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Ankläger und Beschuldigter: Prozessauftakt gegen „Mitternachtsnotar“

Dubiöse Geschäfte, ruinöse Verträge: Dem "Mitternachtsnotar" wird das Verkaufen wertloser Immobilien im Zusammenarbeit mit den Verkäufern vorgeworfen. Nun ist Anfang März Prozessauftakt.

Der gestandene Notar und Rechtsanwalt wunderte sich sehr, als an einem Morgen im Juli Polizisten vor der Tür seines Reihenhauses standen. Der Beschuldigte hatte sich inzwischen von einem „Mitternachtsnotar“ zum „Verbraucherschützer“ gewandelt und die Rolle von Notaren beim Verkauf von Schrottimmobilien auch öffentlich kritisiert. Doch die Ermittler kamen mit einem Haftbefehl. Banden- und gewerbsmäßiger Betrug unter Missbrauch seiner Stellung als Amtsträger in 15 Fällen sowie Beihilfe in einem Fall werden dem 51-Jährigen zur Last gelegt. Der Prozess soll am 8. März beginnen.

Der Beschuldigte soll mit Verkäufern wertloser Immobilien gemeinsame Sache gemacht haben. Die Ermittler sprachen sogar von einem „Rahmenvertrag“, der mündlich zwischen der Bande um Makler Kai-Uwe K. und dem Notar vereinbart worden sei. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Notar Teil des „Systems“ war, das auf Täuschung und „Überrumpelung“ völlig unerfahrener Privatleute setzte, um ihnen überteuerte Objekte anzudrehen und hohe Provisionen zu kassieren. Der Beschuldigte sei als „Mitternachtsnotar“ dabei „jederzeit“ für die Beurkundung solcher Geschäfte mit Schrottimmobilien erreichbar gewesen.

Was die Bande den Kunden vorlegte, waren Kaufvertragsangebote. Schnell und nuschelnd soll der Notar, der damals eine Kanzlei in Schöneberg hatte, die Passagen vorgetragen haben. Die Opfer seien in dem Glauben gelassen worden, dass sie sich mit einer Unterschrift noch nicht binden würden. Der Notar habe dabei auch die gesetzliche Pflicht missachtet, Verträge 14 Tage vor Unterzeichnung allen Beteiligten vorzulegen. Der Notar soll um 500 Euro pro Vertrag erhalten haben. Das scheint verschwindend gering angesichts des Schadens in Millionenhöhe, den die Bande um K. verursachte. Doch der Notar soll in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt haben.

Der Beschuldigte hat die Vorwürfe wortreich bestritten. Er habe nichts Rechtswidriges getan, die Belehrungen der Käufer seien korrekt gelaufen, in Hintergründe der Geschäfte sei er nicht eingeweiht gewesen. Gegen die Untersuchungshaft legte er zweimal erfolglos Beschwerde ein. Seit August soll er nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen sein.

Die Richter rechnen mit einem langen Prozess. Zunächst wurden 16 Tage bis Juli festgesetzt. 47 Zeugen sind aufgelistet, darunter Kai-Uwe K. (31), der im Juni 2012 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Dem Makler brachte sein Auftreten Umschreibungen wie „Protzmakler“ ein. Vor Gericht saß er teils amüsiert, gestand: „Auf seriöse Weise war kein Geschäft zu machen.“ Unter Vorwand eines „Steuersparmodells“ waren Opfer laut Ermittlungen angelockt, belogen, ruiniert worden. Im Urteil gegen K. und acht seiner Komplizen hieß es: „Ohne Notare, die ihre Pflichten übergehen oder großzügig vergessen, wäre der Schwindel nicht möglich gewesen.“

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