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Berlin: Am Wegesrand

Tour-Info kompakt

1. Marktplatz

Auf diesem Platz heizte der Dominikanermönch Johannes Tetzel 1517 die Reformation an: Er verbrannte dort Martin Luthers Thesen gegen den "teuflischen Unfug" seines Ablasshandels, die auf Flugschriften verbreitet wurden. Tetzel hielt sich vom Frühjahr 1517 an sechs Monate in Jüterbog auf und brachte dort stapelweise Ablasse unters Volk. Das war für Luther ein letzter Anstoß, sich mit der Kirche anzulegen. Damals stand das Rathaus in seiner heutigen Form erst 30 Jahre: ein Meisterwerk norddeutscher Backsteingotik mit einer Gerichtslaube als Vorhalle. Im Fürstenzimmer unterm spätgotischen Gewölbe arbeitet heute der Bürgermeister. Einst verhandelten hier die Fürsten der angrenzenden Länder Sachsen u. Brandenburg, denn Jüterbog gehörte bis 1635 zum Erzstift Magdeburg, was dessen Patron, der christl. Märtyrer Mauritius, an der Hausecke verdeutlicht. Die Stadt war neutraler Boden. Deshalb versuchte hier der betrogene brandenburgische Pferdehändler Hans Kohlhase 1534 ein letztes Mal, sein Recht gegen den sächsischen Adeligen legal durchzusetzen, der ihm Pferde entwendet hatte. Man verhandelte im Fürstenzimmer, Kohlhase siegte, aber Sachsens Kurfürst erklärte das Urteil für nichtig.

2. Nikolaikirche

Ihre Türme sind zum Wahrzeichen geworden. Bis zum 30-jährigen Krieg war Jüterbog eine reiche Händlerstadt und zeigte das mit seiner im 14.-16. Jh. errichteten prächtigen Kirche. Davon zeugt deren Namensgeber Sankt Nikolaus über dem Eingang, Schutzpatron der Kaufleute. Betrachten Sie die mittelalterliche Deckenbemalung oder den Flügelaltar von 1413. In der Taufkapelle steht der "Tetzelkasten", darin verwahrte der Ablasshändler angeblich seine Einnahmen. St. Nikolai war zwischen 1517 und 1519 Schauplatz eines Kanzelstreites, erst predigte hier Tetzel, zwei Jahre später der radikale Reformator Thomas Müntzer. Von den Türmen haben Sie einen herrlichen Blick. Man kann über das Brückchen in 46 Metern Höhe beide höchst unterschiedlichen Turmspitzen umrunden (s. Titelfoto). Unter der Haube des Nordturmes wohnte bis 1918 der Türmer (tägl. 13-16.30 Uhr).

3. Zinnaer Tor

Jüterbog besitzt die älteste, noch teils erhaltene Stadtbefestigung Brandenburgs aus dem 14./15. Jh. Erhalten sind neben Mauerabschnitten drei Tore mit 5 Türmen und vier einzelne Türme. Die Stadttore hatten ein Innen- und Außentor mit Zugbrücke und zwei unterschiedlich gestalteten Wehrtürmen. Das Zinnaer Tor ist das einzige erhaltene Innentor. An allen drei Toren hängt seit dem 19. Jh. die Mahnung: "Wer seinen Kindern giebt ...." Das geht auf einen Tuchmacher zurück, der seinem Nachwuchs zu Lebzeiten Hab und Gut vermachte und von den Kindern danach schmählich in Stich gelassen wurde. Die Keule ist Symbol für die Halsgerichtsbarkeit.

4. Mönchenkloster

Von diesem um 1500 fertiggestellten Franziskaner-Kloster sind die Backsteinhallen-Kirche und der Ostflügel erhalten. Das Kloster wurde schon im Zuge der Reformation 1564 wieder aufgelöst. 1519 hatten die Mönche Thomas Müntzer wegen seiner Predigten in der Nikolaikirche als "Lutheraner" beschimpft. Bis Sommer 2005 werden beide Gebäude saniert, es entsteht das "Kulturquartier Mönchenkloster" mit einer der schönsten Bibliotheken Brandenburgs. In die profan genutzte Kirche zieht die Stadtbücherei ein, rollt man Regale zur Seite, lassen sich Theater und Konzerte veranstalten. Das Kloster ist fürs Stadtmuseum reserviert. Bis zur Eröffnung gibt es sonntags ab 14 Uhr Baustellenführungen.

5. Dammtor

Erhalten sind das Außentor und die Türme am Innentor (s. Foto, Blick v. d. Terrasse der "Tetzelstuben"). Es ist nach dem vorgelagerten Dorf Damm benannt, der Keimzelle Jüterbogs.

6. Tetzelkapelle

Hier soll 1517 der Ablasshändler gewohnt und in seiner Hauskapelle gebetet haben. 1893 wurde diese Kapelle in die kath. Kirche einbezogen (tägl. 10-16 Uhr).

7. Liebfrauenkirche

Die Liebfrauenkirche ist im Kern eine der ältesten Kirchen. Einige Mauerteile sind aus dem 12. Jh. erhalten, danach wurde sie bis ins 16. Jh. mehrfach umgestaltet. 1282 übernahmen Zisterzienserinnen die Kirche und dazugehörige Klosterräume. Die Sandsteinkanzel links aus der frühen Reformationszeit zeigt Luther und den Reformator Melanchthon, der gleichfalls in Jüterbog wirkte. Vom Kloster steht nördl. der Kirche noch das Zellengebäude von 1480.

8. Kloster Zinna

Am 1170 gegründeten Zisterzienserkloster fühlt man sich ins Mittelalter versetzt. Die Pfeilerbasilika ist leider nur Sa./So. geöffnet (12-17 Uhr). Daneben steht die Abtei von 1440 mit dem Klostermuseum und einem Seitenflügel, in dessen Erdgeschoss man unter Kreuzgewölben den "Zinnaer Klosterbruder" kosten und die Herstellung der Essenzen dieses Kräuterlikörs erleben kann. 1764 ließ Friedrich der Große am Kloster eine Weberkolonie gründen, daran erinnern sein Standbild auf dem Markt vor der "Alten Försterei" und das Webermuseum mit einer Schauweberei und Café und Biergarten (Museen und Likörherstellung, Di -So. 10-17 Uhr). (tso)

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