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Berlin: Al Hamra

Abends, wenn schon die Winterkälte zu ahnen ist, zieht es viele junge Mitglieder der Trinkgemeinde von Prenzlauer Berg tief in die Kiezwohnzimmer hinein. Die Kuschelkneipen mit reichlich Second-Hand-Mobiliar und schummerigem Kerzenlicht und oft weihnachtsengelfreundlichen Servierdamen entfalten dann wohliges Mutterleibsflair.

Von Frank Jansen

Abends, wenn schon die Winterkälte zu ahnen ist, zieht es viele junge Mitglieder der Trinkgemeinde von Prenzlauer Berg tief in die Kiezwohnzimmer hinein. Die Kuschelkneipen mit reichlich Second-Hand-Mobiliar und schummerigem Kerzenlicht und oft weihnachtsengelfreundlichen Servierdamen entfalten dann wohliges Mutterleibsflair. Im Unterschied zu Kreuzberg, wo in Jungmenschlokalen immer noch ein rustikaler Ton dominiert, sind solche Schänken in Prenzlauer Berg Refugien der Liebe. Das kann man als Youngster mögen, gerade im Winter, wenn die eigene Wohnung nicht richtig warm wird.

Als geradezu exemplarische Begegnungsstätte kann das Al Hamra in der Raumerstraße gelten. Der Begriff ist fast schon Programm: Al Hamra heißt auf Arabisch „die Rote“, womit das Lokal schon vom Namen her eine warme Prägung erhält. Der Wohlfühlfaktor wird noch ostalgisch verstärkt: Auf der Homepage prangt neben arabischen Schriftzeichen ein roter Stern. Wenn sich junge, „szenige“ Ost-Berliner hier nicht wohlfühlen, wo denn sonst? Das Lokal ist jedoch etwas mehr als eine orientalisch-alternativ drapierte Wärmestube. Gleich neben der Tür stehen drei Computerterminals. Zum Bild gehören auch Gäste mit Laptop. Die Internet-Seligkeit ist ein netter Kontrast zum Kuschelwuschelambiente der tief durchgesessenen Omasofas, der Nähtischchen und der Matratzenlager im Keller, die zum Wegdämmern bei einer Wasserpfeife einladen.

Der drinking man und ein junger compañero schlängelten sich durch das Grunge-Kiez-Publikum in eines der ausgebuchteten Sofas und orderten milieutypische Gerichte wie Gorgonzola Spaghetti und Hähnchenpfanne. Die wirklich engelhaft reizende Kellnerin brachte auch Cocktails. Der drinking man hatte insgeheim gezweifelt, ob mehr als nur lieb zusammengerührte Buntgetränke kommen würden. Doch die Drinks waren neben den Computern das zweite Indiz für die clevere Geschäftsidee, ein heimeliges Wohnzimmer mit Annehmlichkeiten der Moderne zu spicken. Der Jackpot (Smirnoff Wodka, Cointreau, Orangensaft, Pfirsichsaft, Zitronensaft) war erfrischend wuchtig, der blassgelbe Yellow Bird (drei Jahre alter Havana-Club-Rum, Galliano, Triple Sec, Orangensaft, Zitronensaft) ließ sich angenehm wegtrinken. Beim Swimming Pool ging’s ähnlich, nur der Frozen Strawberry Daiquiri fiel etwas ab – blutroter Pappschnee ist noch nicht der Gipfel der Keeperkunst.

Der compañero warb auch vehement für die Bestellung einer Wasserpfeife. Es kam dann ein blubberndes Ungetüm mit „Argileh“-Apfel. Der compañero genoss es, der drinking man stellte wieder einmal fest, dass Alkohol nicht zu übertreffen ist. Inschallah.

Al Hamra, Raumerstraße 16, Prenzlauer Berg, Tel.: 42 85 00 95, täglich geöffnet ab 9 Uhr, im Winter ab 10 Uhr

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