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Berlin: Alles neu macht der Herbst

WMF und Big Eden waren erst der Anfang. Ob in Prenzlauer Berg, Mitte oder Kreuzberg: Jetzt öffnen neue oder wieder-neue Clubs

Von Henning Kraudzun

60er-Jahre-Schick, plüschige Sessel, eine Bar, die auch als Kulisse für einen James- Bond-Film dienen könnte: Das WMF im Café Moskau setzt mit seinem Ambiente voll auf den Standortfaktor Ost. Alles, was irgendwie mit den Zeiten des Kalten Krieges assoziiert werden könnte, findet sich hier. Denkmalschutz und Clubmacher haben geradezu symbiotisch zusammen gearbeitet: Noch ein bisschen mehr Deko im vermeintlichen Sowjet-Stil soll konserviert werden? Wunderbar! Und als ob das noch nicht reicht, um dem Café Moskau seine Authentizität zu wahren, nennt sich die Lounge im Ergeschoss nach wie vor „Natascha-Bar“.

Die Eröffnug des Café Moskau ist die beste Nachricht für die Clubszene seit langem: Es gibt einen obdachlosen Club weniger. Seit dem Wochenende empfängt das neue WMF dort seine Gäste, nach fünfjähriger Pause ist diese Perle des Berliner Nachtlebens aus der Versenkung geholt. Mit dabei ist selbstverständlich Bob Young mit seiner sonntäglichen GMF-Reihe, der bereits Anfang der neunziger Jahre dort seine inzwischen als legendär geltenden Gay-Partys zelebrierte.

Mit einem veränderten Konzept wollen die WMF-Macher um Gerriet Schulz im Café Moskau durchstarten. So werden jene Abende, an denen sich ausschließlich bekannte n hinterm DJ-Pult drängelten, der Vergangenheit angehören. „Das Ganze soll etwas ruhiger werden“, sagt Johanna Grabsch vom WMF-Team. Das heißt: weniger Stars, dafür um so mehr Nachwuchsleute hinter den Plattentellern. Die Highlights würden nunmehr gezielter gestreut, betont Grabsch. Ob das WMF allerdings jetzt sesshaft wird, ist weiterhin verrätselt: „Wir wissen noch nicht, wie lange wir dort bleiben wollen und dürfen“, sagt Grabsch.

Die zweite große Wiedereröffnung steht am 5. Oktober an. Dann macht das Maria, wie berichtet, im umgebauten Deli an der Schillingbrücke auf, allerdings nicht ohne die Betreiber dieser ehemals illegalen Techno-Baracke, sondern mit ihnen. Maria- Chef Ben de Biel nennt seinen Club nunmehr Maria am Ufer, vom Ostbahnhof ist man ja auch ein gutes Stück abgerückt. Als Reminiszenz an die alten Deli-Zeiten soll die Musik vor allem am Sonnabend technoider werden. Der Freitag ist für ein breites Spektrum elektronischer Musik vorbehalten und an den Donnerstagen gibt’s Konzerte. „Ansonsten verändert sich nicht viel, auch das neue Maria bleibt eckig und grau“, sagt de Biel.

Eine längere Sommerpause hat zudem das Kunst + Technik beendet, das seit einem Jahr wieder in Mitte geöffnet hat. Wo genau, darf natürlich nicht verraten werden, damit keine ungebetenen Gäste aus den Ämtern vor der Tür stehen. „Aber wer sich etwas umhört, wird uns auch finden“, sagt Jonathan, der als Betreiber seinen kompletten Namen aus dem genannten Grund nicht nennen will. Während der Sonnabend dort für Bandauftritte vorbehalten ist, kann die Musik am Mittwoch schon mal ins Abenteuerliche abdriften. Vom abgedrehten Freejazz bis zum verrockten Bob-Dylan-Abend ist dann alles möglich.

Vom ursprünglichen Konzept des Kunst + Technik e.V., der zuerst noch in einer Baracke am Monbijoupark residierte, ist die Veranstaltertruppe um Jonathan längst abgerückt. Anders als in den durchgestylten Ausgeh-Orten wolle er im reduzierten Ambiente ein Refugium für entspanntes Clubbing schaffen, das sich noch jeder leisten kann.

In der Winsstraße in Prenzlauer Berg, die bislang nicht gerade als Kneipenmeile aufgefallen ist, öffnete mit dem Coffys vor einem Jahr ein turbulenter Fremdkörper in verschlafener Umgebung. Vom Erfolg ihrer Aufbauarbeit überzeugt, machten die Betreiber des Ladens in unmittelbarer Nähe gleich einen zweiten auf, das Mr. Tibbs. Die gemütlich- plüschige Clublounge setzt sich mit dem eher elektronischen Musikprogramm vom Raregroove-Konzept des Coffys ab und versucht, die House-Szene in die Marienburger Straße zu lotsen. Während dort ausgedehnte Couchlandschaften im schummrigen roten Licht zum Abhängen einladen, steht für die Tänzer ein atemberaubend schöner Dancefloor zur Verfügung. Eine ernstzunehmende Bereicherung der Clublandschaft in Prenzlauer Berg ist dadurch allemal entstanden.

WMF im Café Moskau, Karl-Marx-Allee 34, Mitte. Weitere Infos: www.wmfclub.de . Am 5. Oktober öffnet das Maria am Ufer, An der Schillingbrücke, Friedrichshain, mit DJ Assault und A- Class (live) ab 23 Uhr. Das Mr. Tibbs, Marienburger Str. 32, Prenzlauer Berg, hat von Mittwoch bis Samstag auf, jeweils ab 20 Uhr.

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