zum Hauptinhalt

Berlin: Alles zurück auf Anfang

Mit dem Scheitern der Föderalismusreform ging auch die Hauptstadtklausel verloren

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nach dem Scheitern der Föderalismusreform wird Berlin lange darauf warten müssen, als Hauptstadt ins Grundgesetz aufgenommen zu werden. Vorerst kann der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) von der heiß umstrittenen Klausel nur träumen. Da die Verfassung vorerst so bleibt, wie sie ist, war der ganze Ärger um Formulierungen vergebens. „Jetzt stehen wir wieder bei Null“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer gestern. Trotzdem wird im Roten Rathaus nicht daran gedacht, hektische Rettungsaktionen zu starten.

Das gilt auch für eine mögliche Bundesratsinitiative, um der Verantwortung des Bundes für seine Hauptstadt doch noch Verfassungsrang zu geben. „Vorerst macht das keinen Sinn“, sagte Donnermeyer. Gestern früh, in der Sondersitzung der SPD-Bundestagsfraktion, wagten die Berliner Abgeordneten schon gar nicht mehr, das Thema anzusprechen. „Angesichts des Gesamtproblems wäre das unangemessen gewesen“, sagte Detlef Dzembritzki, der Sprecher der Berliner SPD-Landesgruppe im Bundestag.

Und im Roten Rathaus hieß es fast entschuldigend: Der SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, aber auch das Kanzleramt hätten die landespolitische Debatte um Wowereit in diesen Tagen „ganz einfach nicht auf dem Schirm gehabt“. Aber diese Einsicht half dem Regierenden wenig. Notgedrungen machte sich Wowereit auf den Weg, um für „seine“ Haupstadtklausel bis zur letzten Minute zu kämpfen – „zu Wasser, zu Lande und in der Luft“, wie er scherzhaft bemerkte. Am Kamin brachte er die Kollegen Ministerpräsidenten hinter sich, mit Müntefering und mit Bundeskanzler Gerhard Schröder hat er gesprochen. Vielleicht hätten diese Bemühungen noch Erfolg gehabt. Nun ist die Reform des Bundesstaates in sich zusammengefallen und damit die Hauptstadtklausel verloren.

Wowereit bedauerte das Scheitern gestern „außerordentlich“. Eine große Chance sei vertan worden. Der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann, der auch in der Föderalismuskommission saß, sprach von einem Desaster. Berlin hätte nicht nur die Klausel, sondern auch neue Spielräume gebraucht – etwa beim öffentlichen Dienstrecht. „Ein Armutszeugnis für unser Land“, kritisierten die Fraktionschefs von CDU und FDP, Nicolas Zimmer und Martin Lindner.

Detlef Dzembritzki hofft, dass – auch ohne Verfassungsänderung – bald ein Hauptstadtgesetz erarbeitet wird. „Das wäre ein Riesenschritt nach vorn.“ Die Verantwortung des Bundes für Berlin, einschließlich der Hauptstadt-Finanzierung, müssten endlich verbindlich festgelegt werden. Trotz der bestehenden Verträge, etwa zur inneren Sicherheit oder Kultur, fehle es an Kontinuität, klagte Dzembritzki. „Jedes Jahr müssen meine Kollegen im Haushaltsausschuss des Bundestages kämpfen, dass wenigstens die Mindestausstattung im Bundesetat abgesichert wird.“ Auch der PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich forderte den Bund gestern auf, „seinen Umgang mit der Hauptstadt Berlin zu klären“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false