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Berlin: Alles Gold, was glänzt

Blendend weiße Marmortreppen und -geländer. Goldene Ornamente an den Durchgängen zu den Sälen und Kabinetten, wo edle Stoffe an den Wänden und sanftes Licht die Räume erhellen und die eigentlichen, goldgerahmten Helden bestens in Szene setzen: Knapp zwei Wochen vor der festlichen Wiedereröffnung blicken wir in die Alte Nationalgalerie.

Blendend weiße Marmortreppen und -geländer. Goldene Ornamente an den Durchgängen zu den Sälen und Kabinetten, wo edle Stoffe an den Wänden und sanftes Licht die Räume erhellen und die eigentlichen, goldgerahmten Helden bestens in Szene setzen: Knapp zwei Wochen vor der festlichen Wiedereröffnung blicken wir in die Alte Nationalgalerie. Am 2. Dezember muss der Kunsttempel der Nation empfangsbereit sein. Wie sieht es heute im Innern aus? Was verbirgt sich hinter der goldenen Inschrift "Der deutschen Kunst 1871"? Schlagen die Hämmer, sägen die Sägen? Alles falsch. "Wir sind so gut wie fertig", sagt die wissenschaftliche Assistentin Katharina Henkel, mit der wir rasch das Haus durchqueren.

Vorbei an ernsten Männern in dunkelblauen Anzügen, die mit ihren Handys für die Security sorgen. Vorbei an Schildern "Frisch gestrichen". Und vor allem - vorbei an den Bildern und Skulpturen des 19. Jahrhunderts, die nun wieder an ihre alten oder an ganz neue Plätze gehängt und gestellt wurden. Drei Jahre lagen sie in Depots, waren zu Gast im nahen Alten Museum am Lustgarten oder waren nach England und Amerika gereist - nun sind sie wieder vereint, die Friedrichs und Schinkels, die Liebermanns und Menzels.

Gleich vorn am Eingang hockt Jürgen Flechsenhaar von der Firma Eicher-Siebdruck aus Kernen im Remstal auf einem Gerüst und schreibt in Mondgold - das ist Gold mit einem Platinanteil - hunderte Namen an die Wand: All jene, die sich nach Johann Heinrich Wilhelm Wagener, dem Begründer der Sammlung, mit ihrer Arbeit oder mit ihren großzügigen Spenden um den Inhalt des Tempels im Zentrum der Museumsinsel verdient gemacht haben. Unmittelbar dahinter, im ersten Saal, leuchtet eine im Laufe der Jahre dunkel und farblos gewordene Decke in frischen Farben, und das Lilienmuster des Fußbodens, der größten in Deutschland vorhandenen Fläche aus Mettlauer Fliesen, scheint wie gerade neu gelegt.

Dieses Haus, just 125 Jahre alt, hat ja seine bewegte Geschichte: Im letzten Krieg wurde die Nationalgalerie schwer beschädigt, Granaten und Bomben hatten das Dach, die Treppenhalle, die große Freitreppe und mehrere Innenräume zerstört. Am 18. Juni 1949 waren die ersten Räume im unteren Geschoß mit einer Gemäldeausstellung eröffnet worden, 1950 hatte man das zweite Geschoß fertig gestellt. Die DDR besaß so ihre Nationalgalerie, West-Berlin ab 1968 Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie am Kulturforum. Seit der Wiedervereinigung wurde zur Unterscheidung der Begriff Alte Nationalgalerie für den Tempel auf der Museumsinsel eingeführt.

Damit jeder die Lebenslinien und Jahresringe des Hauses nachvollziehen kann, gibt es ein "Fenster zur Geschichte". Da werden die Büsten der bisherigen Direktoren stehen, und die Wände zeigen ungeschminkt und unrestauriert, wie es hier einst aussah in all den Jahren. Wir sehen Umbauten und Risse als die Narben des Krieges. "Im Mittelgeschoss erinnert noch vieles an ältere bauhistorische Zustände", sagt Katharina Henkel, "manche längst überstrichene Wanddekoration wurde freigelegt, restauriert oder rekonstruiert". Wir begegnen neuer Beleuchtung und Belüftung, modernster Sicherheitstechnik und großer Prachtentfaltung im Kuppelsaal mit goldenen Sternen am blauen Firmament. Und über einer Treppe hängt wieder das voluminöse "Gastmahl nach Platon" von Anselm Feuerbach - mit Sieben Metern fünfzig mal Dreifünfzig das größte Werk des Hauses. Es wurde in einer Kiste mit Kränen und Flaschenzügen durch Fenster und über Rampen vom Alten Museum an seinen Platz gehievt - ein spannender Akt. Dagegen ist das Hängen der beiden letzten Caspar David Friedrichs eine Kleinigkeit - sie kommen heute aus den USA, zurück in den verjüngten Tempel.

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