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Berlin: Als Demokrat lebendig

Beim Festakt zum 100. Geburtstag von Willy Brandt trafen sich Genossen im Abgeordnetenhaus.

2013 ist am Ende vor allem ein WillyBrandt-Jahr. Der Politiker, der uns Deutsche nicht loslässt, wäre am 18. Dezember 100 Jahre alt geworden, Grund genug für zahllose Erinnerungen und Ehrungen, denen sich am gestrigen Donnerstag auch das Berliner Abgeordnetenhaus anschloss. Ein unprätentiöser Festakt verband den Senat und Parlamentarier von Land und Bund mit Weggefährten des 1992 gestorbenen Altkanzlers.

In der ersten Reihe hatte seine Witwe Brigitte Seebacher Platz genommen, neben ihr saßen Richard von Weizsäcker, Wolfgang Thierse, Klaus Wowereit und Parlamentspräsident Ralf Wieland, gekommen waren Eberhard Diepgen, Walter Momper, Egon Bahr, Jutta Limbach. Eine kleine Szene aus dem Theaterstück „Willy 100 - Im Zweifel für die Freiheit“ leitete die Feier ein: Brandt, wie er 1936 unter einer Tarnidentität aus dem norwegischen Exil nach Deutschland zurückkehrte und sich mit den deutschen Behörden auseinanderzusetzen hatte.

Brandt, geboren in Lübeck, kam dann nach Jahren in Norwegen und Schweden und als Reporter im spanischen Bürgerkrieg 1947 zunächst mit dem Plan nach Berlin, als norwegischer Presseattaché zu arbeiten. Doch dann wurde er zum unentbehrlichen Helfer Ernst Reuters, stieg 1955 zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf und wurde schließlich nach dem Tod Otto Suhrs selbst Regierender Bürgermeister. „Die Berliner bekamen mit, dass Politik auch wieder Spaß machen konnte, jenseits von Drill und Militarismus“, sagte Wieland über den weltläufigen Regierungschef und seine attraktive Frau. Brandt habe, wenngleich nicht ohne Fehler, Glaubwürdigkeit vermittelt und gezeigt, dass Politik auch unter extremen Bedingungen gestaltbar sei.

Klaus Wowereit, der die Regierungszeit Brandts in Berlin Revue passieren ließ, erinnerte an das Leitmotiv seines Vorgängers in der geteilten Stadt: „Wenn die Mauer nicht wegzukriegen ist, dann muss man sie durchlässig machen.“ Brandt habe der Stadt unendlich viel gegeben, auch später als Außenminister und Bundeskanzler. Die Ostpolitik, der Kniefall von Warschau, schließlich die Entspannung in Europa – Stationen einer Politik, die ihr Ziel schließlich mit der Zustimmung Gorbatschows zur Einigung Deutschlands fand.

Brandt habe es wie keine anderer Politiker seines Jahrhunderts vermocht, die Menschen für eine lebendige Demokratie zu interessieren. „Wir danken Willy Brandt für das, was er für die Menschen dieser Stadt, für Deutschland und als Vertreter eines Dialogs zwischen den Menschen dieser Welt für uns alle geleistet hat“, sagte Wowereit.

Egon Bahr, der wohl engste noch lebende Weggefährte Brandts, gab im Interview Auskunft über seine frühen Jahre in Berlin und seine komplizierte Annäherung an die SPD: Zweimal habe ihm Brandt die Aufnahme in die Partei mit der kryptischen Begründung verweigert, er könne von außen mehr erreichen. Die Stadt Berlin als Bühne habe für Brandt bedeutet, resümierte Bahr, „dass er eine weltberühmte Persönlichkeit wurde“.

Der Schauspieler Michael Mendl, der Brandt selbst einmal im Film dargestellt hat, verlas Passagen aus wichtigen Reden des Politikers. Beschlossen wurde der Festakt mit der Preisverleihung des Schülerwettbewerbs „Brand(t)Aktuell“, eingeleitet von Wolfgang Thierse als Vorsitzendem der Willy-Brandt-Stiftung. Den ersten Preis erhielt eine Schülergruppe der Deutsch-Polnischen Begegnungsschule in Warschau, die im selbstgedrehten Film „Willy Brandt im Fokus“ polnische Bürger über ihre Erinnerungen an Brandt befragte. Einen Sonderpreis für die Gestaltung von Plakaten erhielten Fairuz El-Kassem, Baris Koc und Güler Kaya von der Berliner Willy-Brandt-Oberschule.

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