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Berlin: Alles auf Anfang am Leipziger Platz

Bebauungspläne für Wertheim-Grundstück in Mitte sind hinfällig. Erben erhöhen den Druck auf Karstadt

Die ambitionierten Bebauungspläne für die größte Brachfläche in Berlins historischem Stadtzentrum sind offenbar hinfällig. Das bislang für die Nordostecke des Leipziger Platzes vorgesehene Bauvorhaben der TLG Immobilien GmbH und des Projektentwicklers ECE ist „mausetot“. Das sagte der Berliner Anwalt der Erben der Alteigentümerfamilie Wertheim, Matthias Druba, am Sonnabend dem Tagesspiegel mit Bezug auf Gespräche, die er mit dem Bund geführt habe.

Das Grundstück gegenüber dem Bundesrat befindet sich derzeit noch im Bundesbesitz, wird aber nach den jüngsten Gerichtsentscheidungen aller Voraussicht nach an die WertheimErben zurückgegeben werden. „Wenn wir die Fläche zurückbekommen, werden die Erben und die Jewish Claims Conference in Abstimmung mit Berlin nach einer neuen Bebauung suchen, damit der Schandfleck verschwindet“, sagte Druba. Die bisherige Planung werde nicht mehr umgesetzt. Vom Bundesfinanzministerium sowie von TLG und ECE war gestern keine Bestätigung dafür zu erhalten.

Die Baustadträtin von Mitte, Dorothee Dubrau (Grüne), appellierte an die Wertheim-Erben, den Bezirk in die Suche nach neuen Investoren einzubeziehen. „Wir haben ein großes Interesse an einem geschlossenen Leipziger Platz“, sagte Dubrau. Sie wünscht sich, dass auch das künftige Bauvorhaben Wohn-, Büro- und Einkaufsbauten ähnlich gut verbinde wie der bisherige Entwurf, der von unterschiedlichen Architekten stammte.

Das Filetgrundstück ist eine von neun Flächen in der Innenstadt, die bis zur Enteignung während der Nazizeit der Familie Wertheim gehörten. Bei den meisten Grundstücken hängt die Frage der künftigen Nutzung am Ausgang des Rechtsstreits um eine Wiedergutmachung zwischen den Wertheim-Anwälten und dem Karstadt-Konzern, dem heutigen Eigentümer vieler früherer Wertheim-Flächen. Karstadt-Quelle war Anfang März vorm Verwaltungsgericht unterlegen, ein kleines Grundstück an der Leipziger Straße war stellvertretend für viele andere Flächen den Wertheims zugesprochen worden. Karstadt-Quelle kündigte daraufhin an, gegen das Urteil vorgehen zu wollen.

Wertheim-Anwalt Druba fordert den Konzern hingegen zu einer baldigen Wiedergutmachung auf. „Je länger Karstadt sich weigert, das Urteil anzuerkennen, desto weniger kompromissbereit sind wir – und desto teurer wird es für das Unternehmen“, sagt Druba. Zum einen summierten sich die Zinsen für die Entschädigung. Die Entschädigungssumme gibt der Anwalt mit „mindestens 160 Millionen Euro“ an. Außerdem sei man jetzt noch verhandlungswillig – „aber wenn später der Gerichtsvollzieher das Geld eintreibt, müssen wir Karstadt nicht mehr entgegenkommen.“ Der Konzern bleibt dabei, zunächst den Rechtsweg auszuschöpfen, wie ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Den größten Teil der Forderungen der Wertheim-Anwälte macht das so genannte Lenné-Dreieck neben dem Sony-Center aus. Dieses Grundstück, auf dem heute das Beisheim-Center steht, war einst von Karstadt-Quelle für 145 Millionen Euro an den Unternehmer Otto Beisheim verkauft worden. Sollte Karstadt-Quelle das Geld nicht den Erben überlassen, könnte dies sogar Beisheim in Bedrängnis bringen, droht der Wertheim-Anwalt: „Juristisch gesehen haben wir dann Anspruch auf das Grundstück samt Aufbauten.“

Vom Ausgang dieses Streits hängt die Zukunft mehrerer anderer Wertheim-Flächen ab, nicht nur des Filetstücks an der Leipziger Straße. Auch zwei kleinere Grundstücke an der Voßstraße nördlich des Leipziger Platzes sind laut Wertheim-Anwalt bereits vom Bund rückübertragen worden. Eine Verwertung sei aber erst möglich, wenn die Auseinandersetzung mit Karstadt geklärt ist. Das gelte auch für ein größeres Grundstück an der Wilhelmstraße, gegenüber vom Bundesfinanzministerium.

Aktiv nach Investoren suchen die Wertheim-Anwälte bislang nur für eine Fläche: Das Grundstück Voßstraße Ecke Ebertstraße, wo derzeit der Sat-1-Ballon auf- und absteigt, ist laut Druba bereits vollständig an die Erben zurückübertragen. „Es gibt bereits Interessenten“, sagt der Anwalt. Für konkrete Auskünfte sei es aber noch zu früh.

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