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Das Unternehmen ließ die Frage, ob es Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wolle, unbeantwortet.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Update

Berliner Gericht weist Klage ab: Airbnb muss Behörden Vermieter-Daten weitergeben

Behörden dürfen Plattformbetreiber beim Verdacht einer Zweckentfremdung verpflichten, Daten zu übermitteln. Senatsverwaltung, Grüne und Linke begrüßen das.

Von Sonja Wurtscheid

Wer in Berlin seine Wohnung illegal auf Plattformen wie Airbnb vermietet, muss künftig eher damit rechnen, aufzufliegen. Airbnb und Co. müssen den Wohnungsämtern auf Nachfrage mitteilen, wer eine Ferienwohnung anbietet und um welche Wohnung es sich genau handelt.

Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (Az. VG 6 K 90/20). Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Nach Zustellung der Gerichtsentscheidung könnten die Parteien noch Rechtsmittel einlegen, sagte ein Sprecher.

Geklagt hatte Airbnb gegen den Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Das Unternehmen mit Sitz im irischen Dublin weigerte sich, Namen und Adressen von Vermietern ans Bezirksamt zu übermitteln. Dieses hatte Airbnb-Nutzer im Verdacht, in Schöneberg Wohnungen entgegen dem Gesetz zum Verbot von Zweckentfremdung als Ferienunterkünfte anzubieten.

Der Verdacht stützte sich laut Verwaltungsgericht darauf, dass die Inserate keine oder falsche Registriernummern enthielten oder die Geschäftsdaten gewerblicher Vermieter nicht erkennen ließen. Registrierungsnummern in Inseraten sind seit August 2018 Pflicht.

Sie werden vom zuständigen Bezirksamt ausgestellt, denn: Anbieter von Ferienwohnungen müssen in Berlin eine Genehmigung des Bezirks vorlegen können. Die Registrierungsnummer muss in Inseraten (zum Beispiel auf Airbnb) „immer öffentlich sichtbar angegeben werden“, schreibt die Stadt.

Airbnb kann sich nicht auf irisches Recht berufen

Auch das Verwaltungsgericht verwies in seiner jetzigen Entscheidung darauf: Der Senat habe die Anzeigepflicht der Registrierungsnummer eingeführt „gerade wegen des zunehmenden anonymen Angebots von Ferienwohnungen auf Internet-Plattformen“.

Das Bezirksamt darf – so das Urteil – die Daten der Vermieter von Online-Plattformen wie Airbnb einfordern, wenn es einen „begründeten Anfangsverdacht“ gegen die Vermieter gebe, erläuterte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts. Die Kammer wies die Klage von Airbnb am Mittwoch ab.

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Zur Begründung hieß es, dass die Abfrage von Vermieterdaten zwar in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife (darauf hatte sich Airbnb unter anderem berufen). Jedoch seien die zur Debatte stehenden Abfragen verhältnismäßig und klar bestimmt. Das Unternehmen könne sich auch nicht auf irisches Datenschutzrecht berufen.

Wegen der Bedeutung der Entscheidung sei eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich. Das Unternehmen ließ die Frage, ob es Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wolle, unbeantwortet.

Senatsverwaltung sieht Entscheidung positiv

Es reagierte auf eine Anfrage des Tagesspiegels lediglich mit der allgemein gehaltenen schriftlichen Aussage, es wolle „mit der Stadt Berlin und den Bezirken zusammenarbeiten, um es den Berlinerinnen und Berlinern zu ermöglichen, ihr Zuhause zu teilen“.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen begrüßte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Urteil sei „ein wichtiger Schritt“, schrieb sie auf Twitter.

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Berlins Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel, (Linke) sagte: „Bislang hat sich Airbnb hinter den irischen Datenschutzbestimmungen verschanzt und sich auf alleinige Zuständigkeit Irlands berufen, das ist nun vorbei.“ Das Urteil stärke die Position des Landes Berlin, Recht und Gesetz gegen Airbnb durchzusetzen.

Zuspruch von Grünen und Linken

Zuspruch kam auch von den mitregierenden Grünen. Die Sprecherin für Wohnen, Mieten und Tourismus, Katrin Schmidberger, twitterte: „Bezirke können jetzt schlagkräftig gegen illegale Ferienwohnungen vorgehen und damit ihrer Aufgabe, Wohnraum vor Zweckentfremdung zu schützen, besser gerecht werden.“

Das Urteil sende ein wichtiges Signal an Airbnb und andere Ferienplattformen, dass auch für sie Gesetze gelten, sagte Schmidberger. „Endlich ist Schluss mit der Ausrede unter dem Deckmantel des Datenschutzes. Bisher mussten die Bezirke oft im Nebel stochern und durch lange akribische Recherche Beweise sammeln, um eine illegale Vermietung zu beenden.“

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Das Berliner Gesetz zum Schutz von Wohnraum soll noch vor der Wahl des neuen Abgeordnetenhauses im September neu aufgelegt werden. Für einen ersten Entwurf war Bausenator Scheel auch aus den eigenen Reihen scharf kritisiert worden.

Teile der Linken und die Grünen wollen das Gesetz verschärfen – etwa Abriss besser verhindern, spekulativen Leerstand durch Treuhandregelungen bekämpfen sowie die Ausnahmen für Kurzzeitvermietungen (Ferienvermietung) strenger fassen.

Darüber hinaus setzt die Berliner Landesregierung auf die Hilfe des Bundesrates. Um illegales Vermieten von Ferienwohnungen und Leerstand zu bekämpfen, will die rot-rot-grüne Koalition auch auf Steuerdaten zugreifen dürfen. Geplant ist eine Initiative im Bundesrat zur Aufweichung des Steuergeheimnisses.

Gegen illegal vermietete Ferienwohnungen ermitteln zwar Steuerfahnder. Um in diesen Fällen auch gegen Wohnungsleerstand und Zweckentfremdung vorzugehen, fehlt aber die Erlaubnis zur Weitergabe. „Das Steuergeheimnis ist ein hohes Gut“, sagte Benedikt Lux (Grüne). „Aber es kann aufgehoben werden, sobald spekulativer Leerstand vorliegt und eine illegale Vermietung von Wohnraum vorliegt.“

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