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Die drittschönste Baustelle Europas? Viele Passanten und Autofahrer, die die Grube nördlich des Hauptbahnhofs passieren, ahnen nichts von der Auszeichnung.

© DAVIDS/Darmer

ADAC-Studie: Straße der Besten am Hauptbahnhof

Eine normale Baustelle? Von wegen: Für den ADAC ist die Grube am Hauptbahnhof ein Vorzeigeprojekt.

Für ihren ästhetischen Reiz kann man Europas drittbeste Baustelle nicht rühmen: Neben zwei Kratern ragt ein Kran vor dem Hauptbahnhof in Höhe, hinter dem Maschendrahtzaun blitzt ein blaues Dixi-Klo. „Nicht besonders beeindruckend“, findet Sascha Hottoh. Der Schüler ist mit seiner Klasse aus Leipzig hergekommen. Ziel ihres Berlinausflugs war am Freitag aber nicht etwa die vom ADAC ausgezeichnete Baustelle an der Invalidenstraße, sondern das medizinhistorische Museum. Die Neuigkeit, dass sie grade vor der drittschönsten Baustelle Europas stehen, haut die Schüler nicht vom Hocker.

Allerdings bewertete die am Donnerstag veröffentlichte ADAC-Studie auch nicht den visuellen Reiz der Baustellen. In zwölf europäischen Metropolen hat der ADAC mit Partnerclubs 57 städtische Langzeitbaustellen auf Verkehrsfluss, Information, Verkehrsführung und Beschilderung hin untersucht. Testsieger wurde Brüssel. Auf der Baustelle am Boulevard de la Grande Ceinture gebe es bei der Fahrbahnreduzierung sogar Blinkpfeil und Leitwand, lobt der ADAC.

Die Baustelle an der Invalidenstraße hinter dem Hauptbahnhof belegt den dritten Platz. Einen Blinkpfeil gibt es hier nicht, oberster Pluspunkt ist laut Auswertung, dass Anwohner durch die Baustelle kaum beeinträchtigt werden. Das ist nachvollziehbar, denn auf dem großen Platz zwischen Hauptbahnhof, Spree und Sozialgericht wohnt niemand. Umso mehr beeinträchtigt wird aber Mustafa Koz’ kleine Dönerbude „Super-Döner“, die vor dem Maschendrahtzaun steht. Seit hier die Busse umgeleitet wurden, fehlt ihm die Laufkundschaft. Die Bauarbeiter, die oft zum Döneressen kommen, können das nicht wettmachen. Zweiter Pluspunkt der Baustelle am Hauptbahnhof ist für den ADAC „störungsfreier Verkehrsfluss im Baustellenbereich“. Um die Mittagszeit fließt der Verkehr hier tatsächlich störungsfrei. Das Baugelände erstreckt sich auf die Invalidenstraße, deshalb werden die drei Fahrspuren auf beiden Seiten direkt vor Mustafas Dönerbude zu zwei Spuren zusammengeführt. Da gebe es beim Feierabendverkehr oft Stau, sagt Mustafa, erst heute morgen sei dort ein Bus mit einem Mercedes Vito zusammengestoßen.

Lisa Goldberg aus New York steht auf Zehenspitzen neben Mustafas Dönerbude, um den Hauptbahnhof möglichst ohne Maschendrahtzaun im Vordergrund zu fotografieren. Das ist die drittschönste Baustelle Europas? Sie setzt sofort die Kamera wieder an: „Das werd ich meinen Freunden erzählen, die werden beeindruckt sein!“

Laura Blecken

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