel erschien, verfehlte das Naturschauspiel seine Wirkung nicht. Kolumbus soll das Spiel noch dadurch auf die Spitze getrieben haben, dass er sich, angeblich für eine Konsultation mit Gott persönlich, in seine Kajüte zurückzog.

Kurz bevor der Mond wieder aus dem Erdschatten heraustrat und damit die Totalität der Verdunkelung endete, kam der Seefahrer aus der Kajüte und verkündete: Gott werde den Blutmond in Kürze abschalten und den Jamaikanern vergeben – allerdings nur, wenn sie ihn und seine Schiffsbesatzung weiter versorgten. Den Quellen zufolge funktionierte es.

Wie gelang Kolumbus die Voraussage? Er führte ein Buch mit astronomischen Tabellen mit sich, verfasst von dem Astronomen und Astrologen Abraham Zacuto. Darin wurden auch wissenschaftlich berechnete Finsternisse vorhergesagt. Glück hatte der Entdecker auch mit dem Zeitpunkt: Denn die Berechnungen Zacutos erstreckten sich zwar über 30 Jahre, aber sie gingen nur bis 1506.

Schattensbegrenzung: Viel Blut-, aber auch schon ein bisschen Vollmond am Himmel über Ontario (Kanada) am 14. März 2025.

© imago/VCG

Heute ist es möglich, die Zeitpunkte von Mondfinsternissen mit hoher Genauigkeit deutlich mehr als 1000 Jahre im Voraus zu berechnen. Für Sonnenfinsternisse ist das schon schwieriger. Der Grund: Der Schatten, den die Erde wirft, hat in Mondentfernung einen deutlich größeren Durchmesser als der ganze Mond. Das bedeutet, dass selbst bei kleinen Abweichungen von der Berechnung sich trotzdem noch eine Finsternis ereignen wird. Der Mond dagegen ist von der Erde aus gesehen gerade einmal ausreichend groß, um die Sonnenscheibe kurzzeitig zu verdecken.

Warum erscheint der Blutmond rötlich?

Der Mond schimmerte während der Finsternis rötlich, da die Strahlen der Sonne in der Atmosphäre der Erde gestreut werden. Langwellige, rote Sonnenstrahlen werden dabei so abgelenkt, dass sie viel stärker als etwa kurzwellige blaue Strahlen den Mond erreichen. Dieser erscheint dadurch rötlich. Wie intensiv dies wirkte, war abhängig unter anderem vom Smog in der Luft.

„Eine totale Mondfinsternis ist ein beeindruckendes Himmelsschauspiel, das uns eindrucksvoll vor Augen führt, wie dynamisch und faszinierend unser Sonnensystem ist“, sagt Tim Florian Horn von der Stiftung Planetarium Berlin. Ein besonderer Vorteil dieser Finsternis war der Termin am frühen Abend, sodass viele in Berlin und anderswo in Deutschland sie mit den Kindern gemeinsam beobachten konnten.

Wann fand die totale Mondfinsternis statt?

In Berlin wurde die Finsternis ab 19.37 Uhr prognostiziert, dem Zeitpunkt des Mondaufgangs über dem Horizont.

Mondfinsternis im Livestream

Astronomie-Begeisterte konnten aber auch auf einen der zahlreichen Mondfinsternis-Livestreams im Internet zurückgreifen. So bot beispielsweise der Astronomische Arbeitskreis Kassel (AAK) am Sonntag ab 19 Uhr via YouTube einen Livestream samt Moderation und Hintergrundinfos an.

Auch auf internationalen Livestreams konnte man das Naturspektakel verfolgen. Das „Virtual Telescope Project“ des italienischen Astrophysikers Dr. Gianluca Masi zeigte am Sonntag ab 19.45 Uhr via YouTube einen Livestream von dem Himmelsspektakel. Dort sind weltweit Teleskope zusammengeschaltet. Auch der norwegische Astronomiedienst „Time and Date“ bot einen Online-Livestream an, der am Sonntag bereits um 18 Uhr startete.

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Ist es gefährlich, die Mondfinsternis mit bloßem Auge zu betrachten?

Die kurze Antwort: Nein. „Das Geschehen lässt sich gefahrlos mit bloßem Auge beobachten“, sagt Tim Florian Horn. Trotzdem lohne es sich, Hilfsmittel zu nutzen. „Wer aber ein Fernglas oder Teleskop zur Hand hat, wird dieses besondere Naturereignis noch eindrucksvoller erleben können“, so der Berliner Planetariumschef. Gefahr für die Augen droht nur bei einer Sonnenfinsternis, wenn hochenergetische Sonnenstrahlen direkt auf die Netzhaut treffen können.

Wie entsteht eine Mondfinsternis?

„Konstellation“ ist eines der Wörter, die man in der Astronomie häufiger hört. Es bedeutet schlicht, dass Himmelskörper in einer besonderen Weise zueinander stehen und stammt ab vom lateinischen „cōnstellātiō“. Den Wortstamm „stella“ kann man in ihm klar erkennen.

Eine totale Mondfinsternis entsteht bei einer besonderen Konstellation von Sonne, Erde und Mond: Diese stehen dann genau in einer Linie, sodass die Erde das Sonnenlicht, das den Mond sonst zum Vollmond machen würde, abblockt und ihren Schatten auf den Trabanten wirft.

Eine „partielle“, also teilweise, Mondfinsternis ist dann zu beobachten, wenn diese gerade Linie sozusagen nur beinahe erreicht und der Mond deshalb nur teilweise beschattet wird. Jede totale Mondfinsternis beginnt logischerweise mit einer partiellen, wenn der Mond in den Erdschatten eintritt. Sie endet auch mit einer solchen, wenn er ihn langsam wieder verlässt.

Totale Mondfinsternis oder Blutmond: Was ist der Unterschied?

Die kurze Antwort: Es gibt keinen. Die stellvertretende Leiterin des Hauses der Astronomie in Heidelberg, Carolin Liefke, beschreibt es wie folgt: Die „Totale Mondfinsternis“ sei „ein astronomischer Fachbegriff“, der „Blutmond“ hingegen eher „esoterisch angehaucht“.

Ein zu 99 Prozent sichtbarer, zunehmender Mond leuchtet am 28.09.2023 rötlich über der Landschaft in Sieversdorf, Ostbrandenburg.

© dpa/Patrick Pleul

In der Phase der Totalität erscheint der volle Mond rötlich bis bräunlich, was ihm den Namen Blutmond einbrachte. Denn, wie oben bereits kurz erläutert, wirft die Erde zwar einen Schatten auf den Trabanten, ein wenig langwelliges Licht erreicht den Mond allerdings dennoch – anders als das stärker gestreute kurzwellige blaue Licht. Dadurch erscheint die Mondoberfläche uns nicht wirklich finster, sondern eher rötlich.

Party-Wissen: Warum der Blutmond der einzige „echte Vollmond“ ist

Vollmond ist immer dann, wenn der Mond rund erscheint, also wenn die Sonne die erdzugewandte Seite des Trabanten voll anstrahlt. Nimmt man es allerdings ganz genau, dann kann man einen echten Vollmond von der Erde aus eigentlich nie beobachten. Denn dafür müsste das Sonnenlicht von unserem Standpunkt aus betrachtet wirklich direkt von hinten kommen und der Mond müsste genau vor uns stehen. Ist das aber der Fall, dann steht die Erde im Weg und wirft einen Schatten auf den Mond. Was dann natürlich ‘Mondfinsternis’ bedeutet.

Der einzige „echte“ Vollmond ist also eigentlich ein Blutmond, den man zum Höhepunkt einer totalen Mondfinsternis sieht. Entsprechend ist der Vollmond, der von der Erde aus alle 29,5 Tage zu beobachten ist, genau genommen kein richtiger. Denn das Sonnenlicht fällt von der Erde aus betrachtet, weil es an dieser Erde ja vorbeimuss, dann immer noch leicht schräg auf die Mondoberfläche. Es beleuchtet dabei auch Bereiche, die der Erde abgewandt sind. Einen minimalen, gerade noch so erdzugewandten Bereich auf der anderen Seite kann das Licht dann aber eben nicht erreichen. Man müsste also statt von Vollmond vielleicht eher von 99-Prozentmond sprechen.

Da dreht der Mond am Rad: Der Erdtrabant am 28. September 2015 neben dem Förderturm der Zeche Ewald in Herten (Nordrhein-Westfalen) während einer totalen Mondfinsternis.

© dpa/Marcel Kusch

Wenn man es geometrisch ganz genau nimmt, ist ein echter, dann eben roter, Vollmond aber selbst bei einer totalen Mondfinsternis fast ausgeschlossen. Denn dann müsste die Linie Sonne-Erde-Mond absolut gerade sein. Und der Beobachter müsste vom Mond aus betrachtet im genauen Mittelpunkt der Erdscheibe stehen. Das ist praktisch nie der Fall.

In der Praxis ist das zwar vollkommen egal. Als Thema für einen Party-Smalltalk, oder wenn man beim Mondgucken auf dem Hochhausdach die attraktive Person neben sich ansprechen will, kann es aber hilfreich sein. Man sollte allerdings, wenn man sich schon so schlau gibt, dann auch auf Einwände gefasst sein. Die könnten mit Lichtbeugung und -streuung zu tun haben.

Einer davon lautet vielleicht auch: Die Fast-Unmöglichkeit eines echten Blut-Vollmonds gilt nur dann, wenn man die Sonne als punktförmige Lichtquelle betrachtet. Da sie aber eine scheibenförmige Lichtquelle ist, bescheint sie den Mond vielleicht doch auch ein winziges bisschen mehr als „voll“, also zusätzlich etwas von der Seite.

Das würde einen vollen Vollmond dann auch ohne absolut gerade Line durch die Mittelpunkte der drei Himmelskörper ermöglichen. So könnte der Gesprächspartner zumindest argumentieren. Wie es denn wirklich ist, hätte man vielleicht die Experten der Sternwarten und Planetarien am Sonntagabend fragen sollen.

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Welchen wissenschaftlichen Nutzen hat eine totale Mondfinsternis?

Astronomin Carolin Liefke erklärt gegenüber dem Tagesspiegel, dass das Phänomen des Blutmondes Atmosphärenforschern dabei helfen könne, durch sehr genaue Analysen der Spektralfarben (also jenes roten oder braun erscheinenden Lichtes) herauszufinden, womit die Erdatmosphäre verschmutzt ist.

Temperaturänderungen auf dem Mond, verursacht durch die plötzliche Beschattung, geben zudem Auskunft über Eigenschaften verschiedener Bereiche der Mondoberfläche. Darüber hinaus strahlen manche Mondoberflächenregionen fluoreszierendes Licht ab. Die daraus gewonnenen Daten können ebenfalls Rückschlüsse auf Material und Strukturen der Mondoberfläche zulassen.

Übrigens nutzen auch Historiker Mondfinsternisse für Untersuchungen. Wenn etwa in einer geschichtlichen Quelle von einem solchen Ereignis die Rede ist, kann man möglicherweise Rückschlüsse auf das Datum der Quelle ziehen. Astronomen können jedenfalls Mondfinsternisse in der Geschichte sehr weit zurückberechnen.

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