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ADEL berichtet FOLGE  57: Wir brauchten Eier

Stefan Stuckmann zeichnet auf, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt.

Nur weil ich gestern ein paar Kolleginnen mit meiner Soak-Blaster-3000-Wasserkanone nassgespritzt und mit einer Birkenrute geschlagen habe, gelte ich plötzlich als Sexist? Dabei bin ich doch nur einem tschechischen Osterbrauch nachgegangen, der die Schönheit der Frau für das nächste Jahr konservieren soll. Um meinen Ruf als Frauenversteher zu retten, halte ich meine Entschuldigungsrede auf einer „Sex and the City“-DVD-Box stehend und bitte, dass all die Frauen, deren Schönheit ich nicht konserviert habe, nicht sauer sein sollen, schließlich ist das ja auch eine Typfrage, wen man schön findet, und wenn ich jetzt richtig dick wäre, dann würde ich auch auf andere ...

„Mist!“, sage ich drei Minuten später, als mein Jungdackel Taxi mir den Eisbeutel an die Stirn hält, auf der der Abdruck vom hochhackigen Damenschuh schon fast nicht mehr zu sehen ist. „Jetzt habe ich gar nicht gefragt, wer mir beim Eierschieben hilft.“

Nach alter Bautzener Tradition wollten Taxi und ich in Prenzlauer Berg Bioeier den Hang Richtung Wedding hinunterrollen, wo sie von Kindern armer Familien dankbar aufgelesen werden. Und auch das Eiertitschen müssen wir absagen: Um mit einem besonders dickwandigen Wettkampfei anzutreten, haben Taxi und ich schon vor zwei Monaten ein Huhn gekauft und nur mit Eiweißriegeln gefüttert. Doch als wir heute Morgen zum Käfig kamen, waren die Stäbe aufgebogen. Doch immerhin: Wir haben ja noch die sorbische Eiermalerei!

Als Taxi zwei Stunden später den Pinsel vom letzten Ei hebt, haben wir uns zurück in die Herzen der Kolleginnen gemalt. Um uns herum, in 102 Eierbechern: eine detailgetreue Kopie der East Side Gallery im Maßstab eins zu Ei. Blöd nur, dass plötzlich der Kantinenchef vor uns steht und fragt, wo wir denn die Eier herhätten. Taxi ahmt ein Gockeln nach, verschwindet aber, als der Koch eine Wurst Richtung Aufzug wirft. Alleine bin ich chancenlos: Als Taxi mit der Salami im Maul zurückkommt, hat der Koch bereits zwölf Eier für einen Nudelsalat mitgenommen. Dann wird es plötzlich dunkel. Irritiert schaue ich zum Fenster, genau in die Augen unseres Power-Huhns. Ohne seinen Blick von mir zu nehmen, legt es seine Kralle auf das Glas und zieht sie knirschend nach unten.

Ja, und dann haben Taxi und ich beschlossen, dass es ja nicht immer das Wellnesshotel auf Rügen sein muss für die Feiertage. Warum nicht einfach mal in der Teeküche bleiben ...?

Hochachtungsvoll,

Ihr

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