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Berlin: Abgesang

Mit Tausenden Studenten wurde gerechnet. Es kamen viel weniger zur Demo. Der Streik bröckelt

Gleich zu Beginn spielen Bläser und Geiger der Musikhochschule Hanns Eisler dem Demonstrationszug ein Requiem. Damit wollen sie eigentlich die Bildung musikalisch zu Grabe tragen: „Kein Streichkonzert“, fordert ein Plakat im Hintergrund. Doch vor dem Brandenburger Tor in Mitte gleicht das Ständchen einem Abgesang auf die Studentenproteste: Nur spärlich treffen die Demonstranten ein, von Proteststimmung ist nicht viel zu spüren.

Mit 7000 Teilnehmern hatten die Veranstalter der ersten Studentendemo nach den Weihnachtsferien gerechnet. Knapp 1000 ziehen nach Polizeiangaben schließlich über Unter den Linden zum Roten Rathaus, nur 250 bleiben zur Abschlusskundgebung vor dem Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters. Was unter der Woche mit vollen Vorlesungen und Seminaren begann, setzt sich auf der Straße am vorlesungsfreien Samstag fort: Die Proteste der Berliner Studenten gegen die Hochschulpolitik des Senats flauen ab. „HU: Wir streiken noch“, halten einige Studierende zwar trotzig ein Transparent hoch, „wer nicht kämpft, hat schon verloren“, feuert ein Lautsprecherstimme die Kommilitonen an. Die Laune der Demonstranten hebt das nicht. „So macht der Protest keinen Spaß mehr, wenn keiner zu den Demos kommt“, sagt MusikStudent Felix Kruse von der Universität der Künste. „Uns gehen die Ideen aus, um den Protest am Leben zu halten“, meint resigniert die angehende Juristin Jenny Axmann von der Humboldt-Universität.

Auch die Touristen am Rande sind von der Kürze des Zuges enttäuscht. „Die Studenten hätten schon vor Jahren den Mund gegen die Kürzungen aufmachen müssen. Und heute sind das ja auch viel zu wenige“, sagt Yeo-Kyu Kang, die für eine Woche aus Heidelberg nach Berlin gereist ist und vor der Staatsoper die Demo beobachtet.

Den Protest setzen die Aktivisten nächste Woche dennoch fort. Dafür greifen sie zu radikaleren Mitteln: TU-Studenten bereiten sich ab morgen auf einen Hungerstreik vor. Am Donnerstag gehen die Studierenden wieder am Potsdamer Platz auf die Straße. Danach spielen Bands vor dem Roten Rathaus zu einem Solidaritätskonzert auf. tiw

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